Das Buch
angesichts der Kriegszüge der Atlanter an den Mittelmeerküsten und der
Berührung mit der Neuen Welt fast selbstverständlich, das; die bisher als
ältestes Bauwerk der Erde angesprochene Stufenpyramide zu Sakkara in
Ägypten ihr Gegenstück in uralten mexikanischen Stufenpyramiden hat.
Auch die Funde von Frobenius an der afrikanischen Goldküste in Joruba-
land am Mündungsgebiet des Niger verlieren ihre Rätsel, wenn wir das
ehemalige Vorhandensein der Atlantis anerkennen und uns die Landver-
bindung der Westküste Afrikas und der Atlantis vor Augen halten. Fro-
benius hob hier den Bronzekopf des Meergottes Poseidon, jenes Gottes,
der nach der Sage der erste Herrscher in Atlantis war. Der gleiche Forscher
konnte auf Zusammenhänge zwischen dem Weltbilde der eben erwähnten
Gebiete am unteren Niger und dem der Früh einwohner Italiens, der Etrus-
ker, der Koreaner im fernen Osten und der Puebloindianer in Amerika
Hinweisen, Völker, die heute durch Jahrtausende, durch Festländer und
Weltmeere getrennt sind. Hofrat Dr. Noetling zeigte, daß die Cheops-
pyramide aufs genaueste ein in Stein entsprechend verkleinertes Abbild
ist der Sonnenentfernung von der Erde (— Höhe der Pyramide) und
der Erdbahn um die Sonne Umfang der Pyramidengrundfläche) im
Matzstab 1 :1000 Millionen, zweifellos also das Ergebnis einer uralten
vorgeschichtlichen Astronomie darstellt, deren Entwicklung an sich wieder
Jahrtausende voraussetzt. Es erscheint ferner selbstverständlich, warum Paul
Borchardt in Nordafrika die atlantischen, von Plato überlieferten Namen
als Reste der friedlichen oder kriegerischen Züge der Atlanten wiederfand.
Auch ein weiteres Geheimnis löst sich: Ägypten, dessen Kultur wurzellos
erscheint, die also ohne Entwicklung aus dem Primitiven uns sogleich in
einer erstaunlichen Blüte entgegentritt, verliert als Kolonie der Atlantis
das Rätselhafte.
Das alles stimmt mit dem Platobericht vortrefflich überein. Selbst die
geradezu phantastische Zahl, die Plato für die Zeit des plötzlichen Atlantis-
unterganges angibt, bützt ihre scheinbare Unglaubwürdigkeit ein. Auf
Grund ganz unvoreingenommener Berechnungen über das Alter der be-
wundernswerten Kultur auf Kreta kommt die Forschung zu etwa 10 bis
12 Jahrtausenden. Und Kreta wurde ebenso wie Jorubaland, wie Ägypten
und Assyrien, wie die Nordwestküste Europas einst von Atlantis kolonisiert.
Auch im Nillande hat die Forschung aus den Kulturresten, welche der
Nil aus seinen Ablagerungen anschichtete, auf ein Alter von mindestens
12 000 Jahren geschlossen.
Doch nehmen wir, um zu einer verlätzlicheren Altersbestimmung zu
kommen, greifbare Beispiele. Vergleichen wir nämlich die Kalender der
Ureinwohner des Euphrat-und-Tigris-Landes und der Ägypter, also das
ägyptische Sonnenjahr und das assyrische Mondjahr, miteinander und ver-
folgen wir sie zurück, so stellen wir überrascht fest, datz sie beide im Jahre
11542 vor Christo zusammenstotzen, beide also wahrscheinlich in diesem
Jahre ihren Anfang hatten. Prof. Dr. Posnansky in La Paz berechnete
aus der astronomischen Stellung des Sonnentempels in Tihuanacu
in Peru als Baujahr 11 600 vor Christi Geburt. Seine Erbauer, die
Urinkas, müssen also älter als — von heute gerechnet — 13 500 Jahre
sein. Dieses Jahr, daran ist jetzt nicht mehr zu zweifeln, dürfte also ein
allgemein bemerkbares, gewaltiges Ereignis aufzuweisen haben; denn es
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wäre sonst doch mehr als seltsam, wenn auch anderweitige als die hier
angeführten Schätzungen auf 11 000 bis 12 000 Jahre vor Christo lauten
und wenn diese Ansichten mit dem Zusammenfallen des assyrischen Mond-
und des ägyptischen Sonnenjahres, zudem mit der Erbauung des Sonnen-
tempels in Tihuanacu ganz zufällig üb er einstimm en sollten.
