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Tettau, Wilhelm
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 13): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Erfurt und des Erfurter Landkreises — Halle a. d. S., 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.41154#0244
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Kreis Erfurt.

14. Jahrh. ein Neubau der Kirche in Stein, und zwar des gegenwärtig noch vor-
handenen Gebäudes, stattgefunden. Diese Ansicht hat, obwohl sie nicht quellen-
mässig begründet werden kann, grosse Wahrscheinlichkeit für sich. Namentlich
scheint es gewiss, dass der Bau der Kirche in Stein, wie sie jetzt besteht, in keine
spätere Zeit als das 14. Jahrh. fällt. Denn, wie der Augenschein zeigt, ist das
nördliche Seitenschiff dem Hauptschiffe erst später hinzugefügt; dies geschah aber,
nachdem die Universität gegründet worden (1378) und die Michaeliskirche in Ver-
bindung mit dieser getreten war (Beyer, 1. c. S. 67), also unzweifelhaft im Anfänge
des 15. Jahrhunderts.
In dieser Weise existirt der Bau noch gegenwärtig, insbesondere hat keine
der vielen grossen Feuersbrünste, welche im 13., 14. und 15. Jahrh Erfurt ver-
wüsteten, die Michaeliskirche erreicht, so nahe sie ihr auch theilweise gekommen
sind. Die einzigen Veränderungen, welche das Aeussere der Kirche seitdem
erfahren, die Erbauung der Dreifaltigkeitskapelle an der Südseite desThurmes über
dem Eingänge zum Kirchhofe 1500, die Einfügung der Grabsteine vou Mitgliedern
der Familie v. d. Sachsen in die nördliche Umfassungsmauer und eine 1745 mit
der Spitze des Thurmes vorgenommene Veränderung, haben keinen wesentlichen
Einfluss in der in Rede stehenden Beziehung gehabt.
Die Michaeliskirche war die erste Kirche Erfurts, in welche die Reformation
Eingang fand. Schon 1522 ward Johann Kühlsamer als evangelischer Prediger
an derselben angestellt und, nachdem dieser 1523 einer Berufung an die Universität
Wittenberg gefolgt war, der um die Einführung der neuen Lehre in Erfurt hoch-
verdiente Prior des Augustinerklosters Johann Lange dessen Nachfolger.
Die Gemeinden zweier benachbarten Parochien, die der Georgen- und der
Servatiuskirche, wurden 1525 resp. 1530 der der Michaeliskirche ein verleibt.
1599 wurde eine Reparatur der Kirche vorgenommen, auf die sich eine an
einem Balken befindliche Inschrift:
Mille ubi quiugenti deni noviesque peracti
Sunt annique novem est haec renovata doinus.
bezieht (Notizen über einige Kirchen Erfurts S. 42, 43).
Was seitdem in baulicher Beziehung geschehen, beschränkt sich auf das
Innere und ist nicht erheblich.
1652 wurde eine Orgel beschafft und an der südlichen Seitenmauer auf-
gestellt (Friese, 1. c. V, S. 2332), 1682 ein neuer Altar gebaut (ibid. IV, S. 1289,
1290), 1753 die Orgel von der vorerwähnten Stelle auf das zu diesem Zwecke
umgebaute und mit achtspännigen Hölzern unterfahrene Singechor versetzt, und
von dem Orgelbauer Wegner erneuert, der dafür ausser sonstigen Verabreichungen
480 Rthlr. erhielt (ibid. V, S. 2332).
1820 fand eine Renovirung des Innern statt, wobei dieses zwar freundlicher
und zur Benutzung geeigneter ward, aber auch manches Denkmal seiner Ver-
gangenheit einbüsste. Auch noch später hat dasselbe einige weniger wesentliche
Veränderungen erfahren, wie denn namentlich die Michaeliskirche die erste Kirche
Erfurts gewesen ist, die mit einer Heizeinrichtung versehen wurde.
 
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