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Inhalt des Romans vom zweiundzwanzigsten bis sechsundzwanzigsten Heft
Der Oberkellner und Geschäftsführer des „Baltischen Hofes" in Hamburg, der uneheliche Sohn einer Eutsmagd und des jungen Gutsherrn, hatte sein Glück
in Amerika gesucht. Als er einigermaßen vorwärtsgekommen war, führte ihn die Sehnsucht nach der Heimat zurück, und als Oberkellner fand er seine Existenz.
In emer Nacht hört er auf Zimmer 15 einen Knall, dann ein Röcheln und findet eindringend einen Gast, der einen Selbstmordversuch gemacht hat. Ein lebens-
müder, verarmter Baron von Langkerke, nach dem kein Angehöriger mehr fragt; sein einziger Bruder ist in Australien verschollen. Da kommt dem Geschäftsführer
Willi Kerner der Gedanke, wenn doch dem mittellosen Baron an seinem adligen Namen nicht mehr viel liegt und er Geld viel nötiger braucht, warum sollte der
Baron nicht für eine anständige Summe sein Adelsprädikat abtreten? Bei einer Flasche Wein werden die beiden handelseinig. Als Mr. Sidney Lhapman aus
Lhikago fährt darauf der ehemalige Baron von Langkerke auf einem niederländischen Dampfer nach Australien, und einige Tage später steigt im Hotel Adlon in
Berlin der neue Baron Langkerke, der ehemalige Oberkellner, ab, spielt seine angenommene Herrenrolle gut und findet bald Anschluß an führende Kreise. Zu
gleicher Zeit trifft im Hotel Adlon ein führender Großindustrieller, der Geheimrat Frohwein, nut seinen beiden Töchtern ein, von denen besonders die ältere, eine
verwitwete Frau von Ellwangen, auffallend schön ist. Von dem Sohn eines Bremer Großexporteurs und Reeders Norgall wird der Pseudobaron in einen vornehmen
Klub mitgenommen und gewinnt sechzigtausend Mark im Spiel. Allmählich wird inan in den Kreisen der Gäste des Hotels Adlon auf ihn aufmerksam. Rosemarie,
die jüngere Tochter Frohweins, stellt ihren: Vater im Hippodrom den jetzigen Baron von Langkerke vor, der als sattelsicherer Reiter Eindruck auf sie macht. Auch
von Norgall, der sich, unterstützt von Frohwein, um die Hand der Frau von Ellwangen bewirbt, wird er dem Industrieführer empfohlen. Der neue Baron Lang-
kerke macht nun allerseits Eroberungen. Es gelingt ihm, das Vertrauen des Geheimrats in so hohem Grad zu gewinnen, daß dieser ihm den Vorschlag macht,
sich in seinem Geschäftsbetrieb einzuarbeiten, um ihm eventuell später in der Leitung zur Seite stehen zu können, da Ezzard, der Erbe, für geschäftliche Dinge
kein Interesse zeigt. In Mittenstein, dem Sitz der Frohweinschen Betriebe, erweist sich der Baron als klarblickender Geschäftsmann und bei Sport und Spiel als
angenehmer Gesellschafter, so daß sich zwischen ihm und Frau von Ellwangen freundliche Beziehungen anspinnen. Auch Rosemarie gibt in einer Unterredung
mit dem Vater zu, daß sie den Baron ganz gern mag, nur sei sie sich nicht klar darüber, ob er nicht wie hinter einer Maske etwas verberge. — Inzwischen hat
der ehemalige Baron, der jetzige Kaufmann Sidney Lhapman, in Australien seinen Bruder Leopold gefunden; er ist glücklich verheiratet, wohlhabender Besitzer
einer großen Schaffarm und bietet, hocherfreut über die Wiedervereinigung, dem Bruder an, sein Teilhaber zu werden. —- Währenddem haben der Geheimrat
Frohwein und Baron Langkerke in Mittenstein den Ausflugsort Südkopf mit der Radium enthaltenden Josephsquelle erworben, um dort ein Bad zu errichten.
