Inhalt des ersten bis dritten Heftes
In Beekenmoor ist Bauernhochzeit. Piter ClüverS Sohn heiratet eine reiche Bauerntochter. Unter den Geladenen ist auch das Gebrliderpaar Potter mit ihren
Frauen. Hinnerk, dem Alteren, hat sein Vater den angeheirateten Snakenhos vermacht, Wilm, dem Sohn der zweiten Frau, den angestammten Potthof Erst
spat hat sich der Jüngere zur Heirat entschlossen, wacht aber nun eisersiichtig über seine viel jüngere Frau. Seit sie Wilm einen Erben geschenkt, ist Hinnerks
Hoffnung, der Potthos mochte doch noch an ihn zurücksallen, erschüttert. Nun glimmen Neid und Groll heimlich unter der Decke. Aus der Clüverschen Hochzeit
schlagt die Flamme des Hasses durch. Erst beleidigt Hinnerks Frau die Schwägerin, dann geraten die Männer aneinander. Auch HinnerkS Schwester, Gesch-
margret, hockt, finster vor fich hmbrütend, unter den Gästen. Vor Jahren ist ihre Liebe zuschanden geworden, weil der Vater den Knecht, Franz Bodde,
alS Freier davonjagte. In jener Nacht entstand ein Brand, dem außer anderen auch Rodekamps Hof zum Opser siel. Der zwölfjährige Menne pocht daraus,
daß ihm die Mutter den Potthos zugesprochen habe. Diese Frau hetzt nun ihren Mann auf gegen Gina. Mit einem jungen Fant träfe sich die Frau seines
Bruders Wilm, wenn der Gatte abwesend sei. Erst mag der Hinnerk nichts davon hören. Aber daS Lügengist wirkt doch nach. Kurz darauf treffen sich die
Brüder in einer Wirtschaft. Hinnerk beginnt den Bruder zu hänseln. Ob er denn wirklich der Treue seiner Frau so gewiß fei, fragt er ihn und gibt, zur
Rede gestellt, als Beweis für seine Verdächtigung an, daß er eine Halskette Ginas bei einem Trödler in Bremen gesehen habe, dem sie ein junger Mann
verkauft habe. Die bisher heimlich schwelende Eifersucht Wilms bricht lichterloh aus dem gequälten Innern. Er stürzt in die Nacht hinaus und jagt heim.
Verwundert fragt seine Frau beim Empfang, waS ihm passiert fei. Statt eine Antwort zu geben, schreit er keuchend: „Wo hast du die Schmuckkette?" Als
Gina ausweicht, packt er sie an der Kehle und hätte sie erwürgt, wenn nicht Knechte und Mägde zu Hilfe gekommen wären. Gina flüchtet durch die stockfinstere
Nacht, gespenstisch wie die Moorfrau, davon, hinter ihr her ihr sinnverstörter Mann. Ohne Frau kommt Wilm heim, von Vorwürfen des Gesindes emp-
fangen. Timm Clüver hat Schuh und Tuch Ginas im Moor gesunden. Wilm hält ihr Versinken sür ein Gottesgericht. Die Vertriebene wird zu Tode erschöpft
von Mutter Rodekamp an ihrer Türschwelle aufgefunden und gepflegt. Jan Rodekamp bittet um den Segen der Mutter zu seiner Flucht nach Amerika;
vor seiner Liebe zu Gina will er über das Meer entfliehen
<3. Fortsetzung)
ina fuhr abermals, in Todesangst um sich spähend, aus
«^A^den Kissen empor, mit irrem Blick: „Wo is er? — Is er
das? — Laß ihn nicht herein, Mudder Rodekamp! Laß
ihn nicht ins Haus! — Versteck' mich! — Er will mich ermorden!"
„Hier is keiner, Gina. Wer will dich denn ermorden? — Vor
wem bist bang?"
„Mein Mann," murmelte Gina scheu, „Wilm Potter —"
„Dein Mann?" — Jan schrie die Worte beinahe vor Schrecken.
Eina drückte ihr Gesicht auf ihren Arm und begann zu schluchzen.
„Ich bin keine
schlechte Frau! —
Glaubt nicht,Mud¬
der Rodekamp!
Glaub'snicht,Jan!
— Bei Gott im
Himmel! Ich trag'
keineSchuld!—Ich
bin keine schlechte
Frau!"
„Gina, Gina!
Aus welcher Ur¬
fach' will dein
Mann dich denn
ermorden?"
Sie sah aus ver¬
störten Augen ins
Weite.
„Scht! - Ich
darf MX sagen —"
Und dann verwirr¬
ten sich ihre Sinne.
Sie hob winkend
die Hand. „Komm,
Jan, wir wollen
unswiederBurgen
bauen, draußen im
Garten. Das war
fein. Weißt noch?
— In dieser Nacht
hab' ich sie gesehn,
all unsere Burgen.
— Das Moor hat
seinen Rachen auf¬
gesperrt und schrie
mich an: Komm! Mit Schlamm hat dein Mann dich besudelt-
Im Schlamm is nun deine Stätte, dahin gehörst-Komm! —
Aber da standen unsere Burgen mit eins vor mir, weißt, und
leuchteten wie Weihnachtsbäume und riefen: Nicht! Nicht! Es
gibt noch eine Stätte im Sonnenlicht für dich. Dort bist geborgen.
— Und dann haben sie vor mir hergeleuchtet und mir den Weg
gewiesen, alle mit Helle Fenster. 7— Wie die Feuerschlange vor
Moses in der Wüste sind sie mir voraufgezogen, bis ich hier
angelangt war-" Erschöpft sank Gina in die Kissen zurück.
Jan lauschte er-
schrocken.
„Es is das Fie-
ber," sagte Trinal-
heid. „Kein Wun-
der, wenn einer in
so einer grausigen
Nacht kein Dach
überm Kopf hat.
— Mußt den Dok-
tor holen, Jan."
Ab er Ginas halb-
waches Bewußt-
sein fing das Wort
„Doktor" auf. Sie
hob in Entsetzen
beide Hände.
„Kein Doktor!
Ja nicht! — Kein
einziger darf er-
fahren, wo ich bin
—kein einziger! —
Sonst kriegt er's
auch zu wissen —
und kommt — und
ermordet mich —"
Sie schrie auf.
„Mudder Rode-
kamp ! Hörst nicht?
— Da ist er! —
Er ist auf meiner
Spur! Er steht
draußen! — Ver-
steck' mich!— Ver-
steck' mich!"
Der Schwur / Nach einem Scherenschnitt von Fritz Boldt
4. 1928