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Biller, Thomas
Die Adelsburg in Deutschland: Entstehung, Form und Bedeutung — München, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.4980#0098
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98

III. Die Entstehung der adeligen Kultur

Ausnahmesituation »bedeutete in jedem Falle die Eingliederung in eine Gemeinschaft, die
im gemeinsamen festlichen Erleben konkret erfahrene Wirklichkeit wurde. Sie war umso
mächtiger, als sie als erlebte Gemeinsamkeit emotional begründet war.«80

Gerade in ihrem Herausgehobensein, ihrer Idealität lag die besondere Wirkung dieser
Erlebnisse, die in den vergleichsweise eintönigen Alltag des Ritters hineinwirkten und
wesentliche Ausdrucksformen verändern konnten. Die Verbindung beider Dascinsebencn
— »das Neben- und Ineinander von realistischen und fiktiven Elementen« — ist nach Flecken-
steins Einschätzung »für die ritterliche Vorstellungswelt überhaupt charakteristisch«81,
wobei das äußerlich Vorzeigbare a priori eine überproportionale Bedeutung besitze, denn
ritterliches Verhalten »ist wesentlich demonstratives Verhalten«.82

Auch das wichtigste der adeligen Zeichen gehört in diesem Zusammenhang: das Wap-
pen, jenes ».. .Zeichen, das wie kein anderes an die Wurzeln des Selbstverständnisses von
Adel und Rittertum führt. Es ist so vollkommen mit seinem Träger identisch, daß es ihn
sowohl als Individuum wie als Glied seines Geschlechtes und darüber hinaus als Angehöri-
gen seines ganzen Standes, der Ritterschaft insgesamt, kenntlich macht.«8' Auch das
Wappenwesen entstammt direkt dem Zusammenhang von Kampf und Turnier: »Und da
der neue Panzer84 seinen Träger praktisch unkenntlich machte, der Ritter aber... das
Bedürfnis hatte, kenntlich zu sein, zeigte er auf seinem Schild durch Zeichen an, wer er war.
Aus diesen Schildzeichen, zunächst auch hier wieder des Hochadels, gingen im frühen 12.
Jahrhundert die Wappen hervor«.85 Auch dies geschah zunächst in Frankreich und England
und strahlte von dort im 12. Jahrhundert ins deutsche Reich aus.8'

80 Turnier, S. 648-9.

Turnier, S. 626.
82 Turnier, S. 651.
•3 Turnier, S. 648.

8-i Entscheidend ist wohl eher der Helm, dessen Entwicklung das Gesicht zunehmend verdeckte.

Fleckenstein, Über Ritter, S. 109.
86 Schramm, Herrschaftszeichen, S. 966ff; Schmid, Problematik, S. 34, erwähnt ferner das Aufkommen

des »redenden« Siegelbildes in der Stauferzeit, leider ohne Literatur.
 
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