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Instytut Sztuki (Warschau) [Editor]; Państwowy Instytut Sztuki (bis 1959) [Editor]; Stowarzyszenie Historyków Sztuki [Editor]
Biuletyn Historii Sztuki — 49.1987

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JAKUB POKORA

stalt sei und es unbekannt bleibe, welche Bedeutung
ihm zukomme4.
1576 veróffentlichte Georgius Roll Maior in Dan-
zig ein Lustspiel, das eine dramatisierte Fassung des
damals beliebten Liebesromans iiber Ponti und Si-
donia war5. In dem Buhnenstuck ist eben der Narr
Klaus einer von den zwei Witzbolden, und etwa zehn
Jahre spater wird er in einer anderen, auch in Dan-
zig aufgefuhrten Komódie erwahnt. Es handelt sich
urn das Theaterstuck von Philipp Waimer, Professor
der Rechtswissenschaft im dortigen akademischen
Gymnasium 6. Da ist eine der Gestalten des Lustspiels,
Zanni, die den Dramenhelden, Herrn Johann, besch-
reibt und konkludiert: ... et stultus erit mihi par, ut
solet dicere Claus Narr7. Jacek Lipiński, der — so-
weit es mir bekannt ist — als einziger der Gestalt
von Klaus in den Danziger Schauspielen Beachtung
schenkte, stellte fest .... die Gestalt des Narren non
nor fiinfzehn Jahren habe sich in dem Geddchtnis
der Danziger Zuschauer noch nicht nerwischt. Claus
Narr musse also eine beliebte Gestalt gewesen sein8.
So war es in der Tat, aber nach den Quellen seiner
Popularitat muB woanders gesucht werden.

Es ist erwiesen, daB Klaus eine reale Gestalt ge-
wesen ist. Er kam aus der Ortschaft Ranstadt (Ran-
stet, Ranstatt, Ranstadt) in Sachsen. Eigentlich ist
nicht bekannt, wann er geboren wurde. Vielleicht im
Jahre 1472? Das erste gesicherte Datum aus seiner
Biographie ist das Jahr 1486, in dem er als Knabe
den Beruf des Hofnarren bei den sachsischen Kur-
fursten auszuuben begann. Zuerst bei Ernest (gest.
1486) und Albert (gest. 1500), spater bei dem Erzbi-
schof Ernest (gest. 1513), Friedrich dem Weise (gest.
1525), Johann (gest. 1532). So wie der Beginn, ist auch
der Herbst seines Lebens nicht genau bekannt. Wie
man sagt, lebte er iiber neunzig Jahre (sic!), starb
nach 1530, vielleicht 1533, in Weyda in Sachsen, und
dort wurde er bestattet °.
Als hófischer PossenreiBer, der sich an der Spit-
ze in der Hierarchie der SpaBmacher befand, war
er Vertreter der Institution des Hofnarren, deren
Blute auf das 15. und 16. Jh. fiel, und deren Un-
tergang erst im 18. Jh. erfolgte. Er belustigte, sagte
die Wahrheit, gab gute Ratschlage, zahmte den Zorn
des Herren und ... heilte die Kranken 10. Ergo machte
er dasselbe, was andere, ebenso beruhmte Narren
der Renaissance taten: 11 Matello am Hofe der Isa-
bella d'Este in Mantua, Triboulet in Frankreich bei
Louis XII. und Franęois I., Kunz von den Rosen bei
Kaiser Maximilian I. oder — in England — John
Heywood bei Heinrich VIII oder Serggan bei Elisa-
beth I. Tatkraftig sekundierte ihnen der polnische
Staś Gąska, genannt Stańczyk, am Hofe von Zygmunt

I. Die Klausschen Abenteuer wurden schon zu seinen
Lebzeiten bekannt. Wie es haufig vorkam, galten
sie zunachst als Witze. Erzahlt sowohl in Kreisen der
vornehemen Elite als auch unter dem Volke, erhei-
terten sie vorzuglich die Zuhórer. Sehr schnell, schon
zu Beginn der zwanziger Jahre des 16. Jhs. wurden
sie in die Literatur eingefiihrt. Zum ersten Male be-
gegnen wir ihn in der 1522 herausgegebenen
Anekdotensammlung Schimpj und Ernst von Johan-
nes Pauli ". Das ist nicht weiter erstaunlich, denn die
Zeiten waren sehr gunstig dafur. Geschah dies doch
in der Epoche einer einzigartigen Entwicklung der
Fazetiendichtung, die sowohl im Lateinischen als auch
in NationaJsprachen gepflegt wurde. Die Humanisten,
allen voran Erasmus von Rotterdam, wuBten es wohl
zu schatzen, ein mit schmackhaft witzigen Einfallen
geziertes Gesprach zu fuhren. Gedruckte Anekdoten-
sammlungen (facetiae, jocoseria) begannen schon ab
1470 im Druck zu erscheinen, zuerst in Italien und
bald darauf in Deutschland. Dann, das ganze 16. Jh.
hindurch herausgegeben, erfreuten sie sich ununter-
brochen einer groBen Beliebtheit. So war es auch in
den darauffolgenden Jahrhunderten bis zur Zeit der
Aufklarung 12 und eingentlich sogar bis in unsere Ta-
ge. Dem gedruckten Worte hat Klaus sicherlich zu
verdanken, daB er groBe Popularitat genoB, die —
vor allem in deutschsprachigen Landern — bis in
das 19. Jh. andauerte. So erschien 1572 in Eisleben
das kleine Werk Sechs hundert, sieben und zwantzig
Historien non Claus Narren. Feine schimpfliche Wort
und Reden, die ehrbare Ehrenleut Clausen abgemerckt
haben. Mit lustigen Reimen gedeutet und erkleret.
Der Verfasser, Wolfgang Buttner, versteckte sich in
einem Akrostichen. Das darf nicht verwundern, denn
er war ein frommer Pastor in Wolferstadt bei Wei-
mar, der meistenteils ernste theologische Bucher
schrieb. Buttner faBte, wie man es damals haufig
tat, Anekdoten aus verschiedenen Fazetiensammlungen
zusammen und machte eine einzige, zumindest in
Sachsen ausgezeichnet bekannte Person zum Helden,
den Narren Klaus. Diese Erzahlungen wurden auf
der Stelle ein voller Erfolg. Der vollstandige Text
sowie eine gekurzte Fassung wurden einigemal noch
im 16. Jh. veróffentlicht, aber auch spater, die nach-
sten zwei Jahrhunderte hindurch, wurden sie viel-
mals neuaufgelegt und oft in Form billiger Jahr-
marktsausgaben verkauft ". Daruber hinaus tauchten
einige der Abenteuer oder Spruche von Klaus in
samtlichen, in groBer Zahl im 16. und 17. Jh. he-
rausgegebenen Schwanksammlungen auf ". Die Histo-
rien non Claus Narren erlangten besondere Beliebtheit.
Es wird namlich vermutet, daB ihre erste Ausgabe
fruher als 1572 erschienen ist. und zwar schon 1551
(1552?), aber die ganze Auflage ging mit der Zeit
verloren, weil sie ... zerlesen wurde 15. Der Inhalt
der Erzahlungen muBte also den Geschmack der
Empfanger getroffen haben. Und dieser Geschmack

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