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....Das Buch für Alle ..!!!>">!!!>'>!!!:vN!!tzu>!!!!vN!!>N!!lv.:!!>N!!:.. Heft 27
0^0 Oar!
Forscher und Techniker sind an der Arbeit, ein neues Verkehrsmittel zus chaffen und zu erproben, das uns in Stunden über Ozeane reißen und vielleicht gar einmal unserer
Mutter Erde entführen wird: die Rakete, deren Fortbewegung vom Rückstoß ausströmender Gase erzeugt wird. Dieses Kämpfen und Ringen des Menschengeistes hat nun
seinen Dichter gefunden: Otto Willi Gail. In seiner Erzählung „Hans Hardts Mondfahrt" läßt er uns all die Herrlichkeiten erleben, die unerhörten Wunder
und berauschenden Hochgefühle, aber auch die Schrecken der ersten Fahrt zum Mond. Nach einigen Versuchsprüngen über den Atlantik entringt sich die erste Rakete dem
Bannkreis der Erde. Unter dem Donner furchtbarer Erplosionen strebt sie empor, gepeitscht von den Millionen von Pferdekräften entfesselnden Düsen. Nahe dem Mond-
rand lauert das Unheil. Riesenhafte Mondberge recken sich auf, und mit letzter Kraft entgeht das Raumschiff dem Schicksal, an den Eisbergen zerschmettert zu werden. Eine
ungeheure Spannung liegt in diesen Schilderungen, aus denen wir nachstehend eine Kostprobe bringen. Das für die Jugend bestimmte Buch (geb. S M. SO Pf.) ist im
Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart erschienen.
ls Hans Hardt wieder in den
Führerraum des Raketen¬
raumschiffs „Wieland" trat, maß
er den Winkel, unter dem der
Mond erschien, und berechnete
daraus die Entfernung.
„Nur mehr fünftausend Kilo¬
meter!" sagte er. „Die Umkreisung
wird bald beginnen." Dann befahl
er dem Anderl, die Bedienung der
Richtkreisel zu übernehmen und
die Düse stets auf den Mond¬
mittelpunkt zu gerichtet zu halten.
Die Schwungräder begannen
zu singen, das Schiff drehte sich
langsam um die kurze Achse, und
der Mond sank scheinbar herab,
bis er sich genau senkrecht unter
dem „Wieland" ausbreitete.
Mit der Flanke voran stürmte
das Schiff jetzt durch den Äther.
Hardt behielt die Meßskalen, die
den Stand der Kreiselkompasse
anzeigten, scharf im Auge. Mit
unheimlicher Eile rückte der Mond
heran.
Jede einzelne Bergkuppe war
bereits mit bloßem Auge zu er¬
kennen. Unabsehbar dehnte sich die
gelbliche Wüstenlandschaft unter
dem „Wieland".
Da die Vertikalachse des Schif¬
fes nun stets auf den Mond ge¬
richtetblieb, die Fahrtrichtung aber
schräg hierzu geneigt war, schienen
die Massen des Erdbegleiters nicht
nur aus der Tiefe herauf, son¬
dern auch gleichzeitig seitwärts zu
rücken. Und dadurch entstand der
Eindruck, als rolle der riesige Mond
auf den „Wieland" zu.
Je näher das Schiff herankam,
desto stärker wirkte diese Drehbe¬
wegung auf die Beobachter, die ab
und zu wegsehen mußten,um durch
den Anblick des sich heranwälzenden Festlandes nicht schwindlig zu werden.
„Nanu?" Hans Hardt warf einen Blick auf den Fahrtkurvenplan und
sagte dann vor sich hin: „Die vorberechnete Bahn stimmt nicht ganz!"
Knapp am Monde vorbei lief die Fahrtrichtung — schon streifte sie das
Festland.
Hardt zuckte zusammen. Die Pumpen begannen summend zu arbeiten,
preßten den flüssigen Brennstoff in die Zerstäuber. Fast gleichzeitig schal-
tete ein Hebeldruck die Zündung ein und ein Ruck lief durch das Schiff.
