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Grommelt, Carl; Mertens, Christine
Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Ostens (Band 5): Das Dohnasche Schloss Schlobitten in Ostpreussen — Stuttgart: Kohlhammer, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.48962#0083
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gefangener Bär gehalten. Dazu kamen neben anderen Tieren zwei Affenpärchen, über
deren Beschaffung die Korrespondenz berichtet101. Eine Voliere hatte schon Abraham an-
gelegt. Prahlend frei einherstolzierende Pfauen und was man sonst noch in einem solchen
Rahmen schätzte, haben das Erlebnis dieses Lustgartens bereichert. Wie schon angedeutet,
fehlten nicht die für jene Epoche und den französischen Garten so charakteristischen
Plastiken als dekorativer und figürlicher Schmuck, wie sie Broebes bereits in seinem Vor-
entwurf andeutet. Man muß sie sich weit mehr und eindrucksvoller im ersten Abschnitt,
dem Parterre am Hause, vorstellen. Wo wegen der Witterungsverhältnisse des Landes eine
Pflanzung von Zierbäumen nicht angängig war, und wo es sich sonst empfahl, wurden
solche in Kübeln aufgestellt. Für Überwinterung gab es ja die Orangerie.
Einen Beitrag zur Gartenschönheit lieferten zweifellos die Tore, deren Gestaltung aller-
dings unbekannt ist.
Auf der Nordseite des Schlosses bildet in rückwärtiger Fortsetzung der Raumstraße des
südlichen Gartens die Zufahrtstraße vom „grauen Tor" her die Achse des Ehren- und
Vorhofes und damit das entscheidende Element für gärtnerische Anlagen in diesen Frei-
räumen. Pläne oder auch nur Bemerkungen über die Ausstattung dort haben sich nicht
gefunden. Es ist aber ohne weiteres klar, daß die Umbauung der cour d'honneur ein seiner
gewollten Wirkung entsprechendes, formschönes und blumenreiches Parterre rahmte. Die
Schleusen vom „großen" zum Schloßteich sowie westwärts zwischen diesem und dem
Graben erfuhren eine wesentliche Belebung durch Kaskaden. Beiderseits der Brücke aber
schoß je eine Fontaine hoch. Die Wasserfläche des Weihers an der Westseite des Vorhofes
wurde begradigt und in den umlaufenden Graben eingereiht.
Auch der Vorhof hat zweifellos eine Ausgestaltung, wenngleich in bescheidener Garten-
kunst, gehabt, mit Boulingrins, Baumpflanzungen, Hecken und dergleichen. „Der Platz
ist mit Linden und Kastanien Bäumen besetzet" schreibt B. C. Hermann in seinem Reise-
bericht von 1741. Wieweit seine gesamte dilettantische Darstellung des Gesehenen den
damaligen Verhältnissen entspricht, ist hier nicht nachprüfbar. Die Achse, auf die sich
diese Anlagen ausrichteten, lief gegen Norden hinter dem „grauen Tor" über die Land-
straße hinweg vermutlich unmittelbar in die ungebundene Natur aus. Den Blick dorthin
hatte Alexander noch dadurch freier haben wollen, daß er es zunächst für erwünscht
hielt, Branntwein- und Brauhaus nur eingeschossig aufzuführen (vgl. Anm. 21, 8), wor-
auf er dann der Einwendungen seiner Architekten wegen verzichtete. Kehren wir zum
Projekt von Broebes zurück, so endet die südliche Raumachse innerhalb des Gartens zwar
mit dem Rondell vor dem Graben. Sie läuft aber in der dann beginnenden freien Land-
schaft, soweit der Blick reicht, weiter, von ausgerichteten Baumreihen begleitet, bis sie der
ferne große Wald aufnimmt.
Über Gartenhäuser, die als schmückende und praktische Zugaben gelten, ist nirgends
etwas gesagt. Ob sogenannte Kuriositäten, die damals sehr beliebt waren, vorhanden ge-
wesen sind, wie die getarnte Möglichkeit, uneingeweihte Gäste etwa in der Grotte mit
Wasser zu besprengen, hat nicht festgestellt werden können.
Aus dem schriftlichen Nachlaß der Alexanderschen Epoche läßt sich belegen, daß des
Broebes Projekt zum oberen Teil des Schloßgartens tatsächlich ausgeführt ist. Er begann
damit bereits 1695. Später nahm sich Hindersin dessen mit besonderer Förderung an. Be-

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