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Nr. 8.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
Einmal davon unterrichtet, daß von der-
selben Komposition mehrere Exemplare da
sind, möchte ich mit dem Herkunftsnachweis
vorsichtig sein. Der Katalog Gsell weist auf
die Wiener Sammlung Hofbauer. Das kann
richtig sein, doch vermag ich keinen Beweis
dafür zu erbringen. Viel früher, als die Hof-
bauersche Galerie beisammen war, befand sich
„Ein heiliger Johannes in der Wüste predi-
gend" von ..Brügl“ in der Sammlung des Reichs-
ritters Jacob Michael Edlen von Smitmer zu
Petersdorf bei Wien* *). Die Abmessungen:
5 Fuß i/„ Zoll Breite und 3 Fuß 51, Zoll Höhe
gehen mit denen des Bildes bei Todesco zu-
sammen, wonach wenigstens die Möglichkeit
offen steht, daß das Smitmersche Exemplar
(im Jahre 1778) nachweisbar um zirka ein
Jahrhundert später (1872 bei der Auktion
Gsell) zu Todesco gelangt wäre.
Nr. 170 der Galerie Gsell kam gleich dem
Brueghel durch Plach an Baron Todesco. Dies-
mal ist’s ein Italiener, ein nicht mehr voll'
kommen gut erhaltener, aber bei alledem
wohl erkennbarer Tintoretto. der, als ich
ihn sah, noch auf dem alten geköperten Stoff
saß. Ein venezianischer Nobile in dunkler
Kleidung ist dargestellt. Halbfigur mit Händen.
Als Herkunft wird im Gsellschen Katalog die
Sammlung Boehm genannt. Danach dürfte
das vorliegende Bildnis mit der Nummer 1710
der Auktion Boehm zusammenfallen, die einen
Tintoretto mit denselben Abmessungen ver'
zeichnet, wie der Gsellsche Tintoretto (Höhe
1 m, Breite o-82). Eine schlechte Abbildung
nach diesem Bilde findet sich im Katalog Gsell.
Ebendort ist auch der angebliche Tizian ab'
gebildet (Katalog Gsell. Nr. 177), der gleichfalls
durch Plach an Baron Todesco gelangt ist. Ich
habe dieses Bild für eine vorzügliche alte
Kopie nach dem Porträt des Papstes Paul III.
(Exemplar mit den ausgebreiteten Fingern
der rechten Hand) von Tizian gehalten, das
sich im Museum zu Neapel befindet**). Die
Darstellung ist auf beiden Bildern dieselbe.
deutlichst leserlich die Signatur Davidt Vinc. boons
f. A" 1611 und ist durchaus mit den Menschentypen
dieses Vinckboons komponiert und in dessen Weise ge-
malt. (So notierte ich 1903. Die Rahmenaufschrift
nannte P. Brueghel als Autor.) Ein Exemplar der
Brueghelschen Predigt Johannis, das sich in Gotha
befinden soll, müllte dort meinem Blicke entgangen
sein. Ich habe nichts dergleichen in Gotha notiert, da-
gegen verweist mich eine alte Aufschreibung auf die
kleine Gemäldesammlung in der Burg zu Nürnberg,
wo ich einen ziemlich großen Brueghel mit der Pre-
digt Johannis gesehen habe. Wie mir mitgeteilt wird,
findet sich im großherzoglich Weimarschen Besitz
eine Zeichnung von einem Bruyn nach der Brue-
ghelschen Predigt Johannis.
*) Das Bilderverzeichnis wird der Güte der Frau
Baronin Haan verdankt.
**) Über die Bildnisse Pauls III. von Tizian vgl.
Crowe und Cavalcaselle: Tizian (deutsche Ausgabe,
S. 444 ff.).
Das Bild bei Todesco ist gewiß alt und von ho-
hem künstlerischen Wert, auch wenn man für
die Urheberschaft des Tizian kaum einstehen
wird. Der Katalog Gsell, der noch weitere
Kopien und Wiederholungen nennt, gibt als
Vorbesitzer den „Grafen" Festetits an (es ist
Samuel von Festetits, der bekannte Wiener
Sammler) und sagt überdies: „Das Bild kam
aus dem Besitze eines altadeligen Hauses in
Brescia in jenen der Aeltern des Grafen Feste-
tits.“
Bei Gsell galt eine kleine Findung Mosis
als Werk des Paolo Veronese (Nr. 188), die
wieder durch Plach an Todesco gekommen
ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß man
es mit einer Kopie zu tun hat. Der Katalog
Gsell nennt als Herkunft die „Galerie Berry".
