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88 Das Buch

Die Sonne sank tiefer und tiefer, ebenso ging es mit meinen Jagd-
aussichten, denn die Flußpferde hatten offenbar meine Kriegslist durch-
schaut oder anderswo eine Versammlung abgehalten, sie kamen nicht.
Dafür wurde es um uns herum immer lebendiger. Näher und immer
näher zeigten sich jetzt die Krokodile, vielfach nur als kleine knorrige Punkte
auf dem Wasser erkennbar; das waren die Nasenbuckel der Tiere. Zuweilen
auch die sägeförmige Rückenlinie eines Tieres, ein das Wasser peitschender
Schwanz, wenn eines nach dem andern im Wasser geschnappt hatte. Ich
mutz offen eingestehen, datz die Lage, die anfangs eines gewissen Reizes
nicht entbehrt hatte, mit Zunahme der Zahl der Panzerechsen doch all-
mählich anfing ungemütlich zu werden. Dazu kam, datz die Tiere sichtlich
die allen Wesen angeborene Scheu vor dem Fremden, Unbekannten immer
mehr verloren und bereits auf kaum drei Meter Entfernung vor uns auf-
tauchten. Deutlich konnte ich das tückische grüne Auge sehen, das hätzliche,
wie zur grinsenden Fratze verzogene Maul.
Es ist merkwürdig, datz man in solchen Lagen, die doch durchaus nicht
alltäglich und angenehm sind, eigentlich keine Furcht, sondern vielmehr
eine gewisse Neugier empfindet: was werden die Tiere nun wohl tun?
Ali hatte allerdings andere Empfindungen und bat mich, doch nicht mehr
auf die dummen Flutzpferde zu warten, sondern lieber zwischen die Kro-
kodile zu schietzen, denn sonst würden sie uns bald fressen. Eigentlich hatte
er ja recht, aber mich interessierte es viel zu sehr, wie sich alles weiter-
entwickeln würde. Wieder verstrich eine Viertelstunde. Mit schnellem Flügel-
schlag schotz ein Flug Strandlüufer vorüber. Unwillkürlich blickte ich ihnen
nach, da berührte Ali meine Schulter, zeigte schreckensbleich auf das Wasser.
Ich fuhr herum und mutz gestehen, datz es mir nun doch etwas kalt über
den Rücken lief, denn in fast greifbarer Nähe schob, häßlich herüberäugend,
ein mächtiges Krokodil seinen Kopf aus dem Wasser; nie werde ich den
Blick der Bestie vergessen. Dann ließ sie sich einfach untersinken. Wenn sie
zuschnappte, hatte sie meine Beine, denn die waren näher als Alis magere
Untergestelle, die er wohlweislich hinter mir in Deckung gebracht hatte.

„Herr, die Sonne geht unter, in zwanzig Minuten ist es Nacht, wir
müssen zurück, sonst werden wir gefressen." Zweifellos hatte er recht, und
da meine erhoffte Beute sich noch immer ganz weit draußen auf dem See
Herumtrieb, gab ich meinem schwarzen Begleiter nach. Das nächste Kro-
kodil aber, das den Kopf zu vorwitzig aus dem Wasser streckte, bekam eine
Kugel ins Gehirn. Die Wirkung war geradezu überwältigend. Wohl hatte
ich gemerkt, daß eine erkleckliche Anzahl dieser Untiere uns hier besucht
hatten, aber nach dem Schuß erhob sich ein wahrer Hexensabbat. Das
getroffene Tier wälzte sich im Todeskampf, peitschte das Wasser mit dem
mächtigen Schwanz. Die nächsten Gefährten, von Freßgier gepackt, stürzten
sich auf den stark blutenden Kameraden, andere wieder, durch den Schuß
erschreckt, suchten das Weite. Einem wilden Strudel glich im nächsten
Augenblick die Wasserfläche um mich. Wir aber benutzten die allgemeine
Verwirrung, die durch einige weitere Schüsse noch verstärkt wurde, und
traten den Rückzug an. Hatten wir aber gehofft, auf diese Weise die Ge-
sellschaft los zu sein, so sollten wir in den nächsten Minuten recht unan-
genehm überrascht werden. Ausgerechnet an dieser Stelle des Sees, die
wir, um ans Ufer zu kommen, durchqueren mußten, schienen sich die
Krokodile ein Stelldichein gegeben zu haben. Nie, weder vor noch nachher,
habe ich je wieder eine solche Menge dieser scheußlichen Bestien zusammen-
gesehen. Hinter unserm Rücken waren, ohne daß wir etwas davon gemerkt
hatten, wohl gegen hundert oder mehr dieser Panzerechsen dem User
näher gezogen. Die sich um uns Herumgetrieben hatten, waren offenbar
nur ein paar Neugierige oder Nachzügler gewesen.
Durch meine Schüsse erschreckt, flüchtete nun die Hauptmasse vom Ufer
her uns entgegen, dem tieferen schützenden Wasser zu, das plötzlich um uns
herum zu kochen schien, so peitschten es die mächtig schlagenden Schwänze
auf. Es war eine wenig angenehme Lage. Nur ein einziges dieser Scheu-
sale, die auf Griffnähe vorüberfluteten, brauchte zuzuschnappen. Da half
nur eins: schießen. Und das tat ich. Nach allen Seiten, namentlich aber vor
mich, feuerte ich in das aufschäumende Wasser. Da und dort fuhr plötzlich


„... Nochmals versuchte ich es, ganz langsam dahintreibend, mich mit dem Boot heranzupirschen, doch die Tiere errieten meine Absicht, und ehe ich nahe
genug war, sprang der wachthabende Bulle in das gelbe Wasser. Die ganze Herde geriet in Aufruhr. Ein Baby, das behaglich auf dem Rücken der
Mutter geschlummert hatte, purzelte herunter und fuhr ganz erschrocken hin und her, scheinbar noch halb im Schlaf, konnte es die Mutter nicht gleich
finden. Also auch dieser Versuch war mißglückt..."
 
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