Zur Entwicklung der Burgenforschung
Von den Anfängen der Burgenforschung im 19. Jahrhundert bis mindestens in die Mitte
unseres Jahrhunderts blieb ihr Gegenstand eng begrenzt: Betrachtet und analysiert wurden
fast nur die Burgen, die etwa von 1150 bis 1400 entstanden sind, also in der besonders
produktiven Klassik der mittelalterlichen Adelsburg. Dieser Begrenzung war man sich
lange kaum bewußt. Weil im erhaltenen Bestand eine andersartige Frühphasc nicht recht
erkennbar war bzw. weil das Datieren sich als extrem schwierig erwies, versuchte man zwar
in den Anfängen, etwa bei Krieg von Hochfclden (1859), manche der erhaltenen Burgen bis
ins Frühmittelalter oder gar in römische Zeit zurückzudatieren.1 Dies wurde zwar relativ
schnell als völlig spekulativ erkannt, aber so lange eine wissenschaftliche Untersuchungs-
und Datierungsmethodik fehlte oder unterentwickelt blieb - und das war letztlich bis nach
dem zweiten Weltkrieg der Fall - wurde die unlösbar scheinende Frage der Entstehung und
Entwicklung der Adelsburg kaum noch angesprochen.
Die »Burgenkunde« jener Zeit scheint im Rückblick merkwürdig widersprüchlich,
nämlich als die im Wesentlichen unhistorische Betrachtung eines historischen Phänomens.
Ihre Vertreter, bis hin zu dem zusammenfassenden, für lange Zeit namengebenden Werk
von Piper, führten die Auseinandersetzung mit der kaum überblickbaren Fülle des Erhalte-
nen bestenfalls in der Weise, daß sie immer wiederkehrende, typische Bauteile beschrieben
und ihnen Namen gaben. Sie definierten lediglich Begriffe - was bei der ersten Begegnung
mit einem schwer überblickbaren Bestand durchaus sinnvoll ist. Piper bekämpfte außerdem
erfolgreich die Gewohnheit der Rückdatierung bis zu den Römern, kam aber selbst auch
nicht über eine allgemeine Zuordnung des Burgenbaues zum (Hoch-) Mittelalter hinaus.
Als Fazit der »Burgenkunde« blieb daher am Anfang unseres Jahrhunderts, und dann
lange unverändert, etwas relativ Unbefriedigendes, nämlich ein zwar einfach zu erfassen-
des, aber in seinem Anspruch allzu eng begrenztes Bild davon, wie die »Burg an sich«
vermeintlich aussieht und im einzelnen zu benennen ist. Sic hat nach der Vorstellung, die
vor allem in der pseudopopulären Literatur ohnejede weitergehende Fragestellung bis heute
tradiert wird, einen Bergfried, einen (diffus definierten) »Palas«, eine Ringmauer, einen
Hof, eine Kapelle, ein Tor, einen Zwinger, eine Vorburg. So und nicht anders habe es sie,
ohne nennenswerte Entwicklung, das ganze hohe und späte Mittelalter gegeben.3 Dieses
unhistorische Bild suggerierte die »Burgenkunde« in fast absoluter Geschlossenheit bis in
die Mitte unseresjahrhunderts. Es hatte letztlich mehr mit der »Ritterburg« als Spielzeug zu
tun, mehr mit dem »Kind im Manne« als mit (bau-)historischer Analyse und Interpreta-
tion.4
1 Vgl. dazu Maurer. Bauformen, S.öif.
2 Piper, Burgenkunde.
' Vgl. Maurer, Bauformen, S.öif.
* Leider ist das »Spiel« mit den echten Burgen nicht ganz unproblematisch, wenn es bis zur Zerstörung
archäologischer Schichten oder der Betonierung von Unibauspuren reicht. Kritische Bemerkungen
von Wissenschaftlern reagieren i.A. aut solche Verluste und beruhen nicht etwa auf einem Unver-
ständnis für Interesse und Begeisterung des Nicht-Fachmannes (z.B. Bernhard/Harz in Salierzeil,
Anm. 2: Ȇberhaupt scheint Burgenforschung bis dato ein Tuninielfeld interessierter Laien zu
sein.«).
