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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 8
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Frimmel, Theodor von: Aus der Sammlung Todesco: (statt einer Antwort im Briefkasten)
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0179
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Nr. 8.

149

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

wird selten in einer Familie so viele Lenbachs
beisammen gefunden haben, wie bei Todesco.
Ein Hauptstück darunter ist das Brustbild
der Frau Henriette Gompertz, das Lenbach
augenscheinlich mit größter Freude am Kunst'
schaffen ausgeführt hat (Pastell, mit kühnen
Strichen in Deckfarbe übergangen. Gegen-
wärtig gehört es L. v. Lieben). Bildniskünstler,
die ich 1891 nur rasch in unsicherem Zu-
sammenhang notiert habe, sind dann noch
Ricard, Amerling und Eduard Charlemont
unter den neueren; von alten Bildnissen hören
wir noch. Zunächst sei von einigen Zeitgenossen
des Barons Eduard gesprochen. Bei Fried-
rich Gauermann kaufte der Baron 1846
zwei Gemälde-1"1'). Ein bedeutendes Bild von
L. Gallait: die letzten Augenblicke des Gra-
fen Egmont (kleine Wiederholung des Bildes
in der Brüsseler Galerie) ist nicht vom Künst-
ler erworben, sondern (1869) bei der Versteige-
rung der Wiener Galerie Galvagni erstanden
worden'1'), wo Todesco auch Bilder von De
Bello, Hassenpflug, R. Huber und Raffalt jun.
kaufte. Von älteren oder jüngeren Zeitgenossen
des Barons konnte ich in der Bilderei noch
bemerken Van Hove (zwei Mägde mit Wäsche),
Gudin (Brandung von 1833), C. Marco (Land-
schaft mit mythologischen Figuren, 1833, aus
der Sammlung Arthaber), Verheyden (spie-
lende Landmädchen), Schelfhout (kleines
Winterbild), De Notre (kleines Küchenstill-
leben von kühler Färbung), Hendrick Lys
(Figurenbild), J. O’Connel (Psyche und Amor,
1851). De Keyser (Mädchen, ins Bad steigend,
lebensgroßes Kniestück von vornehmer Auf-
fassung). Die Namen Verb oekhoven und
Ti dem and wurden rasch notiert.

Die älteren Gemälde der Sammlung
stammen zumeist aus den Versteigerungen
Galvagni und Gsell. Zwei Rundbilder, die als
Werke des Domenechino galten, kamen aus
Brüssel, ein großer Rottenhammer aus Venedig
in Todescos Besitz. Bei manchen muß ich den
Herkunftsnachweis schuldig bleiben.

Schlagen wir den Katalog der Galva-
gnischen Versteigerung auf, so führen uns
folgende alte Bilder in die Sammlung Todesco:
Baltasar Denner: altes Weib beim Nähen
(H. o-47, Br. 0-38), Pieter de Hooghe: Trik-
trakspieler (Holz, H. 0 63, Br. 0-47), Tintoretto:
Porträt des Dogen Trevisani (Leinwand auf

•■) Vgl. Gauermamis Einnahmebuch, mitgeteilt
in der Zeitschrift für bildende Kunst; vgl. zu 1846,
Band XVIII. S. 330. Todesco hat 1856 im Wiener
Kunstverein ausgestellt.

Im Auktionskatalog Galvagni beschrieben als
Nr. 29. Eine handschriftliche Eintragung im Exem-
plare. das ich bei Julius Stern durchgesehen habe,
sagt: „f. 8750 Todesco“, d. h. dafl Baron Todesco das
Bild um 8750, vermehrt um den gebräuchlichen Zu-
schlag an sich gebracht hat. Das Bild ist in der Gallait-
literatur wiederholt besprochen.