Ums Jahr 13 100 vor der Gegenwart hat irgend ein uns bis jetzt
nicht bekanntes gewaltiges Ereignis einen Markstein gebildet, der wesent-
lich war für die Völker Amerikas und für die Europas, Afrikas und Asiens.
Es liegt sogar nahe, jene gewaltigen Erdbeben, von denen Plato berichtet,
als mit diesen Vorgängen verbunden anzunehmen. Und diese Erdbeben
konnten es gewesen sein, die den Erdteil Atlantis vernichteten. Die reiche
Erfahrung, welche die Geologie besitzt, ermöglicht aber die Feststellung,
datz die Vernichtung eines Kontinents durch Erdbeben in kurzer Zeit
völlig ausgeschlossen ist. Die grötzten uns bekannten Katastrophen haben
kaum dreitzig Quadratkilometer Land vernichtet. Es ist daher wohl zu
verstehen, datz alle ernsten Geographen und Geologen, auch alle Astro-
nomen trotz der erdrückenden Beweise für den ehemaligen Zusammenhang
zwischen einem Hochkultur-Amerika und Europa-Afrika in Urzeiten zu
einem „unmöglich" für das Bestehen und den plötzlichen Untergang der
Atlantis kommen. Nur die Ansicht Wegeners, datz die Kontinente gewisser-
matzen schwimmende Blöcke seien, schien eine Lösung in der Annahme
zuzulassen, datz Amerika sich dauernd von Europa-Afrika entferne. Ein
solcher Ausweg mutzte ebenfalls zu einer Sackgasse werden in dem Augen-
blick, in dem aufgezeigt werden konnte, datz eine nennenswerte Wanderung
der heutigen Festländer nur in jener fernen Vorzeit stattgefunden hat, in
welcher die Erde keinen oder doch kaum einen Ozean trug. Wir stehen vor
einem Rätsel. Aber dieses Geheimnis ist nicht in der Natur beschlossen,
sondern in uns, in unserer Wissenschaft, die es seit 13500 Jahren immer
mehr vergatz, datz sie nicht in die Natur hineindenken, sondern, um die
Natur kennenzulernen, aus ihr herauswickeln mutz.
Um es kurz zu sagen: Wir kommen zu unzureichenden Ergebnissen, wenn
wir etwa nur die geographischen und geologischen Gesichtspunkte zur Auf-
hellung der Ursachen des Atlantisunterganges verwerten; denn an jedem
Geschehnis sind in letzter Hinsicht sowohl der Kosmos als auch Erde und
Leben beteiligt; nicht also diese oder jene Fachwissenschaft kann das Rätsel
lösen, sondern wir müssen die Allverbundenheit und Allabhängigkeit aller
Dinge berücksichtigen. Das ist Weltgeschichte; das ist Erfassen der grotz-
kosmischen Zusammenhänge und ihrer Einflüsse auf Erde, Leben und
dessen Äußerungen.
Niemand zweifelt daran, datz unser Leben sonnenbedingt ist. Niemand
bestreitet etwa die Wirksamkeit der Schwerkraft zwischen den Gliedern un-
serer Sonnenwelt. Jedermann weitz, datz es vorwiegend der Mond ist,
welcher Ebbe und Flut bewirkt. Alles Tatsachen, die zeigen, wie wir vom
Kosmos aus beeinflußt werden. Aber wir haben es unterlassen, diese
Tatsachen auszuwerten, sie auszuwickeln; denn sonst hätten wir erkennen
müssen, datz der geologische Aufbau der Erde, der Ablauf der Erdzeitalter,
datz damit der Werdegang des Lebens und seines Schicksals, datz die Wan-
derungen der Kulturen, die Gestaltung des Wetters, datz eben alles Irdische
auch kosmischen Einflüssen ausgesetzt und datz alles miteinander ver-
Tiefseelotung zwischen Nordamerika und Gibraltar / Nach einer Zeichnung von Prof. H. Maier, Hildesheim
Deutlich tritt der heute überflutete Erdteil Atlantis hervor. Im Hintergründe die heute noch aus dem Meere emporragenden Gipfelspitzen der Azoren