Auch dieses Unternehmen glückt infolge der großen geschäftlichen Fähigkeiten des Barons von Langkerke, der sich auch in den großen Unternehmungen des Ge-
heimrats Frohweins immer mehr als starke, fast unentbehrliche Stütze erweist. Der Pseudobaron glaubt auf der Höhe seiner Erfolge zu stehen, als sich auch die
Liebe der schönen Tochter Frohweins, Frau von Ellwangens, ihm zuneigt. Er verlobt sich mit ihr im Einverständnis mit dem Vater.
(5. Fortsetzung)
ls Willi sich von Firmin und zwei anderen Herren verabschiedete,
die ein Auto zu einem Abstecher durch die Berge entführen sollte,
^atmete er hoch auf. Er hatte auf der Kurterrasse mit den Herren
gefrühstückt, noch einmal alles mit ihnen durchgesprochen. Triumphierend
blickte er ihnen nach. Trotz der vorgerückten Jahreszeit hatten sich neue
Gäste angemeldet — auch dies Unternehmen blühte und wuchs.
Langsam schlenderte er durch die Anlagen in den Wald hinein und lenkte
seine Schritte hügelabwärts, direkt auf den park der Villa zu. Er bedurfte
dringend einiger stiller Stunden und hatte sogar verboten, ihn anzuklingeln.
Venn diese Kampftage, dann das Gastmahl, das bis tief in die Nacht
dauerte, hatten seine Nerven doch etwas angestrengt.
Von neuem war sein Name in den Spalten der internationalen Presse
genannt worden, bei den Meldungen über die erste große wirtschaftliche
Verflechtung ehemals feindlicher Völker. Darüber sann er nach, wonach
er sich so lange gesehnt, ins große zu wirken, das war ihm endlich vergönnt.
Im „Gästehaus" trat ihm die Hausverwalterin, zugleich die Frau des
Gärtners, entgegen: „Eine Dame ist da mit einem Büble, die den Herrn
Baron dringend sprechen möcht'. Ich hab' sie in den unteren Salon ge-
führt. vorhin ist sie schon einmal dagewese."
„Eine Dame?" fragt er erstaunt. „Aus der Stadt?"
„Nein — eine fremde Dame. Sie spricht so ein fremdartiges hochdeutsch,"
meinte die wackere Schwäbin.
vielleicht eine Bittstellerin oder ein Badegast! Man wandte sich jetzt
oft persönlich mit allerlei Anliegen an ihn.
„Alsogut— führen Sie sie in mein Arbeitszimmer, da sie nun einmal da ist!"
Oie dunkel und elegant gekleidete Dame mit einem neunjährigen Büb-
chen an der Hand blieb verlegen an der Türe stehen. Auf seine Aufforde-
rung trat sie näher und musterte ihn durchdringend mit ihren großen,
dunkelglühenden Augen, in denen verhaltene Leidenschaft brannte.
„womit kann ich Ihnen dienen?"
„Erkennen Sie mich nicht wieder?" fragte sie in einem etwas harten
Deutsch.
Und als er erstaunt den Kopf schüttelte, schob sie den Jungen vor, der
ein ängstliches Gesicht machte und sich an die Mutter klammerte.
„Dies, Baron Albert Langkerke, ist mein und Ihr Sohn!"
Willi erbleichte. Zum zweiten Male seit gestern streckte das Schicksal seine
eiserne Hand nach ihm aus und warnte ihn. Natürlich eine Geliebte! Er
suchte sich zu fassen, Zeit zu gewinnen. „Ich... ich bin... wirklich erstaunt."
„Bin ein fah-
render Gesell,
kenne keine
Sorgen..."
