Landeskundliche Einleitung.
XXIII
6. Pie Abstammung der Bevölkerung
und ihre Mundarten.
IVas nun die Abstammung und Zugehörigkeit der Bevölkerung
in beiden Mansfelder Kreisen betrifft, so waren dieselben um die Zeit von Christi
Geburt, ohne Zweifel von Hermunduren, also Germanen besetzt. Als Nachkommen
dieser Hermunduren sind die Thüringer (Toringer oder Duringe) zu betrachten,
welche sich jedoch, vielleicht schon im dritten oder vierten Jahrhundert n. Chr. G.,
mit suebischen Völkerschaften, die von der Küste der Ostsee und der cimbrischen
Halbinsel in das heutige Thüringen gezogen sind, vermischt haben. Der Name
der neuen Zuzügler, nämlich der Angeln und Warnen oder Weriner, erhielt
sich mehrere Jahrhunderte hindurch iu den Namen einiger nach ihnen benannter
Gaue, des an der mittleren Unstrut gelegenen Gaues Engilin oder Englehcm
(— Angelnheim) und des östlich der Saale gelegenen Gaues H wer en ave Ido
(= Gefilde der Weriner), ging aber schliesslich in dem der hermundurischen
Duringe unterJ Diesen anglischen und warnischen Zuzüglern ist die Gründung
derjenigen Ortschaften zuzuschreiben, deren Name die Endung — stedt oder -
leben trägt. Schon um den Beginn des fünften Jahrhunderts, wo der Name
der Thüringer zuerst genannt wird, muss man sich die AMrschmelzung der westlich
der Saale angesiedelten Angeln und Weriner mit den Nachkommen der Hermun-
duren als vollzogen denken, infolge deren ein Fürst aus anglischem Blute zum
König des neuen thüringischen Stammes erhoben worden zu sein scheint. Als
erster uns bekannter König dieses Thüringerreiches erscheint in der zweiten
Hälfte des fünften Jahrhunderts Basinus oder Bisino, dessen Königssit.z höchst
wahrscheinlich die im Mansfelder Seekreise gelegene Bösenburg (urkundlich Bi-
siniburg) war, wie auch die Orte Besenstedt (Bisinistede) und Biesenrode (Bisen-
rot), desgleichen Königswiek unweit Besenstedt diesem Bisino ihren Ursprung
verdanken dürften. Im Jahre 531 aber wurde durch die mit einer sächsischen
Abenteurerschar verbündeten Franken dem thüringischen Königreiche ein Ende
gemacht, und nun erhielten die Sachsen zum Lohn für die von ihnen gewährte
Waffenhilfe alles Land zwischen Saale, Unstrut, Harz und Bode, also auch alles
Land, welches heutzutage die beiden Mansfelder Kreise umfassen. Seit dieser
Zeit wurde der nördliche Teil des ehemaligen thüringischen Königreichs, das die
Wiege des thüringischen Königsgeschlechtes gewesen, zu Sachsen gerechnet und
seine Bewohner als Sachsen bezeichnet. Doch schon wenige Jahrzehnte später
verliessen die sächsischen Eroberer ihre neugewonnene Heimat, um im Verein
mit den ihnen verwandten oder doch befreundeten Langobarden sich in Italien
eine noch schönere zu gewinnen. Die fränkischen Könige machten sich diese
Gelegenheit sofort zu nutze und siedelten alsbald nach dem Abzüge der Sachsen
' VgL hierzu folgende Untersuchungen von H. Gross]er: Der Name der Gaue
Suevon, Hassegau und Friesenfeld. (Neue Mitteil. XVII, 8 207—210.) — Wo sassen die
Weriner der lex Thuringorum? (Neue Mitteil. XVI, 8.409—419.) — Der gemeinsame
Umfaug der Gaue Frieseni'eld u Hassegau (Zeitsclir. des Harzvereins VI, 8. 267—286 (1873)
und IX, 8. 105—109 (1876.) — Die Besiedelung der Gaue Friesenfeld u. Hassegau (Zeitschr.
des Harzver. VIII, 8.92—131.) — Die Binnengrenzen der Gaue Friesenfeld u. Hassegau
^Zeitschr. des Harzver. IX, 8. 51—105.)
