UN brach der Sturm los, der sich in der Bäuerin angesam-
melt hatte. „Dies kann nich angehn, Hinnerk! So'n Aus-
verschämtheit kann nich angehn."
„Nir dr an zu ändern jetzt, Trautmarei."
„Sollen wir mit hängenden Armen mit ansehen, daß dein Narr
von Bruder un das hergelaufene Mensch unseren Menne sein
Erbe wegnehmen! — Der Potthof kömmt dir zu als ältestem
Sohn von dein' Vadder — dabei bleib' ich."
„Ich hab' gesagt: jetzt, Trautmarei."
„Vermeinst, die Taube wird dir gebraten ins Maul fliegen? —
Bist zu andrer Zeit doch flink genug gewesen, die Dinge nach
dein' Willen zu drehen — haha!"
Der Bauer runzelte die Stirn: „Sweig still! —" Begütigend
fügte er hinzu: „Was willst, daß ich tu'? Ein' Pott ohne Henkel
kannst nich regieren."
„Der Pott hat ein' Henkel."
Hinnerk nahm die Pfeife aus dem Munde und sah seine Frau
verwundert an.
„Euch Mannsbildern allen hat die Gina die Augen verblend't.
Ihr seht so'n Art Heilige in ihr. Haha! — Ein' Scheinheilige is
sie. Un wenn dein Bruder wüßt', was ich weiß —"
Hinnerk faßte eifrig seine Frau beim Arm. — „Was is das?"
Trautmarei trat noch dichter an ihn heran, sprach leise: „Wenn
er von Haus weg is, ihr Bauer, in Scharmbeck oder Bremen —
denn kommt so'n jungen Kerl heimlich zu ihr — ganz heim-
lich -"
„Weißt das gewiß?"
„Hab' ihn mit mein' Augen gesehen — ein ansehnlichen
Bursch is es — letzte Woche, wie ich nach unseren Torfstich
ging-Weit hinten in'n Moore war's. Da kam er aus dem
(1. Fortsetzung)
Birkenbusch an'n einen Ende raus, un an'n andern sie. Ganz
verbiestert war sie, wie sie mich spitz kriegt'."
„Hm," machte Hinnerk nachdenklich, „wenn das wär' — hm —"
„Das mußt dein' Bruder stecken, Hinnerk."
Er schüttelte den Kopf.
„Du willst nich?"
„Beweise, Trautmarei, Beweise! Mit so'n Angeberei ins Blaue
verbrennt man sich nur das Maul."
„Slappswanz!" sagte die Frau verächtlich, warf den Kopf in
den Nacken und ging ohne umzuschauen in die Kammer.
Hinnerk stieß ein Grunzen des Unbehagens aus. Unerfreuliche
Tage standen ihm bevor. Er kannte das. Wenn seine Bäuerin
ihren Kopf aufsetzte, war nicht gut Hausen mit ihr. Und die Zu-
kunft seines Jüngsten brannte auch ihm auf dem Herzen. Kein
Knecht sollte der werden, sondern Bauer, vermöglicher Bauer.
Dafür schaffte und sparte er. Aber mit Schaffen und Sparen
allein war's nicht zu erlangen, da hatte Trautmarei recht. —
Zunächst schien's besser zu gehen, als er gefürchtet hatte. Maul-
faul zeigte sich die Bäuerin in den nächsten Tagen, und vom Pott-
hof redete sie nicht mehr.
Ende der Woche wollte er mit der letzten Ladung Torf nach
Bremen schiffen. Trautmarei hatte ihm die „Bremer Kiepe" ge-
richtet, den Mundvorrat, den der Moorbauer mit in die Stadt
zu nehmen pflegt, damit der Wirt kein Geld an ihm verdient.
Da er aber hineinschaute, fand er sie nur halb gefüllt, zwei Buch-
weizenpfannkuchen an Stelle von vieren, ein halb durchgeschnit-
tener Laib Brot, ein winzig Stück Speck.
„Was bedeut't so'n Dummheit?" fragte er zornig. „Meinst, ich
soll Hunger leiden?"
„Ein halber Bauer un ein halber Mann benötigt auch nur ein
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Sind wir nicht schön? Pekinger Schoßhündchen, mit dem Ersten Preis gekrönt. (Phot. R. Dührkopp, Berlin)