Radierung von
Otto Quante
(Vavariaverlag,
München)
27. 1928
Inhalt des Romans vom zweiundzwanzigsten bis sechsundzwanzigsten Heft
Der Oberkellner und Geschäftsführer des „Baltischen Hofes" in Hamburg, der uneheliche Sohn einer Eutsmagd und des jungen Gutsherrn, hatte sein Glück
in Amerika gesucht. Als er einigermaßen vorwärtsgekommen war, führte ihn die Sehnsucht nach der Heimat zurück, und als Oberkellner fand er seine Existenz.
In emer Nacht hört er auf Zimmer 15 einen Knall, dann ein Röcheln und findet eindringend einen Gast, der einen Selbstmordversuch gemacht hat. Ein lebens-
müder, verarmter Baron von Langkerke, nach dem kein Angehöriger mehr fragt; sein einziger Bruder ist in Australien verschollen. Da kommt dem Geschäftsführer
Willi Kerner der Gedanke, wenn doch dem mittellosen Baron an seinem adligen Namen nicht mehr viel liegt und er Geld viel nötiger braucht, warum sollte der
Baron nicht für eine anständige Summe sein Adelsprädikat abtreten? Bei einer Flasche Wein werden die beiden handelseinig. Als Mr. Sidney Lhapman aus
Lhikago fährt darauf der ehemalige Baron von Langkerke auf einem niederländischen Dampfer nach Australien, und einige Tage später steigt im Hotel Adlon in
Berlin der neue Baron Langkerke, der ehemalige Oberkellner, ab, spielt seine angenommene Herrenrolle gut und findet bald Anschluß an führende Kreise. Zu
gleicher Zeit trifft im Hotel Adlon ein führender Großindustrieller, der Geheimrat Frohwein, nut seinen beiden Töchtern ein, von denen besonders die ältere, eine
verwitwete Frau von Ellwangen, auffallend schön ist. Von dem Sohn eines Bremer Großexporteurs und Reeders Norgall wird der Pseudobaron in einen vornehmen
Klub mitgenommen und gewinnt sechzigtausend Mark im Spiel. Allmählich wird inan in den Kreisen der Gäste des Hotels Adlon auf ihn aufmerksam. Rosemarie,
die jüngere Tochter Frohweins, stellt ihren: Vater im Hippodrom den jetzigen Baron von Langkerke vor, der als sattelsicherer Reiter Eindruck auf sie macht. Auch
von Norgall, der sich, unterstützt von Frohwein, um die Hand der Frau von Ellwangen bewirbt, wird er dem Industrieführer empfohlen. Der neue Baron Lang-
kerke macht nun allerseits Eroberungen. Es gelingt ihm, das Vertrauen des Geheimrats in so hohem Grad zu gewinnen, daß dieser ihm den Vorschlag macht,
sich in seinem Geschäftsbetrieb einzuarbeiten, um ihm eventuell später in der Leitung zur Seite stehen zu können, da Ezzard, der Erbe, für geschäftliche Dinge
kein Interesse zeigt. In Mittenstein, dem Sitz der Frohweinschen Betriebe, erweist sich der Baron als klarblickender Geschäftsmann und bei Sport und Spiel als
angenehmer Gesellschafter, so daß sich zwischen ihm und Frau von Ellwangen freundliche Beziehungen anspinnen. Auch Rosemarie gibt in einer Unterredung
mit dem Vater zu, daß sie den Baron ganz gern mag, nur sei sie sich nicht klar darüber, ob er nicht wie hinter einer Maske etwas verberge. — Inzwischen hat
der ehemalige Baron, der jetzige Kaufmann Sidney Lhapman, in Australien seinen Bruder Leopold gefunden; er ist glücklich verheiratet, wohlhabender Besitzer
einer großen Schaffarm und bietet, hocherfreut über die Wiedervereinigung, dem Bruder an, sein Teilhaber zu werden. —- Währenddem haben der Geheimrat
Frohwein und Baron Langkerke in Mittenstein den Ausflugsort Südkopf mit der Radium enthaltenden Josephsquelle erworben, um dort ein Bad zu errichten.