Polternd fielen Tische und Stühle zu Boden, klirrend zerbrachen Gläser
in der Küche, und wer, auf die Schwerelosigkeit bauend, gerade in der
Luft geschwebt hatte, wurde unsanft zu Boden gesetzt und daran erinnert,
daß das Ziel nahe war.
Hardt prüfte die Fahrtrichtung. „Es klappt," sagte er dann aufatmend,
„wir werden in hundert Kilometer Abstand am Mond vorbeigleiten. Da
wir keine Luftschicht zu durchdringen brauchen, ist vorläufig nichts weiter
zu befürchten."
„Das war der erste Streich!" meinte er befriedigt, als er langsam
den Gashebel wieder auf die Nullstellung zurückschob.
Inzwischen wälzte sich das Festland des Mondes noch weiter heran.
Beängstigend war das Schauspiel
der mit unheimlicher Geschwindig-
keit wachsenden und heranrollen-
den Berge. Immer neue Land-
striche stiegen herauf und schossen
seitlich vorüber; eine Bergkette
schien die andere einholen und
überstürzen zu wollen.
Sein Begleiter Aler lag auf dem
Bauche am Fenster.
„Du, Hans," seine Stimme
klang leicht beunruhigt, „inwelcher
Höhe schweben wir denn nun über
diesem Reibeisen da drunten?"
Hardt lächelte über diesen grotes-
ken,aber nicht unrichtigenVergleich.
„Knapp tausend Kilometer,
Onkel Aler! Bis auf einige hun-
dert Kilometer werden wir noch
herankommen, dann geht's wie-
der aufwärts. Wenn der Mond
eine Lufthülle hätte, so könnten
wir jetzt bei dieser rasenden Fahrt
etwas von Hitze erleben!"
Die Drehung des „Reibeisens"
wurde langsamer und ging dann
in eine seitliche Verschiebung über.
In weiter Ferne tauchten am Ho-
rizont Gebirge auf, rückten heran
und verschwanden in entgegenge-
setzter Richtung am Mondrand.Ein
großartiges Wandelpanorama!
Nach und nach wurde das Son-
nenlicht schwächer. In den tiefen
Kratertälern lag schon satte Dun-
kelheit, und nur die Zinnen der
Berge glänzten noch hell aus der
Dämmerung.
„Da unten wird es jetzt Abend,"
sagte Hardt. „In der Gegend, über
die wir gerade fliegen, geht der
Tag zur Neige."
Der „Wieland" näherte sich der
Schattengrenze des Mondes, die
den langen, zwei Erdenwochen
währenden Mondtag von der ebenso langen Mondnacht trennt.
„Bald werden wir Gegenden des Mondes unter uns haben, die noch
keines Menschen Auge je gesehen hat," sagte Hardt nach einer Weile.
„Diese grauen Berge am Horizont gehören bereits den drei Siebteln der
Mondoberfläche an, die der Trabant niemals der Erde zuwendet und die
deshalb noch vollkommen unbekannt sind."
Am Horizont türmten sich ungeheure dunkle Gebirge auf, denen die
Rakete — mit der Flanke voran — in wahnsinniger Fahrt entgegenflog.
Die zunehmende Dunkelheit da unten steigerte noch den grausigen Anblick.
In höchster Bereitschaft umklammerte Hardts Faust den Anlasser. Anderl
achtete sorgsam darauf, daß die Düse stets genau senkrecht zum Monde hin
gerichtet blieb. Immer näher kamen die Bergmassen, und Aler schrie leicht
auf, als unten die Kuppen in fast greifbarer Nähe vorübersausten.
Gleich darauf trat die Landschaft zurück. Das Schiff wurde wieder vom
Monde weggeführt, und die Gefahr eines Anpralles war vorbei.
Auch im „Wieland" war es dunkel geworden, und völlige Nacht lag um
das Schiff. Die Sonne war hinter dem Monde verschwunden, und auch
die Erde, die, wie sonst der Mond, hätte etwas Reflerlicht spenden können,
blieb vorläufig durch die dunklen Massen des nahen Weltenkörpers verdeckt.
