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Tettau, Wilhelm
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 13): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Erfurt und des Erfurter Landkreises — Halle a. d. S., 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.41154#0252
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232

Kreis Erfurt.

Bedeckt ist die Kirche von einem Satteldache, so weit aber der Thurm reicht,
einem Pultdache, dass bedeutend tiefer hinabreicht als jenes und die ursprüngliche
Höhe der Umfassungsmauer anzeigt.
Der Thurm ist viereckig mit geringer Verjüngung in seinen vier unteren
Geschossen, welche mit kleinen schmalen viereckigen Lichtöfinungen versehen
sind und mit einem Kaffgesimse abschliessen. In dem obersten dieser Geschosse
befindet sich eine Uhr mit Schlagglocke, die von dem Peterskloster dorthin ge-
kommen ist. Der Thurm, dessen Höhe bis zur Gallerie 23 m beträgt, steht an der
südwestlichen Ecke des Langhauses, tritt aber erheblich vor dessen südliche Mauer
vor. Sein oberstes, gerade emporsteigendes Geschoss enthält grosse, zweitheilige,
spitzbogige Fenster mit Masswerk und wird von einer Steingallerie bekrönt, aus
deren vier Ecken Abgussröhren weit hinausragen. Innerhalb der Gallerie befindet
sich die etwas gedrungene, achtseitige mit Steinplatten gedeckte Spitze, die sich
mit schwacher Schmiege an den Unterbau anschliesst und einen kleinen nach
Süden gerichteten Vorbau hat. Ihre AVetterfahne zeigt das Bild des h. Andreas.
Das Innere der Kirche ist ebenso schlicht als das Aeussere, aber nicht un-
freundlich. Es ist einschiffig, mit geradem Chorabschluss und flacher Holzdecke.
Auf der Nord-, West- und Südseite befinden sich zwei Reihen von Emporen.
Der auf der Ostseite stehende, wie schon oben bemerkt, aus dem Jahre 1688
herrührende Altar, den Dominikus (1. c. S. 119), jedoch schwerlich mit allgemeiner
Zustimmung, für „unleugbar schön“ erklärt, ist in Barockstyl. Ueber ihm be-
findet sich die Kanzel, auf seiner einen Seite die Statue des h. Andreas, auf der
andern die des h. Mauritius. Die Orgel ist 1789 von J. G. Kummer erbaut und
ein tüchtiges AVerk.
An Kunstwerken ist die Kirche arm. Am bemerkenswertesten ist ein
Steinrelief in der westlichen Mauer unterhalb der Orgel, eine Grablegung Christi,
früher reich vergoldet, ebenfalls 1860 von Kölling restaurirt. Es befand sich
früher an der Kirchhofsmauer. Der im Schosse Marias ruhende Leichnam ist von
den heiligen Frauen umgeben. Es ist dies eine tüchtige Arbeit aus dem 15. Jahrh.
— Auch eine kleine marmorne Bildsäule des h. Andreas ist nicht ohne A7erdienst.
— Das schöne in Holz geschnitzte Epitaphium der Familie Schwengefeld liegt
gegenwärtig in einer Ecke des Thurmes. — Ein Bildniss Luthers, das früher über
der Kanzel hing, gilt, wenn es auch an sich ziemlich gut ist, doch schwerlich mit
recht für ein Original von Lucas Cranach. Einige jedoch nicht bedeutende
Gemälde befinden sich in der Sakristei. Darunter, über der Eingangsthüre, eines
mit Christus am Kreuz, das wohl früher als Altarbild gedient hat.
Die Kirche besitzt drei Glocken, von denen zwei neu, die erste 13, die
andere 8 Ctr. schwer, erst 1849 von Benjamin Sorge gegossen sind, die dritte, ein
AVerk des Melchior Möring, von 1599 ist. Sie ist 37 Ctr. schwer und von schönem
Tone. Sie stimmte einst so harmonisch zu den Glocken des Petersklosters, dass
dieses sich, aber erfolglos, die grösste Mühe gab, sie zu erwerben (Böclmer, Peters-
kloster II, S. 97). Der Sage nach erbot dasselbe sich sogar, dafür ein von seinem
Thurme bis zu dem der Andreaskirche reichendes Band mit Gulden, Stück an
Stück, belegen zu lassen (Hartung, 1. c. S. 156). Die Glocke zeigt auf der einen
Seite das Bild des h. Andreas, auf der andern das Erfurter Wappen. Die In-
schrift lautet:
 
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