Auch dieses Unternehmen glückt infolge der großen geschäftlichen Fähigkeiten des Barons von Langkerke, der sich auch in den großen Unternehmungen des Ge-
heimrats Frohweins immer mehr als starke, fast unentbehrliche Stütze erweist. Der Pseudobaron glaubt auf der Höhe seiner Erfolge zu stehen, als sich auch die
Liebe der schönen Tochter Frohweins, Frau von Ellwangens, ihm zuneigt. Er verlobt sich mit ihr im Einverständnis mit dem Vater.
(5. Fortsetzung)
ls Willi sich von Firmin und zwei anderen Herren verabschiedete,
die ein Auto zu einem Abstecher durch die Berge entführen sollte,
^atmete er hoch auf. Er hatte auf der Kurterrasse mit den Herren
gefrühstückt, noch einmal alles mit ihnen durchgesprochen. Triumphierend
blickte er ihnen nach. Trotz der vorgerückten Jahreszeit hatten sich neue
Gäste angemeldet — auch dies Unternehmen blühte und wuchs.
Langsam schlenderte er durch die Anlagen in den Wald hinein und lenkte
seine Schritte hügelabwärts, direkt auf den park der Villa zu. Er bedurfte
dringend einiger stiller Stunden und hatte sogar verboten, ihn anzuklingeln.
Venn diese Kampftage, dann das Gastmahl, das bis tief in die Nacht
dauerte, hatten seine Nerven doch etwas angestrengt.
Von neuem war sein Name in den Spalten der internationalen Presse
genannt worden, bei den Meldungen über die erste große wirtschaftliche
Verflechtung ehemals feindlicher Völker. Darüber sann er nach, wonach
er sich so lange gesehnt, ins große zu wirken, das war ihm endlich vergönnt.
Im „Gästehaus" trat ihm die Hausverwalterin, zugleich die Frau des
Gärtners, entgegen: „Eine Dame ist da mit einem Büble, die den Herrn
Baron dringend sprechen möcht'. Ich hab' sie in den unteren Salon ge-
führt. vorhin ist sie schon einmal dagewese."
„Eine Dame?" fragt er erstaunt. „Aus der Stadt?"
„Nein — eine fremde Dame. Sie spricht so ein fremdartiges hochdeutsch,"
meinte die wackere Schwäbin.
vielleicht eine Bittstellerin oder ein Badegast! Man wandte sich jetzt
oft persönlich mit allerlei Anliegen an ihn.
„Alsogut— führen Sie sie in mein Arbeitszimmer, da sie nun einmal da ist!"
Oie dunkel und elegant gekleidete Dame mit einem neunjährigen Büb-
chen an der Hand blieb verlegen an der Türe stehen. Auf seine Aufforde-
rung trat sie näher und musterte ihn durchdringend mit ihren großen,
dunkelglühenden Augen, in denen verhaltene Leidenschaft brannte.
„womit kann ich Ihnen dienen?"
„Erkennen Sie mich nicht wieder?" fragte sie in einem etwas harten
Deutsch.
Und als er erstaunt den Kopf schüttelte, schob sie den Jungen vor, der
ein ängstliches Gesicht machte und sich an die Mutter klammerte.
„Dies, Baron Albert Langkerke, ist mein und Ihr Sohn!"
Willi erbleichte. Zum zweiten Male seit gestern streckte das Schicksal seine
eiserne Hand nach ihm aus und warnte ihn. Natürlich eine Geliebte! Er
suchte sich zu fassen, Zeit zu gewinnen. „Ich... ich bin... wirklich erstaunt."
„Bin ein fah-
render Gesell,
kenne keine
Sorgen..."
Radierung von
Otto Quante
(Vavariaverlag,
München)
27. 1928