„Am Horizont türmten sich ungeheure, dunkle Gebirge auf, denen die
Rakete, mit der Flanke voran, in wahnsinniger Fahrt entgegenflog."
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Forscher und Techniker sind an der Arbeit, ein neues Verkehrsmittel zus chaffen und zu erproben, das uns in Stunden über Ozeane reißen und vielleicht gar einmal unserer
Mutter Erde entführen wird: die Rakete, deren Fortbewegung vom Rückstoß ausströmender Gase erzeugt wird. Dieses Kämpfen und Ringen des Menschengeistes hat nun
seinen Dichter gefunden: Otto Willi Gail. In seiner Erzählung „Hans Hardts Mondfahrt" läßt er uns all die Herrlichkeiten erleben, die unerhörten Wunder
und berauschenden Hochgefühle, aber auch die Schrecken der ersten Fahrt zum Mond. Nach einigen Versuchsprüngen über den Atlantik entringt sich die erste Rakete dem
Bannkreis der Erde. Unter dem Donner furchtbarer Erplosionen strebt sie empor, gepeitscht von den Millionen von Pferdekräften entfesselnden Düsen. Nahe dem Mond-
rand lauert das Unheil. Riesenhafte Mondberge recken sich auf, und mit letzter Kraft entgeht das Raumschiff dem Schicksal, an den Eisbergen zerschmettert zu werden. Eine
ungeheure Spannung liegt in diesen Schilderungen, aus denen wir nachstehend eine Kostprobe bringen. Das für die Jugend bestimmte Buch (geb. S M. SO Pf.) ist im
Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart erschienen.
ls Hans Hardt wieder in den
Führerraum des Raketen¬
raumschiffs „Wieland" trat, maß
er den Winkel, unter dem der
Mond erschien, und berechnete
daraus die Entfernung.
„Nur mehr fünftausend Kilo¬
meter!" sagte er. „Die Umkreisung
wird bald beginnen." Dann befahl
er dem Anderl, die Bedienung der
Richtkreisel zu übernehmen und
die Düse stets auf den Mond¬
mittelpunkt zu gerichtet zu halten.
Die Schwungräder begannen
zu singen, das Schiff drehte sich
langsam um die kurze Achse, und
der Mond sank scheinbar herab,
bis er sich genau senkrecht unter
dem „Wieland" ausbreitete.
Mit der Flanke voran stürmte
das Schiff jetzt durch den Äther.
Hardt behielt die Meßskalen, die
den Stand der Kreiselkompasse
anzeigten, scharf im Auge. Mit
unheimlicher Eile rückte der Mond
heran.
Jede einzelne Bergkuppe war
bereits mit bloßem Auge zu er¬
kennen. Unabsehbar dehnte sich die
gelbliche Wüstenlandschaft unter
dem „Wieland".
Da die Vertikalachse des Schif¬
fes nun stets auf den Mond ge¬
richtetblieb, die Fahrtrichtung aber
schräg hierzu geneigt war, schienen
die Massen des Erdbegleiters nicht
nur aus der Tiefe herauf, son¬
dern auch gleichzeitig seitwärts zu
rücken. Und dadurch entstand der
Eindruck, als rolle der riesige Mond
auf den „Wieland" zu.
Je näher das Schiff herankam,
desto stärker wirkte diese Drehbe¬
wegung auf die Beobachter, die ab
und zu wegsehen mußten,um durch
den Anblick des sich heranwälzenden Festlandes nicht schwindlig zu werden.
„Nanu?" Hans Hardt warf einen Blick auf den Fahrtkurvenplan und
sagte dann vor sich hin: „Die vorberechnete Bahn stimmt nicht ganz!"
Knapp am Monde vorbei lief die Fahrtrichtung — schon streifte sie das
Festland.
Hardt zuckte zusammen. Die Pumpen begannen summend zu arbeiten,
preßten den flüssigen Brennstoff in die Zerstäuber. Fast gleichzeitig schal-
tete ein Hebeldruck die Zündung ein und ein Ruck lief durch das Schiff.
Polternd fielen Tische und Stühle zu Boden, klirrend zerbrachen Gläser
in der Küche, und wer, auf die Schwerelosigkeit bauend, gerade in der
Luft geschwebt hatte, wurde unsanft zu Boden gesetzt und daran erinnert,
daß das Ziel nahe war.
