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Tettau, Wilhelm
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 13): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Erfurt und des Erfurter Landkreises — Halle a. d. S., 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.41154#0318
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298

Kreis Erfurt.

steingruppe, Maria, die auf ihren Knieen den Leichnam Christi hält und ein mit
einem Kelch das Blut auffangender Engel, bei der aber auszusetzen bleibt, dass
Christus im Verhältnisse zur Maria zu klein ist, und diese das Antlitz einer schönen
blühenden Jungfrau und nicht einer schmerzvollen Matrone trägt.
Der Thurm steigt viereckig ohne Verjüngung auf. Sein unterstes Geschoss
nimmt ein Kaufladen ein, dem in älterer Zeit besondere Gerechtsame zustanden
(Erhard , 1. c. S. 216) und der, wie die oben erwähnte Urkunde ergiebt, schon
1392 bestanden hat. Das darüberliegende Geschoss, dass nur durch eine kleine
viereckige Oeffhung sein Licht erhält, diente einst als Sakristei. Das oberste, das
durch ein Kaffgesims bezeichnet wird, hat nach jeder seiner vier Seiten ein grösseres,
zweitheiliges spitzbogiges Fenster. Ueber ihm befindet sich eine Steingallerie, aus
der auf jeder Ecke eine Abgussröhre weit hervorragt, und innerhalb deren eine
achtseitige Spitze sich erhebt.
Er dient als Nebenglockenthurm der Kaufmannsgemeinde. Es befinden sich
auf ihm zwei Glocken, eine mit dem Bilde des h. Egidius, dem Wappen der
Patrizierfamilie Longus und, in einem Medaillon, Simsons Kampf mit dem Löwen.
Die Inschrift in Minuskel mit erhabenen Bändern lautet:
Anno dom. m. ccclxxxii seeundo calendarum aprilis quarto post
palmarum.
Die andere Glocke ist 1739 von Christian Brunn- zu Erfurt gegossen (In-
schriften bei Hartung, 1. c, S. 176).

3. Kirchliche Gebäude,
von denen nur noch die Thürine oder andere kleinere Reste erhalten sind.
A. Die Benedictskirche.
Vom linken Geraufer ans war es die Benedictskirche, welche einen Zugang
zur Krämerbrücke darbot. Sie lag an einem kleinen Platze, der nach ihr den
Namen Benedictsplatz führte und dessen Häuser jetzt theils zur Michaelisstrasse,
theils zur Krämerbrücke gehören.
Das Gründungsjahr der Kirche ist nicht bekannt, doch muss dasselbe in eine
sehr frühe Zeit fällen, da sie schon 1175 durch eine Feuersbrunst, die durch einen
in die Krämerbrücke einschlagenden Blitz veranlasst war, zerstört worden ist (Chron.
St. Petr. p. 36, Falkenstein, Hist. T. 69).1
1322 IV. Non. (2.) Sept. wurde sie vom Erzbischof Matthias von Mainz dem
Marienstifte incorporirt und unirt (Würdtwein, 1. c. p. 26 und 233) und ihr am
13. Juni 1332 vom Erzbischof Peter von Nazareth ein Ablassprivileginm ertheilt.
Um das Jahr 1364 muss die Kirche von neuem von einem Brande betroffen
worden sein, wie sich dies aus einem Bittschreiben des Offizials der Probstei des

1 Dominikus irrt daher, wenn er 1. c. S. 125 die Erbauung der Benedictskirche in das
Jahr 1321 setzt. In diesem Jahre wurde nur die bisherige hölzerne Krämerbrücke in Steinhau
ausgeführt. Näher der Wahrheit kommt Erhard, der 1. c S. 215 angiebt, dass die Benedicts-
kirche lange vor 1321, wo die Krämer brücke ihre jetzige Gestalt erhielt, bestanden haben müsse.
 
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