Unter dem merkwürdigen Namen „Rocco
M." steht im Katalog Gsell (Nr. 164) ein gro-
ßes Breitbild mit der Sünderin vor Christo ver-
zeichnet. Gemeint ist Rocco Marconi, doch
gehört das Bild näher an Bonifazio heran,
als an Marconi. Auch diese Leinwand kam
zu Todesco.
Eine Bellineske Santa Conersazione
(bei Gsell als Giovanni Bellini) ging denselben
Weg von Gsell zu Todesco.
Überdies stammt noch ein Pieter Lely
(Ritterfigur, kaum halbe Lebensgröße), ein
Stilleben von J. Gillig (früher in der Samm-
lung Vitzay) und ein neueres Bild, ein Jos.
Feid, 1844 gemalt, aus Gsells Besitz.
Nr 228 des Gsellschen Verzeichnisses be-
trifft nun das altdeutsche Bild, das ein-
gangs erwähnt wurde und das seit ungefähr
1896 Bestandteil der Sammlung Figdor ge-
worden ist. Für den Übergang von der Samm-
lung Gsell in die des Barons Todesco diente
auch hier wieder der Händler Plach als Ver-
mittler. Die ältere Benennung des gut erhal-
tenen Stückes zielt auf Michael Wolgemut.
Sie ist auch in Waagens Buch über die vor-
nehmsten Kunstdenkmäler in Wien beibe-
halten (I, S. 316), doch wird man sie heute
kaum mehr wiederholen können, wie man
denn auch eine neuere Taufe auf den Namen
Herlin mit Vorsicht erörtern wird. Die Dar-
stellungen sind vom ikonographischen Stand-
punkte aus betrachtet ebenso interessant, wie die
Malweise des ganzen Bildes ein besonderes
Studium verdient. Das kann wohl bei Gelegen-
heit nachgeholt werden.
Wieder nur in aller Knappheit kann ein
aus Venedig stammendes Bild von Johann
Rottenhammer besprochen werden, das
den Parnaß mit Minerva, den Musen und
einigen Nebenfiguren auf verhältnismäßig
großer Fläche zur Darstellung bringt. Etwa
ist auch Minerva als Beschützerin der Musik
insbesondere gemeint, da die gewöhnlichen
Nr. 8.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
Einmal davon unterrichtet, daß von der-
selben Komposition mehrere Exemplare da
sind, möchte ich mit dem Herkunftsnachweis
vorsichtig sein. Der Katalog Gsell weist auf
die Wiener Sammlung Hofbauer. Das kann
richtig sein, doch vermag ich keinen Beweis
dafür zu erbringen. Viel früher, als die Hof-
bauersche Galerie beisammen war, befand sich
„Ein heiliger Johannes in der Wüste predi-
gend" von ..Brügl“ in der Sammlung des Reichs-
ritters Jacob Michael Edlen von Smitmer zu
Petersdorf bei Wien* *). Die Abmessungen:
5 Fuß i/„ Zoll Breite und 3 Fuß 51, Zoll Höhe
gehen mit denen des Bildes bei Todesco zu-
sammen, wonach wenigstens die Möglichkeit
offen steht, daß das Smitmersche Exemplar
(im Jahre 1778) nachweisbar um zirka ein
Jahrhundert später (1872 bei der Auktion
Gsell) zu Todesco gelangt wäre.
Nr. 170 der Galerie Gsell kam gleich dem
Brueghel durch Plach an Baron Todesco. Dies-
mal ist’s ein Italiener, ein nicht mehr voll'
kommen gut erhaltener, aber bei alledem
wohl erkennbarer Tintoretto. der, als ich
ihn sah, noch auf dem alten geköperten Stoff
saß. Ein venezianischer Nobile in dunkler
Kleidung ist dargestellt. Halbfigur mit Händen.
Als Herkunft wird im Gsellschen Katalog die
Sammlung Boehm genannt. Danach dürfte
das vorliegende Bildnis mit der Nummer 1710
der Auktion Boehm zusammenfallen, die einen
Tintoretto mit denselben Abmessungen ver'
zeichnet, wie der Gsellsche Tintoretto (Höhe
1 m, Breite o-82). Eine schlechte Abbildung
nach diesem Bilde findet sich im Katalog Gsell.
Ebendort ist auch der angebliche Tizian ab'
gebildet (Katalog Gsell. Nr. 177), der gleichfalls
durch Plach an Baron Todesco gelangt ist. Ich
habe dieses Bild für eine vorzügliche alte
Kopie nach dem Porträt des Papstes Paul III.