Hardt prüfte die Fahrtrichtung. „Es klappt," sagte er dann aufatmend,
„wir werden in hundert Kilometer Abstand am Mond vorbeigleiten. Da
wir keine Luftschicht zu durchdringen brauchen, ist vorläufig nichts weiter
zu befürchten."
„Das war der erste Streich!" meinte er befriedigt, als er langsam
den Gashebel wieder auf die Nullstellung zurückschob.
Inzwischen wälzte sich das Festland des Mondes noch weiter heran.
Beängstigend war das Schauspiel
der mit unheimlicher Geschwindig-
keit wachsenden und heranrollen-
den Berge. Immer neue Land-
striche stiegen herauf und schossen
seitlich vorüber; eine Bergkette
schien die andere einholen und
überstürzen zu wollen.
Sein Begleiter Aler lag auf dem
Bauche am Fenster.
„Du, Hans," seine Stimme
klang leicht beunruhigt, „inwelcher
Höhe schweben wir denn nun über
diesem Reibeisen da drunten?"
Hardt lächelte über diesen grotes-
ken,aber nicht unrichtigenVergleich.
„Knapp tausend Kilometer,
Onkel Aler! Bis auf einige hun-
dert Kilometer werden wir noch
herankommen, dann geht's wie-
der aufwärts. Wenn der Mond
eine Lufthülle hätte, so könnten
wir jetzt bei dieser rasenden Fahrt
etwas von Hitze erleben!"
Die Drehung des „Reibeisens"
wurde langsamer und ging dann
in eine seitliche Verschiebung über.
In weiter Ferne tauchten am Ho-
rizont Gebirge auf, rückten heran
und verschwanden in entgegenge-
setzter Richtung am Mondrand.Ein
großartiges Wandelpanorama!
Nach und nach wurde das Son-
nenlicht schwächer. In den tiefen
Kratertälern lag schon satte Dun-
kelheit, und nur die Zinnen der
Berge glänzten noch hell aus der
Dämmerung.
„Da unten wird es jetzt Abend,"
sagte Hardt. „In der Gegend, über
die wir gerade fliegen, geht der
Tag zur Neige."
Der „Wieland" näherte sich der
Schattengrenze des Mondes, die
den langen, zwei Erdenwochen
währenden Mondtag von der ebenso langen Mondnacht trennt.
„Bald werden wir Gegenden des Mondes unter uns haben, die noch
keines Menschen Auge je gesehen hat," sagte Hardt nach einer Weile.
„Diese grauen Berge am Horizont gehören bereits den drei Siebteln der
Mondoberfläche an, die der Trabant niemals der Erde zuwendet und die
deshalb noch vollkommen unbekannt sind."
Am Horizont türmten sich ungeheure dunkle Gebirge auf, denen die
Rakete — mit der Flanke voran — in wahnsinniger Fahrt entgegenflog.
Die zunehmende Dunkelheit da unten steigerte noch den grausigen Anblick.
In höchster Bereitschaft umklammerte Hardts Faust den Anlasser. Anderl
achtete sorgsam darauf, daß die Düse stets genau senkrecht zum Monde hin
gerichtet blieb. Immer näher kamen die Bergmassen, und Aler schrie leicht
auf, als unten die Kuppen in fast greifbarer Nähe vorübersausten.
Gleich darauf trat die Landschaft zurück. Das Schiff wurde wieder vom
Monde weggeführt, und die Gefahr eines Anpralles war vorbei.
Auch im „Wieland" war es dunkel geworden, und völlige Nacht lag um
das Schiff. Die Sonne war hinter dem Monde verschwunden, und auch
die Erde, die, wie sonst der Mond, hätte etwas Reflerlicht spenden können,
blieb vorläufig durch die dunklen Massen des nahen Weltenkörpers verdeckt.
„Am Horizont türmten sich ungeheure, dunkle Gebirge auf, denen die
Rakete, mit der Flanke voran, in wahnsinniger Fahrt entgegenflog."