Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
X. Kirchliche Gebäude. — A. Stiftskirchen.

Bf)

ausgestellten Revers zurückgeben (Gudenus Hist. p. 227 ff. Falkenstein, Hist.
S. 592 — 597).
Zu einer vollständigen Ausführung dieses Vertrages ist es jedoch, wenigstens
soweit solcher die Stifter betraf, nicht gekommen, vielmehr erklärten diese in Folge
nicht näher bekannter Einflüsse und Umstände am 8. Februar 1539 dem Rathe
in Form Rechtens, dass sie, da gegen ihren Willen und ohne ihre Theilnahme der
Hammelburger Vertrag abgeschlossen und der vorhergegangene Prozess geführt
sei, auch eine nachträgliche Genehmigung verweigern müssten und, soweit sie
dabei betheiligt wären, auf die Ausführung der getroffenen Bestimmungen ver-
zichteten (Beyer und Böckner, 1. c. S. 158).
Hie Baumittel des Marienstiftes waren in Folge der ungünstigen Ereignisse,
welche dasselbe seit dem Ausgange des 15. Jahrhunderts betroffen hatten, sowie des
Umschwungs, welchem die Gemüther seit Eintritt der Reformation unterlagen, und
endlich in Folge des nun fast gänzlichen Aufhören der Spenden der Gläubigen so
zurückgegangen, dass man nicht daran denken konnte, das was bei dem letzten Bau
noch an äusserem Schmucke in Rückstand geblieben war, nachzuholen; ja, nicht
einmal daran, die durch den Bauernaufruhr oder sonst herbeigeführten Schäden
zu beseitigen. Dazu kam 1558 eine neue Beschädigung durch einen Blitzstrahl,
der den Glockenthurm traf, den Seigerhammer zerschlug und einen dicken Balken
zerschmetterte (Thüring. Chronik, Handschr. der grossherzoglichen Bibliothek zu
Weimar q. 165. Falkenstein, 1. c. S. 638). Auf die Wiederherstellung dieser
Schäden wird sich denn auch wohl die Thätigkeit des Nicolaus Kreyger, der
in einer Wiederkaufsverschreibung von 1569 (M. K. A.) als Baumeister zu St. Marien
genannt wird, beschränkt haben. Die Beschädigungen durch den sog. Cavatensturm
am 14. August 1579, der dadurch veranlasst war, dass die Kirchenverwaltung in
Folge vorgekommener Ungebührnisse die Cavaten durch Ziehung eines Zauns dem
öffentlichen Verkehr entzogen, trafen weniger die Kirche selbst als die Cavate.
Wenn 1587 ein nicht unbedeutendes Werk, der grosse Taufstein zur Auf-
stellung gelangen konnte, so war dies nur dem Umstande zu danken, dass der
Propst des Marienstiftes, Breitenbach, der Kirche zu diesem Zwecke 500 fl. legirte
(Friese, 1. c. II. S. 629).
In noch grössere Bedrängnisse gerieth das Stift in der nächstfolgenden Zeit,
insbesondere erreichten während des 60jährigen Krieges Notli und Elend eine solche
Höhe, dass angesehene Geistliche buchstäblich dem Hungertode erlagen, nachdem
alle denkbaren Mittel durch Cumulation der Pfründen und anderweit den wenigen
noch vorhandenen Klerikern die nothdürftigsten Existenzmittel zu verschaffen
erschöpft waren. 1662 nach der schwedischen Besetzung Erfurts wurde nicht
nur das Stift eines grosses Schatzes von Gold, Silber und Edelsteinen im Werthe
von 4000 Rth. beraubt, musste es nicht nur seine silbernen Monstranzen, Kelche,
Becken und Kreuze opfern, um die ihm auferlegte Contribution aufzubringen und
für die von den übrigen Klöstern geforderte, aber nicht von ihnen einziehbare,
aufkommen, wodurch ihm ein Kostenaufwand von 10,600 Rth. erwuchs (Schauerte,
Gustav Adolf und die Katholiken in Erfurt S. 13, 20, 22, 33): sondern auch in
Folge angewendeter Gewalt seine Kirche wieder den Evangelischen zum Mit-
gebrauch einräumen (ibid. S. 40). Ja, es wurde sogar das Stift ganz dem Rathe
geschenkt (ibid. S. 51), und erst nachdem Erfurt dem Prager Frieden beigetreten
8*
 
Annotationen