XXIII
6. Pie Abstammung der Bevölkerung
und ihre Mundarten.
IVas nun die Abstammung und Zugehörigkeit der Bevölkerung
in beiden Mansfelder Kreisen betrifft, so waren dieselben um die Zeit von Christi
Geburt, ohne Zweifel von Hermunduren, also Germanen besetzt. Als Nachkommen
dieser Hermunduren sind die Thüringer (Toringer oder Duringe) zu betrachten,
welche sich jedoch, vielleicht schon im dritten oder vierten Jahrhundert n. Chr. G.,
mit suebischen Völkerschaften, die von der Küste der Ostsee und der cimbrischen
Halbinsel in das heutige Thüringen gezogen sind, vermischt haben. Der Name
der neuen Zuzügler, nämlich der Angeln und Warnen oder Weriner, erhielt
sich mehrere Jahrhunderte hindurch iu den Namen einiger nach ihnen benannter
Gaue, des an der mittleren Unstrut gelegenen Gaues Engilin oder Englehcm
(— Angelnheim) und des östlich der Saale gelegenen Gaues H wer en ave Ido
(= Gefilde der Weriner), ging aber schliesslich in dem der hermundurischen
Duringe unterJ Diesen anglischen und warnischen Zuzüglern ist die Gründung
derjenigen Ortschaften zuzuschreiben, deren Name die Endung — stedt oder -
leben trägt. Schon um den Beginn des fünften Jahrhunderts, wo der Name
der Thüringer zuerst genannt wird, muss man sich die AMrschmelzung der westlich
der Saale angesiedelten Angeln und Weriner mit den Nachkommen der Hermun-
duren als vollzogen denken, infolge deren ein Fürst aus anglischem Blute zum
König des neuen thüringischen Stammes erhoben worden zu sein scheint. Als
erster uns bekannter König dieses Thüringerreiches erscheint in der zweiten
Hälfte des fünften Jahrhunderts Basinus oder Bisino, dessen Königssit.z höchst
wahrscheinlich die im Mansfelder Seekreise gelegene Bösenburg (urkundlich Bi-
siniburg) war, wie auch die Orte Besenstedt (Bisinistede) und Biesenrode (Bisen-
rot), desgleichen Königswiek unweit Besenstedt diesem Bisino ihren Ursprung
verdanken dürften. Im Jahre 531 aber wurde durch die mit einer sächsischen
Abenteurerschar verbündeten Franken dem thüringischen Königreiche ein Ende
gemacht, und nun erhielten die Sachsen zum Lohn für die von ihnen gewährte
Waffenhilfe alles Land zwischen Saale, Unstrut, Harz und Bode, also auch alles
Land, welches heutzutage die beiden Mansfelder Kreise umfassen. Seit dieser
Zeit wurde der nördliche Teil des ehemaligen thüringischen Königreichs, das die
Wiege des thüringischen Königsgeschlechtes gewesen, zu Sachsen gerechnet und
seine Bewohner als Sachsen bezeichnet. Doch schon wenige Jahrzehnte später
verliessen die sächsischen Eroberer ihre neugewonnene Heimat, um im Verein
mit den ihnen verwandten oder doch befreundeten Langobarden sich in Italien
eine noch schönere zu gewinnen. Die fränkischen Könige machten sich diese
Gelegenheit sofort zu nutze und siedelten alsbald nach dem Abzüge der Sachsen
' VgL hierzu folgende Untersuchungen von H. Gross]er: Der Name der Gaue
Suevon, Hassegau und Friesenfeld. (Neue Mitteil. XVII, 8 207—210.) — Wo sassen die
Weriner der lex Thuringorum? (Neue Mitteil. XVI, 8.409—419.) — Der gemeinsame
Umfaug der Gaue Frieseni'eld u Hassegau (Zeitsclir. des Harzvereins VI, 8. 267—286 (1873)
und IX, 8. 105—109 (1876.) — Die Besiedelung der Gaue Friesenfeld u. Hassegau (Zeitschr.
des Harzver. VIII, 8.92—131.) — Die Binnengrenzen der Gaue Friesenfeld u. Hassegau
^Zeitschr. des Harzver. IX, 8. 51—105.)