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Heft 4

Das Buch für Alle



83


Die bergischen Dauern in der Schlacht bei Worringen / Nach einem Gemälde von Janssen
Die jahrelangen Kämpfe um die Erbfolge im Herzogtum Limburg, die seit dem Jahre 1280 zwischen dem Schwiegersohn des ohne männ-
lichen Erben verstorbenen letzten Grafen von Limburg, dem Grafen Reinhold von Geldern, und seinem Verbündeten, dem Erzbischof von
Köln, einerseits und dem Neffen des Erblassers, dem Grafen Adolf von Berg, und Johann I. von Lothringen und Brabant anderseits
ausgefochten wurden, erreichten in der Schlacht in der Worringer Heide am 5. Juni 1288 ihren blutigen Abschluß. Die Bürger von Köln
standen auf feiten Johanns gegen ihren sie schwer bedrückenden Erzbischof. Furchtbar tobte das erbitterte Ringen, bis Adolf von Berg seine
wutentbrannten Bauern ins Feld führte. Mit Keulen, Sensen und Morgenstern erschlugen sie die am heißen Tag ermatteten Gegner,
so daß mehr als sechstausend Tote am Abend das Schlachtfeld bedeckten.

legen. Er trat ihr mahnend auf den Fuß. Da stürmten zu seiner
Erleichterung Menne und Krisch an herein.
„Vadder! Mudder!" schrien aufgeregt die Buben, „kommt
gucken! Auf>m offenen Markt spannen die Zigeuner ein Seil.
Darauf will eine Dern tanzen gehn. Und der Bär, der Bär
tanzt auch! — Horch! sie fangen schon mit ihrer Musik an. Und
zu kosten braucht es gar nichts. Wenn die Zigeunermudder mit>m
Becken kommt, kann man ja weglaufen."
„Dann müssen wir wohl mit unseren Jungen zu den Zigeunern,
Frau," entschied Hinnerk. „Dir, Wilm, machen solche Gaukel-
künste vermutlich keinen Spaß, wo du immer so'n Abscheu gehabt
hast vor Tatern und Stromern?"
„Man wird nachsichtiger durch seine Erfahrungen, Hinnerk,"
antwortete Wilm. „Stromer sind die Schlimmsten noch lange
nicht." Und er ging mit den anderen. Auch seine Spielpartner
legten die Karten nieder, schlossen sich an.
Schon stand eng gepfercht eine Menschenherde um den
kleinen freien Kreis, auf dem rasch und geschickt in mäßiger Höhe
ein Drahtseil gespannt wurde. Vorerst blieb es leer. Ein paar
Zigeunerburschen mit Fiedeln begannen die Saiten zu streichen,
und vom Wagen her nahte, wie durch Zauber eine weite Gasse
in die dichte Menschenschar brechend, ein hochgewachsener, breit-
schultriger Mann mit langem schwarzem Haar und schwarzem
Vollbart, über dessen Gestrüpp hinweg ein Paar todernster
Augen mit dem Ausdruck furchterregender Willenskraft starrten.
Hinter sich her zerrte er den Bären an einer schweren Kette,

die mit einem eisernen Ring an dessen Nase befestigt war. Ein
paar kurze Worte in fremder Sprache murmelte er. Das Tier
hob sich brummend auf seine Hinterpfoten.
Der Führer schnallte dem Bären ein Metallbecken an jede
Vorderpfote, und die Becken nach dem Takt der Musik zusammen-
schlagend, begann Meister Petz langsam sich zu drehen, brummend,
immer tiefer, immer lauter und zorniger.
Sein Bändiger stand ihm gegenüber fast wie die von ihrem
Sockel gestiegene Figur eines Denkmals, zu wuchtig von Gestalt
für einen Zigeuner, nicht rechts noch links seine finsteren Augen
wendend, kaum sich rührend, nur mit kurzer: Kommandoworten
sein Tier anfeuernd und ganz unbekümmert um dessen Wut.
Nach einer Weile schnallte er dem Bären die Becken von den
Tatzen. Eine höfliche Verbeugung mußte der Braune noch
machen. Dann wurde ihm gestattet, sich aus seine vier Füße
niederzulassen. Ein Zigeunerweib in mittleren Jahren mit ver-
blühtem Gesicht und schwarzem Zottelhaar, das ihr wirr unter
dem bunten Kopftuch hervorquoll, ging mit dem Sammel-
becken durch den Zuschauerkreis, der sich eilig vor ihr lichtete.
Auch Hinnerk Potter mit den Seinen verschwand. Aber Wilm
blieb stehen und warf volle fünfzig Pfennige auf den Zinnteller.
„Das Stück mocht> ich leiden," lobte er. „Ein tüchtiger Kerl,
der mit seinem Büren. — Ist er dein Mann?"
Die Frau schüttelte den Kopf.
„Wir heißen ihn Stamlo Sastereskero."
„Wie sagst? — Der Name zerbricht einem ja die Zunge."
 
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