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Die Erbauung der Wülzburg (1588 - um 1605)

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/S7. »Grundriß der Vöstung Wdtzburg, 1604« aus einer Sammlung von Festungsplänen, die Herzog August von Braunschweig-Lüneburg
angelegt hat. Die aquarellierte Federzeichnung zeigt nur die Grundzüge der Festung in sehr vergröberter Form: Fünfeck, drei größere
Bastionen mit Kavalieren rechts und oben, Wölbungen in Bastionen und Kurtinen. Der Zeichner kann weder die Festung selbst noch
einen genauen Plan von ihr gekannt haben.
(Hzg.-August-Bibliothek Wolfenbüttel, 1.6 la Aug. 2° fol. 50)

auf der Plattform des Kavaliers; an ihrer Stelle sind
Schanzkörbe als provisorischer Schutz eingezeichnet.
Auch die breite Erdbrustwehr auf dem »Kalten Eck« ist
nicht fertig, denn ihre innere Stützmauer erscheint nur
gestrichelt oder sogar ganz fehlend wie auf der rechten
Flanke. Interessant ist bei dieser Zeichnung auch, daß der
Zeichner noch immer von der fünfflügeligen Planung des
Schlosses ausging: er strichelt die fehlenden drei Flügel
noch ein - und das, obwohl die Rampe an der Nordseite
der Jungfrau diesem Konzept schon entschieden im Wege
steht, und obwohl die Kapelle längst in den Südflügel ver-
legt worden war. An der Südostecke des Schlosses, wo die
größere Kapelle nach der Lynarschen Planung hingehört
hätte (Abb. 157), klafft eine hilflose Lücke, die einzige im
Fünfeck des Schlosses.

Bedeutungsvoll ist diese Zeichnung auch, obwohl erst
ganz zu Ende der Bauzeit entstanden, für zwei damals
noch erhaltenen Reste aus der Klosterzeit (vgl. 3.2.).
Einerseits ist hier der Grundriß und die genaue Stelle des
Turmes der Klosterkirche eingezeichnet. Der Turm, den
wir sonst nur durch Merian kennen (Abb. 189), scheint

demnach im Grundriß rechteckig gewesen zu sein; Me-
rian zeigt ihn mit Stockwerkgesimsen und Giebeldach,
also in eher gotischen Formen. Er stand etwa anstelle der
Südostecke der heutigen Ludwigszisterne, so daß nicht
einmal Fundamente erhalten sein können; abgetragen
wurde er noch vor 1740, also wohl beim Wiederaufbau
nach dem Dreißigjährigen Krieg.

Vor der Spitze des »Kalten Ecks« ist unmittelbar vor
dem Gedeckten Weg ein Mauerzug eingetragen, der
einen breiten rechteckigen Vorsprung und einen halbrun-
den besitzt. Dieser Mauerzug kann keinesfalls zu den
neuen Außenbefestigungen gehört haben. Gerade an die-
ser Stelle, der steilsten des Berges, wäre ein Vorwerk am
entbehrlichsten gewesen; ferner deutet der Grundriß auf
eine spätmittelalterliche Befestigung, und der Gedeckte
Weg läuft einfach darüber hinweg. Es muß sich also um
den Rest einer spätmittelalterlichen Befestigung des Klo-
sters handeln, am ehesten um einen vorgeschobenen
Zwinger; er wäre bei der Vollendung des Glacis ver-
schwunden, das gerade hier besonders hoch aufgeschüttet
werden mußte (vgl. 3.2.).
 
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