Holz aufgezogen, B. o-5o, H. o'68), Veronese:
ein schönes italienisches Mädchen, ein Gefäß
mit Früchten tragend. Auf Leinwand H. i-oo,
Br. o-85* **)). Von der Erwerbung neuerer Stücke
aus Galvagnis Sammlung war schon oben die
Rede.

Gehen wir den Provenienzen aus der
Wiener Galerie Gsell nach, so stoßen wir im
Versteigerungskatalog schon bei Nr. 18 auf
ein bedeutendes Kunstwerk, das zwar zunächst
durch den Händler Plach erstanden wurde,
aber alsbald in Todescos Besitz überging-1'-1').
Die Benennung „Joh. Brueghel“ des Gsellschen
Kataloges ist nicht haltbar. Vielmehr stellt sich
die Urheberschaft des jüngeren Peeter Brue-
ghel als ziemlich sicher heraus. (Eine Signatur
rechts unten lautet: P. BRVEGHEL 1590?)
Auf Jan Brueghel mag man verfallen sein, da
ein bekanntes Bild des Jan Brueghel der
Münchener Pinakothek (Nr. 680) wesentlich die-
selbe Darstellung bringt***). Sie ist sehr ver-
kleinert und Jan hat auch die ihm eigentüm-
liche verfeinerte Malweise walten lassen, im
Gegensatz zu der mehr urwüchsigen Weise
des alten Brueghel, die uns im Todescobild
entgegentritt. Die Darstellung betrifft die
Predigt des Johannes, und die Anordnung
ist dieselbe, wie auf dem Bilde der Dresdener
Galerie Nr. 819 A, das als Peeter Brueghel der
ältere katalogisiert ist, dieselbe wie auf einem
analogen Stück der fürstlich Liechtenstein-
schen Galerie (seit einiger Zeit wieder aufge-
stellt) und wie auf noch anderen Exemplarenf).

■:•) Der Katalog ist selten, daher ich die Abmes-
sungen sogleich mit hersetze. Die Benennungen der
angeführten Bilder sind nicht in allen Fällen über-
prüft worden.

**) Im Exemplar des Kataloges, das Herr Dr. Al-
bert Figdor mir freundlichst zur Verfügung stellte,
steht „Plach“ als Käufer notiert. Herr Ingenieur Bos-
cowitz in Wien, ein persönlicher Bekannter Todescos,
teilte mir mit, das Bild sei an den Baron Todesco ge-
langt. Bei der Witwe sah ich es noch 1891.

***) Nach der Beschreibung scheint auch ein Jan
Brueghel von 1596 hieher zu gehören (auf Kupfer
36 X 26), der 1872 bei Sedelmeyer in Wien yersteigert
wurde. Dieses Bildchen ist mir nicht aus eigener An-
schauung bekannt.

-]-) Woermanns Katalog der Dresdener Galerie
und Woltmann-Woermanns Geschichte der Malerei
(III, 67) geben einige Notizen über Brueghelsche Bilder
mit der Predigt Johannis.

In neuerer Zeit ist auch vom Antwerpener Mu-
seum eine weitere große Wiederholung angeschafft
worden. Nach meiner Gedächtnisvergleichung stimmt
sie in allen Hauptfiguren mit dem Bilde bei Todesco
überein, auch in der Verteilung der Baumstämme.
Weniger sicher ist meine Behauptung, daß die Dar-
stellung auf einer Kopie nach Brueghel im Palais des
beaux arts zu Lille (Nr. 787) dieselbe sei, wie auf un-
serem Exemplar. Nicht uninteressant ist es, daß der-
selbe Hintergrund wie auf dem Bild der Sammlung
Todesco wiederkehrt auf einem Brueghel mit anderen
Figuren in der Wiener Sammlung Wertheimstein.
Die Predigt Johannis, die in den Katalogen der Schleiß-
heimer Galerie auf den älteren Peeter Brueghel be-
zogen wird, ist ein Werk des David Vinckboons.
Es trägt, wenn auch nicht auffallend, aber immerhin
 
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