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welche in Kämpferhöhe von dem gothischen Rundstab-Prohl des Gewändes
durchschnitten wird. An dem Sturze befinden sich drei kleine Zierschilde,
von denen das mittlere die Jahreszahl 1587 trägt. Ob die Errichtung des
holzgeschnitzten Obergeschosses in dasselbe Jahr zu verlegen ist, oder
erst um 1600, bleibe dahingestellt.*) An dem Nordbaue befindet sich noch
eine zweite Datierung; an dem nach der Rothkreuz-Gasse stehenden
Giebel ist auf der Unterseite des Brettes, welches die hervortretende
Nase nach unten abschliesst, die Jahreszahl 1542 eingeritzt. Dieses Jahr
bezeichnet sicherlich den Neubau dieses Flügels, der 1587 nur an der
Hofseite verändert wurde. Im Inneren ist das Erdgeschoss von einer
Tonne überdeckt und gleichlaufend zur Front von einer massiven Zwischen-
wand durchschnitten; letztere wurde im Jahre 1858 bei dem Wechsel des
Besitzers errichtet, um durch den dadurch entstehenden, an der Rückseite
liegenden schmalen Gang Raum für eine Kegelbahn zu gewinnen: die
frühere Raumwirkung wurde dadurch gänzlich zerstört. Das Erdgeschoss
enthält zwei neben einander liegende Zimmer. In das rechts gelegene ein-
fenstrige führt eine rundbogige, steinerne Thür, welche in der rechts
neben dem Haupteingange senkrecht gegen die Front gestellten Zwischen-
wand noch erhalten ist. In dem Obergeschosse des Nordbaues befindet
sich in dem westlich nach der Rosen-Gasse gelegenen Zimmer in der
Giebel wand ein altes zweitheiliges Steinfenster; das rechteckige Gestell
ist innen von einem Rundstabe mit Kehle umrahmt, welche, in der
gleichen Form wie im Erdgeschosse, am Mittelpfosten gegen einen
niedrigen Sockel mit umgekehrtem Volutenkonsol anlaufen. In demselben
Zimmer liegt in der nördlichen Wand ein Wandschrank mit Holzthüre
und hakenförmigen Bändern; letztere sind denen am Hauptthorbaue
ähnlich.
Auf dem Merianschen Plane ist die Nordseite des Hofes wohl sicht-
bar, indessen ungenau und nicht der wirklichen Eintheilung entsprechend
wiedergegeben; auf dem Belagerungsplane ist der Grosse Speicher nicht
mit Sicherheit zu erkennen.
An der Rosen-Gasse liegt das eigentliche Hauptgebäude, dessen
ursprüngliches Aussehen heute gänzlich verwischt ist, denn im Sommer
1863 wurden auf dasselbe zwei weitere Stockwerke gesetzt; der Zugang
vom Hofe aus wurde damals zugemauert, dafür an der Rosen-Gasse ein
neuer Eingang hergestellt und der Erker im ersten Obergeschosse am
Hofe sowie die beiden oberen Geschosse des stattlichen Treppenthurmes
abgebrochen. Letzterer ist in seinem Inneren noch erhalten; die Eingangs-
*) Reiffenstein berichtet am 11. Juli 1880, man habe an einem „biosgelegten,
geschnitzten Eckbalken" bei Gelegenheit von Wiederherstellungsarbeiten die Jahres-
zahl 1590 gefunden; heute ist indessen nichts davon zu entdecken. Eine 8 m lange,
23 cm breite, aufsteigende Zierleiste, aus Eichenholz geschnitzt, beßndet sich in der
Sammlung des Historischen Museums. Im oberen Theile ist eine karyatidenartige
Figur in Relief dargestellt, darunter sitzt eine Maske.