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Kreis Erfurt.
war, gelangte am 14. September 1635 das Kapitel wieder in den Besitz seiner
Kirche (Sinnhold, Yermehrt. Encomium Erfurt. Handschr. der Magistr. Bibliothek
zu Erfurt II. Anh. S. 120).
Einen gleichen Ausgang hatte ein von der entgegengesetzten Seite her ge-
machter Versuch, dem Stifte die Kirche zu entziehen. Der Jesuitenorden, der seit
1587 bleibend in Erfurt Aufnahme gefunden, 1618 seine bisherige Residenz in ein
Collegium umgewandelt und 1619 das frühere Reglerkloster erhalten hatte, aber
einer eignen Kirche entbehrte, da die zu jenem gehörige den Evangelischen ver-
blieben war, wollte sich nicht ferner mit der ihm überwiesenen h. Blutskapelle
im Dome begnügen, sondern strebte in dessen vollständigen Besitz zu gelangen.
Er wurde dabei von dem Erzbischof Johann Philipp von Mainz unterstützt, der
das Kapitel, nachdem er ihm bereits am 16. Oktober 1655 einen harten Verweis
wegen seiner Lauigkeit in kirchlichen Dingen ertheilt, am 4 Januar 1656 energisch
anwies, seine Kirche den Jesuiten einzuräumen. Das Kapitel erhob hiergegen jedoch
einen so entschiedenen Widerspruch, dass von der Ausführung jenes Befehls Ab-
stand genommen und dem Jesuitencollegium die Lorenzkirche ein verleibt wurde.
Seitdem in Folge der sog. Reduction von 1664 das Erzstift Mainz die nicht
mehr bestrittene Alleinherrschaft über Erfurt und sein Gebiet erlangt hatte, und
zwischen den beiden Confessionen feste Schranken gezogen waren, blieb das Stift
zwar im ungestörten Besitze seiner Kirche und seines Vermögens, dieses war aber
im Laufe der Zeit so zurückgegangen, dass es nicht mehr die Mittel darbot auf
bauliche Zwecke erhebliche Beträge zu verwenden. Nur ward 1686 anstelle der
alten, unbrauchbar gewordenen eine neue Orgel durch Christoph Junge gefertigt
(Friese, 1. c. IV, S. 1315) und 1706 ein neuer Hochaltar errichtet (Reichard, Fort-
setzung d. Fritzesche Cliron. S. 8).
Ein sehr schweres Unglück traf die Kirche, als am 13. September 1717 ein
Blitzstrahl in den mittleren Thurm einschlug und zündete. Das nur oberflächlich
gelöschte Feuer kam am Abend von neuem zum Ausbruch und trat nun mit
solcher Heftigkeit auf, dass nicht nur die Spitzen aller drei Thürme ausbrannten
und die sieben in den Seitenthürmen hängenden Glocken sowie die Uhr schmolzen,
sondern auch die Kirche durch auf ihr Dach stürzendes Gebälk erheblich be-
schädigt wurde (Falkenstein, Chron. II, S. 988; Friese,il. c. V, S. 1601,1602; Reichard,
1. c. S. 71). Nur die grosse Glocke blieb unversehrt, indem sie durch das sie um-
gebende nach dem Brande von 1472 aufgeführte steinerne Gewölbe geschützt
wurde. Da dem Stifte die Mittel zur Wiederherstellung dieser Beschädigungen
fehlten, so begnügte man sich damit, die Thürme mit einem bretternen Nothdach
zu versehen, was um so weniger ausreichen konnte dem weiteren Verfalle vorzu-
beugen, als auch das Mauerwerk durch die starke Gluth seine Festigkeit eingebüsst
hatte. Trotzdem musste es noch mehr als 100 Jahre seinem Zwecke dienen. Seine
Mittellosigkeit zwang das Kapitel sogar, die geretteten 103 Centner Kupfer der Thurm-
bedachung am 16. März 1730 für 2575 Rth. an den Glockengiesser Jonas Surber
zu verkaufen (Reichard, 1. c. S. 136. Friese, 1. c. S. 1937). Aus den etwa 400 Ctr.
Metall der geschmolzenen Glocken wurden fünf neue Glocken gegossen, und auch
dies ward nur dadurch möglich, dass zwei Mitglieder des Kapitels, der Dekan
Christoph Matthias und der Kanonikus Andreas Ewald, die Kosten aus eigenen
Mitteln bestritten (A. F. Sinnhold, 1. c. V, S. 70. Friese, 1. c. V, S. 1628).
