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Grommelt, Carl; Mertens, Christine
Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Ostens (Band 5): Das Dohnasche Schloss Schlobitten in Ostpreussen — Stuttgart: Kohlhammer, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.48962#0045
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jeder Beziehung mußte es ein Anziehungspunkt auch für Abraham sein. Andrerseits hielt
er sich, in hohen politischen Stellungen an vielen Fürstenhöfen Europas laufend tätig,
allein fünf Jahre in den Niederlanden auf. Durch seinen Bruder Christoph, Schwager des
Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien, ergaben sich verwandtschaftliche Verbindungen
dorthin. Alles spricht dafür, daß die holländische Baukunst jener Zeit auf die Gestaltung
des ersten Schlobitter Schlosses eingewirkt hat. So unstrittig das zu sein scheint, so sind
andrerseits entschiedene Eigenarten festzustellen. Die flächenhafte Behandlung der Fassade
ist soweit getrieben, daß die typisch holländische horizontale Gliederung nicht einmal zur
Stockwerkstrennung Verwendung gefunden hat. Sie fehlt völlig in den Hauptgeschossen.
Die Renaissance baute ihre Gebäudeansichten in Schichten auf. Sie treten an Abrahams
Bau erst in den Giebeln und Querhäusern in Erscheinung.
Auf die Grundrisse des Hauses hat sich die holländische Baukunst anscheinend nicht
ausgewirkt. Korridore benötigte Abraham nicht. Mit zwei symmetrisch eingeschobenen
Stiegenhäusern an beiden Enden des Mittelteils seines Schloßgrundrisses ist die Vorbedin-
gung für eine bequeme Zugänglichkeit der Räume und ihr Zusammenspiel auch ohne Flure
gesichert.
Mit den Baldachinen vor diesen Geschoßtreppen ist das Gewicht der Wirkung von Raum-
komposition und Fassade aus der geometrischen Mitte herausverlegt. Kein Fenster,
keine Öffnung überhaupt ist in der Mittelachse angelegt. Sie trifft auf Mauerpfeiler. Der
betonte Kellerzugang hat nicht die Bedeutung einer zentralen Ausrichtung, auch nicht das

mittlere Zwerchhaus. Dieser Umstand mag
dazu anregen, Abrahams Schloßbau noch dem
Renaissancestil zuzuordnen. Einzelne Formen,
wie Eck-Erker, Schweifgiebel, Quaderung der
Kanten und Fenstereinfassungen, das hohe
Satteldach mit den Zwischengiebeln, zwei seit-
liche schmale Treppenhäuser statt eines Vesti-
büls und die nahezu vorhandene Ebenwertig-
keit der ohnehin geringen Raumhöhen beider
Geschosse könnten diese Meinung bekräftigen.
Auch, was vom inneren Ausbau zu erkennen
ist, so ein heute noch im Kellergeschoß ste-
hender Kamin, allerdings schon Knorpelstil
(Abb. 22), und Türen, wie sie in der Schnitt-
zeichnung des „Baubüchlein" angedeutet sind,
stützen scheinbar den Gedanken. Über alledem
kann aber das Zeichen einer neuen Baugesin-
nung nicht verkannt werden, das Zusammen-
fassen zur Einheit, zur Geschlossenheit, die
Straffung, Symmetrie, Gradlinigkeit und Klar-
22. Kamin im Schloßkeller


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