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Grommelt, Carl; Mertens, Christine
Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Ostens (Band 5): Das Dohnasche Schloss Schlobitten in Ostpreussen — Stuttgart: Kohlhammer, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.48962#0140
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6<p Gemalte Scheinkuppel. 1. Etage des östlichen Treppenhauses. 171 j

Initialmonogramm AD belebt; die großen Deckengemälde von einfachen Rechteckfeldern
mit Rosettenfüllungen gerahmt. Alle Stuckteile sind weiß, ohne jede Vergoldung. Für Farben
und Bilder, die — um es mit den Worten von J. L. Sturm zu sagen — „manchem Gemüthe
das Aufsteigen mehr erleichtern als die Bequemlichkeit der Stufen selbst dem Leibe" 20°,
hat Schannes Sorge getragen. Als Thema für die beiden großen Deckenfresken wählte er der
Lage der Treppenhäuser entsprechend allegorische Darstellungen des anbrechenden Tages
und der sinkenden Nacht, wobei er sich auch hier wiederum als gut bewandert in ikonolo-
gischen Feinheiten zeigt. Aurora und Luna — oder mit den griechischen Namen benannt,
Eos und Selene (oder Proserpina) — die üblichen Personifikationen dieser beiden Tages-
zeiten201, sind mit eben den Attributen und Begleitfiguren dargestellt, die ihnen eine weit
zurückgehende Tradition beiordnet. Schneeweiß ist die Haut der nur von einem roten
Tuch umwallten Göttin der Morgenröte (Abb. 75), die durch den Himmel fliegt und
nach Cesare Ripa202 Blumen ausstreut, „um die Luft heiter zu machen". In der rechten
Bildhälfte taucht aus Wolken, aber vor safrangelbem Himmel einer von den vier geflügelten
Schimmeln vom Sonnenwagen des Phoebus-Apoll auf, den ein auffliegender Kranich durch
Schreien begrüßt, eine Gewohnheit, die man diesem Vogel in der Antike zuschrieb. Die
beiden nackten Knaben, von denen Schannes einen in kühner Verkürzung von der rah-
menden Stuckleiste nach hinten abstürzen läßt, sind Sterne, die beim Herannahen des
Tages ins Meer tauchen203. Die an sich eine starke Verkürzung erfordernde Darstellung
der schwebenden Aurora hat dem Maler Schwierigkeiten gemacht. Die Figur liegt mehr,
als daß sie von unten gesehen wird. Sehr viel monumentaler ist die auf Wolken gelagerte,
üppige Gestalt der dunkelhäutigen Mondgöttin (Abb. 76), die in der erhobenen Rechten
eine brennende Fackel schwingt, um im Dunkel der Nacht sehen zu können. Mit der
Linken wirft sie die Pfeile, die der Sonnengott am Tage abgeschossen hat, zur Erde herab.
Eine Fledermaus mit geöffneten Flügeln und zwei fliegende Putten, die sich schlaftrunken
unter ein blaues Tuch bergen, sind gleichfalls bekannte Symbole auf Gemälden und

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