Kreis Erfurt.
war, gelangte am 14. September 1635 das Kapitel wieder in den Besitz seiner
Kirche (Sinnhold, Yermehrt. Encomium Erfurt. Handschr. der Magistr. Bibliothek
zu Erfurt II. Anh. S. 120).
Einen gleichen Ausgang hatte ein von der entgegengesetzten Seite her ge-
machter Versuch, dem Stifte die Kirche zu entziehen. Der Jesuitenorden, der seit
1587 bleibend in Erfurt Aufnahme gefunden, 1618 seine bisherige Residenz in ein
Collegium umgewandelt und 1619 das frühere Reglerkloster erhalten hatte, aber
einer eignen Kirche entbehrte, da die zu jenem gehörige den Evangelischen ver-
blieben war, wollte sich nicht ferner mit der ihm überwiesenen h. Blutskapelle
im Dome begnügen, sondern strebte in dessen vollständigen Besitz zu gelangen.
Er wurde dabei von dem Erzbischof Johann Philipp von Mainz unterstützt, der
das Kapitel, nachdem er ihm bereits am 16. Oktober 1655 einen harten Verweis
wegen seiner Lauigkeit in kirchlichen Dingen ertheilt, am 4 Januar 1656 energisch
anwies, seine Kirche den Jesuiten einzuräumen. Das Kapitel erhob hiergegen jedoch
einen so entschiedenen Widerspruch, dass von der Ausführung jenes Befehls Ab-
stand genommen und dem Jesuitencollegium die Lorenzkirche ein verleibt wurde.
Seitdem in Folge der sog. Reduction von 1664 das Erzstift Mainz die nicht
mehr bestrittene Alleinherrschaft über Erfurt und sein Gebiet erlangt hatte, und
zwischen den beiden Confessionen feste Schranken gezogen waren, blieb das Stift
zwar im ungestörten Besitze seiner Kirche und seines Vermögens, dieses war aber
im Laufe der Zeit so zurückgegangen, dass es nicht mehr die Mittel darbot auf
bauliche Zwecke erhebliche Beträge zu verwenden. Nur ward 1686 anstelle der
alten, unbrauchbar gewordenen eine neue Orgel durch Christoph Junge gefertigt
(Friese, 1. c. IV, S. 1315) und 1706 ein neuer Hochaltar errichtet (Reichard, Fort-
setzung d. Fritzesche Cliron. S. 8).
Ein sehr schweres Unglück traf die Kirche, als am 13. September 1717 ein
Blitzstrahl in den mittleren Thurm einschlug und zündete. Das nur oberflächlich
gelöschte Feuer kam am Abend von neuem zum Ausbruch und trat nun mit
solcher Heftigkeit auf, dass nicht nur die Spitzen aller drei Thürme ausbrannten
und die sieben in den Seitenthürmen hängenden Glocken sowie die Uhr schmolzen,
sondern auch die Kirche durch auf ihr Dach stürzendes Gebälk erheblich be-
schädigt wurde (Falkenstein, Chron. II, S. 988; Friese,il. c. V, S. 1601,1602; Reichard,
1. c. S. 71). Nur die grosse Glocke blieb unversehrt, indem sie durch das sie um-
gebende nach dem Brande von 1472 aufgeführte steinerne Gewölbe geschützt
wurde. Da dem Stifte die Mittel zur Wiederherstellung dieser Beschädigungen
fehlten, so begnügte man sich damit, die Thürme mit einem bretternen Nothdach
zu versehen, was um so weniger ausreichen konnte dem weiteren Verfalle vorzu-
beugen, als auch das Mauerwerk durch die starke Gluth seine Festigkeit eingebüsst
hatte. Trotzdem musste es noch mehr als 100 Jahre seinem Zwecke dienen. Seine
Mittellosigkeit zwang das Kapitel sogar, die geretteten 103 Centner Kupfer der Thurm-
bedachung am 16. März 1730 für 2575 Rth. an den Glockengiesser Jonas Surber
zu verkaufen (Reichard, 1. c. S. 136. Friese, 1. c. S. 1937). Aus den etwa 400 Ctr.
Metall der geschmolzenen Glocken wurden fünf neue Glocken gegossen, und auch
dies ward nur dadurch möglich, dass zwei Mitglieder des Kapitels, der Dekan
Christoph Matthias und der Kanonikus Andreas Ewald, die Kosten aus eigenen
Mitteln bestritten (A. F. Sinnhold, 1. c. V, S. 70. Friese, 1. c. V, S. 1628).