Von den Anfängen der Burgenforschung im 19. Jahrhundert bis mindestens in die Mitte
unseres Jahrhunderts blieb ihr Gegenstand eng begrenzt: Betrachtet und analysiert wurden
fast nur die Burgen, die etwa von 1150 bis 1400 entstanden sind, also in der besonders
produktiven Klassik der mittelalterlichen Adelsburg. Dieser Begrenzung war man sich
lange kaum bewußt. Weil im erhaltenen Bestand eine andersartige Frühphasc nicht recht
erkennbar war bzw. weil das Datieren sich als extrem schwierig erwies, versuchte man zwar
in den Anfängen, etwa bei Krieg von Hochfclden (1859), manche der erhaltenen Burgen bis
ins Frühmittelalter oder gar in römische Zeit zurückzudatieren.1 Dies wurde zwar relativ
schnell als völlig spekulativ erkannt, aber so lange eine wissenschaftliche Untersuchungs-
und Datierungsmethodik fehlte oder unterentwickelt blieb - und das war letztlich bis nach
dem zweiten Weltkrieg der Fall - wurde die unlösbar scheinende Frage der Entstehung und
Entwicklung der Adelsburg kaum noch angesprochen.
Die »Burgenkunde« jener Zeit scheint im Rückblick merkwürdig widersprüchlich,
nämlich als die im Wesentlichen unhistorische Betrachtung eines historischen Phänomens.
Ihre Vertreter, bis hin zu dem zusammenfassenden, für lange Zeit namengebenden Werk
von Piper, führten die Auseinandersetzung mit der kaum überblickbaren Fülle des Erhalte-
nen bestenfalls in der Weise, daß sie immer wiederkehrende, typische Bauteile beschrieben
und ihnen Namen gaben. Sie definierten lediglich Begriffe - was bei der ersten Begegnung
mit einem schwer überblickbaren Bestand durchaus sinnvoll ist. Piper bekämpfte außerdem
erfolgreich die Gewohnheit der Rückdatierung bis zu den Römern, kam aber selbst auch
nicht über eine allgemeine Zuordnung des Burgenbaues zum (Hoch-) Mittelalter hinaus.
Als Fazit der »Burgenkunde« blieb daher am Anfang unseres Jahrhunderts, und dann
lange unverändert, etwas relativ Unbefriedigendes, nämlich ein zwar einfach zu erfassen-
des, aber in seinem Anspruch allzu eng begrenztes Bild davon, wie die »Burg an sich«
vermeintlich aussieht und im einzelnen zu benennen ist. Sic hat nach der Vorstellung, die
vor allem in der pseudopopulären Literatur ohnejede weitergehende Fragestellung bis heute
tradiert wird, einen Bergfried, einen (diffus definierten) »Palas«, eine Ringmauer, einen
Hof, eine Kapelle, ein Tor, einen Zwinger, eine Vorburg. So und nicht anders habe es sie,
ohne nennenswerte Entwicklung, das ganze hohe und späte Mittelalter gegeben.3 Dieses
unhistorische Bild suggerierte die »Burgenkunde« in fast absoluter Geschlossenheit bis in
die Mitte unseresjahrhunderts. Es hatte letztlich mehr mit der »Ritterburg« als Spielzeug zu
tun, mehr mit dem »Kind im Manne« als mit (bau-)historischer Analyse und Interpreta-
tion.4
1 Vgl. dazu Maurer. Bauformen, S.öif.
2 Piper, Burgenkunde.
' Vgl. Maurer, Bauformen, S.öif.
* Leider ist das »Spiel« mit den echten Burgen nicht ganz unproblematisch, wenn es bis zur Zerstörung
archäologischer Schichten oder der Betonierung von Unibauspuren reicht. Kritische Bemerkungen
von Wissenschaftlern reagieren i.A. aut solche Verluste und beruhen nicht etwa auf einem Unver-
ständnis für Interesse und Begeisterung des Nicht-Fachmannes (z.B. Bernhard/Harz in Salierzeil,
Anm. 2: Ȇberhaupt scheint Burgenforschung bis dato ein Tuninielfeld interessierter Laien zu
sein.«).