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Sommer, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 1): Die Kreise Zeitz, Langensalza, Weissenfels, Mühlhausen und Sangerhausen — 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.41153#0020
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Geschichtliche Einleitung.

unruMgten einzelne Schaaren der Slaven die Germanen, die sich dagegen durch
Errichtung von Grenzburgen zu schützen suchten.
Der jetzige Kreis Zeitz ist ein Theil von Ostthüringen oder vom sogenannten
Osterlande, und nahm im Mittelalter Antheil an allen Thüringen betreffenden Ent-
wich elungen, Theilungen und staatlichen Veränderungen, aber auch an den Kriegen
und Verheerungen. Ein einziges Mal sogar, freilich auf die kurze Zeit von 62
Jahren (1656—1718) bildete sich hier ein selbstständiger Staat „Sachsen-Zeitz“
nach der Spaltung des Kurhauses in vier Zweige: Meissen (Dresden), Merseburg,
Weissenfels und Zeitz. Die Besitzungen dieser seit 1718 (bezw. 1736 und 1738)
ausgestorbenen drei Nebenlinien fielen wieder an die Hauptlinie zurück und wurden
1815 ganz von Sachsen abgetrennt, um mit der Krone Preussen vereinigt zu werden.
Der Kreis Zeitz enthält nur eine einzige Stadt, die Kreisstadt Zeitz, und
113 Ortschaften (vgl. Staats-Handbuch), darunter nur 40 Kirchdörfer mit 31 Geist-
lichen. Die 113 Orte sind meist sehr klein; einige bestehen nur in wenig Höfen,
scheinen fast alle „wendische“ Ansiedlungen zu sein, deren Eigenthümlichkeit
darin beruht, dass wenige Höfe sich um einen runden Dorfplatz gruppiren,
der* nur einen einzigen, nöthigenfalls zu vterschliessenden Ausgang nach einem
ausserhalb vorübergehenden Communicationswege hat. Nach heutigen Bedürfnissen
und nach den allgemein durchgeführten Separationen ist diese Einrichtung mehr
oder weniger verschwunden, und nur die grosse Anzahl übriggebliebener
wendischer Ortsnamen, die oft dem abgestumpften Dreieck sich nähernden Höfe,
die wendische Bauart der Wohnhäuser mit ihren Blendstützen von Holz ausser-
halb und der Bohlen- oder Lehm wand dahinter, deuten auf die ursprünglich
wendische Anlage zurück.
Ausser „Zeitz“ sind deutlich:
nur 30 Dörfer mit deutschen Namen, ansserdem 6 Vorwerke und Mühlen,
dagegen 45 „ mit deutlich slawischen Namen,
und 38 „ mit ursprünglich wendischen, jetzt gemischten oder corrum-
pirten Namen; ausserdem 5 Vorwerke und Mühlen.
Vierzig der Namen deuten auf Wald und dessen Ausrodung, die meisten übrigen
auf Höhen-, Thal-, trockne oder nasse Lage.
AVie die Namen der Ortschaften grösstentheils wendische sind, so ist dieses
auch bei den Bergen (Höhenzügen) und Gewässern der Fall. Besonders bemerk-
bare Berge nun sind zwar der hiesigen Gegend nicht eigenthümlich: das sehr
coupirteTerrain besteht nur in Ausläufern des höheren Vogtlandes, in Bergrücken;
diese Höhen aber tragen alle wendische Namen.
Der Rhadsch, zwischen Gross-Osida und Ossig, erhebt sich, mit Wald
bedeckt und für sich abgeschlossen, um 120m dergestalt über die Thalsohle, dass er
ziemlich die umliegenden Höhen dominirt. Sein Name kommt vom slaw. hradice -
hohe bergige Lage, wodurch sich auch der Name Hradschin in Prag erklärt.
Die Ivliebe, zwischen Olsen und Lobas, ein wenn auch nicht hoher, doch
durch Kieslager sich von den sonst fruchtbaren Fluren auszeichnender Bergrücken;
slaw. glava, klewo = collis, Hügel.
Die jetzt Krebsberge, früher wohl eigentlich nur Chrib (Bergrücken)
benamte Höhe nördlich des Elsterthaies, zwischen Grana und Aue.
Der Kreis Zeitz gehört zum Gebiet der „weissen Elster“, welche, von der
 
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