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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 1): Kirchenbauten — Frankfurt a. M., 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.25631#0456
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Georg, Maternus lind Maria Magdalena geweiht. Das Patronat behielt Becker
sich und seinen Erben vor; er wollte nach seiner eigenen Erklärung
den Umwohnern und den auswärtigen Besuchern des Marktes auf dem
Platze, die, ohne ihre Geschäfte zu versäumen, die Gottesdienste in der
Stadt nicht besuchen konnten, eine ihnen bequem gelegene Stätte für
den allmorgendlichen Gottesdienst geben. Der Stifter war auch fürsorglich
darauf bedacht, seine Kapelle gegen Anfechtungen von geistlicher Seite
zu schützen und ihr reiche Ablassbewilligungen zu verschaffen. Am
29. November 1454 liess er sich seine Stiftung vom Erzbischof Dietrich
von Mainz bestätigen; 1460 fand er den Stadtpfarrer mit 20 Gulden ab,
da dieser anscheinend Schwierigkeiten gemacht hatte; im selben Jahre
liess er den Besuchern der Kapelle von dem Kardinal-Legaten Bessarion
und 1467 von mehreren anderen Kardinälen reichlichen Ablass versprechen;
1464 hatte auch Erzbischof Adolf von Mainz Beckers Stiftung bestätigt
und das Fest der Kirchweihe von Epiphanias auf Trinitatis verlegt. Durch
Urkunde vom 15. April 1473 erweiterte Becker seine Stiftung für die
Kapelle, überwies deren Patronat dem ältesten Schöffen und dem ältesten
Mitgliede der Familie von Glauburg und gab eingehende Anweisung für
die Versehung des Gottesdienstes an der Kapelle. Becker starb 1476
kinderlos und wurde in der Kapelle beigesetzt.

Diese bildete schon vor Beckers Erneuerung eine Hauptstation für
die grosse Prozession am St. Marien-Magdalenen-Feste; jetzt schloss sich
ihr auch die" Bruderschaft der Bosshändler an, deren Arbeitsstätte ja der
grosse Platz vor der Kapelle, der Bossmarkt, war.

Hartmann Beckers Stiftung von Geldmitteln zur Versehung der
Kapelle überlebte zwar ihn, mit dem das Geschlecht Becker ausstarb, nicht
aber die Zeit der Beformation. 1531 überwies der Bath, natürlich mit
Zustimmung der beiden Patrone, des ältesten Schöffen und des ältesten
Glauburg, die Gefälle der Kirche dem neugegründeten Almosenkasten, auf
den damit auch die Sorge für das Bauwerk überging. Unter der durch-
aus lutherisch gesinnten Verwaltung des Kastens hörte natürlich der
katholische Gottesdienst in der Kapelle nunmehr auf; ob sie jetzt auch
regelmässig zur protestantischen Gottesverehrung benutzt wurde, ist nicht
ersichtlich. Nur noch einmal tritt sie in der städtischen Geschichte bei
einem besonderen Ereigniss hervor: sie diente am 28. Februar 1616 bei
der Hinrichtung von Vincenz Fettmilch und dessen Genossen als Armesünder-
Kapelle.

Im XVIII. Jahrhundert wurde das kleine Kirchlein nur zu profanen
Zwecken benutzt. Als 1719 die Nicolai-Kirche zur Wiederherstellung be-
stimmt wurde, liess man das bisher dort-verwahrte Archiv des Schöffen-
gerichtes in die St. Materns-Kapelle verbringen; hier blieb es bis zum
Jahre 1789. Als in diesem Jahre ein Umbau mit dem nördlich von der
Kapelle gelegenen Pfarrhause vorgenommen werden sollte, war anfänglich
beabsichtigt, im oberen Theile der Kapelle zwei Stuben einzurichten und
 
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