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rrpferrnkirffel
flfrjkanLsche Crledmsse von fllb, S, Rrueger

ie Serengeti-Steppeim früheren Deutsch-Ostafrika ist einTierparadies,
wie es die kühnsten Träume nicht hervorzuzaubern vermögen. Berge
und Seen findet man in ganz Afrika, aber ein Tierleben wie das der
Serengeti auf der ganzen, großen Erde nicht zum zweiten Male. All-
jährlich nach der Regenzeit pulst dort mit fabelhafter Gewalt neues Leben
auf, und das ganze weite Land gestaltet sich zu einem einzigen unermeß-
lichen Blumenteppich, dessen Duft in ganzen, oft förmlich betäubenden
Wolken die Luft erfüllt. Von Jkoma im Norden bis an den Nyarasee im
Süden, vom Waldrand Ussukumas bis an den „großen afrikanischen
Graben" pilgert nun alles Wild hierher. Herden von vielen hundert-
tausend Stück tummeln sich dann hier umher und freuen sich ihres Lebens.
In der Serengeti-Steppe war es auch, wo ich die Kaffernbüffel, die das
gefährlichste afrikanische Großwild sind, zum ersten Male in ihrer ganzen
imposanten Größe und Wucht gründlich kennenlernte.
Der Büffel lebt sehr gesellig, meist in großen Herden. In Gegenden,
wo man ihn vereinzelt oder in kleinen Trupps findet, hat das meist seinen
Grund in Wildseuchen. Der Büffel ist sehr anfällig. Die gewaltige Rinder-
pest, die in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Afrika
wütete, hat den Büffel fast ausgerottet. Die gesund gebliebenen Stücke
sind dann von den Seuchenherden abgewandert, haben sich allmählich
wieder zusammengetan und kleinere oder größere Herden gebildet. Ein
großer Teil der abgewanderten Büffel hat sich nach und nach in die
Serengeti verzogen. Und dort findet man heute wieder Herden von fünf-
hundert bis tausend Stück. Aber auch in solchen Gegenden, wo starke
Herden beisammen sind, trifft man recht häufig vereinzelte alte Bullen,
die sich dauernd von der Herde getrennt haben oder durch jüngere Bullen
vertrieben sind. Liebes- und kampfesmüde, außerordentlich mürrisch und
leicht gereizt, mit der Welt zerfallen, irren sie nun ruhelos durch die Wild-
bahn. Diese alten, ausgestoßenen Bullen, sogenannte „Einzelgänger",
sind die allergefährlichsten Bestien in Afrika; sie sind die einzigen Groß-

tiere, außer den Riesengorillas, die den Menschen ohne jede Veranlassung,
oft aus dem Versteck, heimtückisch und mit Berechnung anfallen. Hat der
Büffel einmal einen Menschen angenommen, so läßt er nicht eher nach,
als bis er ihn totgetrampelt und totgestoßen hat oder es wenigstens
getan zu haben glaubt.
Einem deutschen Unternehmer am Sambesi wurden im Laufe eines
einzigen Jahres nicht weniger als einunddreißig Schwarze auf der Jagd
durch verwundete Büffel getötet. Überhaupt hat gerade die Büffeljagd
in Afrika, ob sie nun von Eingeborenen oder von Europäern ausgeübt
wird, die meisten Unglücksfälle zu verzeichnen. Verstehen es doch die
alten Einzelgänger ganz ausgezeichnet, sich im hohen Grase zu verbergen,
die Jäger erst vorüberzulassen, um sie dann wütend von hinten anzu-
fallen. Das alles war mir bekannt. Überdies hatten mich alle Großwild-
jäger des öfteren eindringlich gewarnt, damals, als ich, noch ziemlich grün
in Afrika, anfing Gelüste nach Büffelgehörnen zu bekommen, einem ver-
wundeten Büffel in das hohe Gras zu folgen.
Nun ist es aber altbekannt, daß man, ohnehin schon ziemlich drauf-
gängerisch veranlagt, so lange äußerst leichtsinnig vorgeht, als einem nichts
zugestoßen ist, zumal, wenn man weiß, daß im allgemeinen jedes Tier
eine solche Scheu vor dem Menschen hat, daß es ihm ausweicht, wo es
kann. Überdies machen die Gefahren, denen man in der afrikanischen
Wildnis jeden Augenblick ausgesetzt ist, schließlich gleichgültig.
So saß ich denn eines Abends vor meinem Zelt und sog das wundervolle
Bild der Steppe ein, die namentlich in der Abendbeleuchtung einenZauber
besitzt, der sich schwer durch Worte schildern läßt. Gerade die Abendstim-
mung einer afrikanischen Landschaft hat für mich stets einen ganz be-
sonderen Reiz gehabt. Ein Bild tiefsten, sattesten Friedens, aus dem
mich aber zwei meiner Massai etwas unsanft weckten, die eine starke Büffel-
herde an der anderen Seite des Sumpfes entdeckt hatten.
Büffel! — Gar gern hätte ich ein paar starke Gehörne meiner Samm-



Kaffernbüffel im Sumpf / Nach einer Zeichnung von Wilhelm Kuhnert
(Aus dein Werk „Im Lande meiner Modelle." Verlag von Klinkhardt L Biermann, Leipzig)
 
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