(Exemplar mit den ausgebreiteten Fingern
der rechten Hand) von Tizian gehalten, das
sich im Museum zu Neapel befindet**). Die
Darstellung ist auf beiden Bildern dieselbe.
deutlichst leserlich die Signatur Davidt Vinc. boons
f. A" 1611 und ist durchaus mit den Menschentypen
dieses Vinckboons komponiert und in dessen Weise ge-
malt. (So notierte ich 1903. Die Rahmenaufschrift
nannte P. Brueghel als Autor.) Ein Exemplar der
Brueghelschen Predigt Johannis, das sich in Gotha
befinden soll, müllte dort meinem Blicke entgangen
sein. Ich habe nichts dergleichen in Gotha notiert, da-
gegen verweist mich eine alte Aufschreibung auf die
kleine Gemäldesammlung in der Burg zu Nürnberg,
wo ich einen ziemlich großen Brueghel mit der Pre-
digt Johannis gesehen habe. Wie mir mitgeteilt wird,
findet sich im großherzoglich Weimarschen Besitz
eine Zeichnung von einem Bruyn nach der Brue-
ghelschen Predigt Johannis.
*) Das Bilderverzeichnis wird der Güte der Frau
Baronin Haan verdankt.
**) Über die Bildnisse Pauls III. von Tizian vgl.
Crowe und Cavalcaselle: Tizian (deutsche Ausgabe,
S. 444 ff.).
Das Bild bei Todesco ist gewiß alt und von ho-
hem künstlerischen Wert, auch wenn man für
die Urheberschaft des Tizian kaum einstehen
wird. Der Katalog Gsell, der noch weitere
Kopien und Wiederholungen nennt, gibt als
Vorbesitzer den „Grafen" Festetits an (es ist
Samuel von Festetits, der bekannte Wiener
Sammler) und sagt überdies: „Das Bild kam
aus dem Besitze eines altadeligen Hauses in
Brescia in jenen der Aeltern des Grafen Feste-
tits.“
Bei Gsell galt eine kleine Findung Mosis
als Werk des Paolo Veronese (Nr. 188), die
wieder durch Plach an Todesco gekommen
ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß man
es mit einer Kopie zu tun hat. Der Katalog
Gsell nennt als Herkunft die „Galerie Berry".
Unter dem merkwürdigen Namen „Rocco
M." steht im Katalog Gsell (Nr. 164) ein gro-
ßes Breitbild mit der Sünderin vor Christo ver-
zeichnet. Gemeint ist Rocco Marconi, doch
gehört das Bild näher an Bonifazio heran,
als an Marconi. Auch diese Leinwand kam
zu Todesco.
Eine Bellineske Santa Conersazione
(bei Gsell als Giovanni Bellini) ging denselben
Weg von Gsell zu Todesco.
Überdies stammt noch ein Pieter Lely
(Ritterfigur, kaum halbe Lebensgröße), ein
Stilleben von J. Gillig (früher in der Samm-
lung Vitzay) und ein neueres Bild, ein Jos.
Feid, 1844 gemalt, aus Gsells Besitz.
Nr 228 des Gsellschen Verzeichnisses be-
trifft nun das altdeutsche Bild, das ein-
gangs erwähnt wurde und das seit ungefähr
1896 Bestandteil der Sammlung Figdor ge-
worden ist. Für den Übergang von der Samm-
lung Gsell in die des Barons Todesco diente
auch hier wieder der Händler Plach als Ver-
mittler. Die ältere Benennung des gut erhal-
tenen Stückes zielt auf Michael Wolgemut.
Sie ist auch in Waagens Buch über die vor-
nehmsten Kunstdenkmäler in Wien beibe-
halten (I, S. 316), doch wird man sie heute
kaum mehr wiederholen können, wie man
denn auch eine neuere Taufe auf den Namen
Herlin mit Vorsicht erörtern wird. Die Dar-
stellungen sind vom ikonographischen Stand-
punkte aus betrachtet ebenso interessant, wie die
Malweise des ganzen Bildes ein besonderes
Studium verdient. Das kann wohl bei Gelegen-
heit nachgeholt werden.
Wieder nur in aller Knappheit kann ein
aus Venedig stammendes Bild von Johann
Rottenhammer besprochen werden, das
den Parnaß mit Minerva, den Musen und
einigen Nebenfiguren auf verhältnismäßig
großer Fläche zur Darstellung bringt. Etwa
ist auch Minerva als Beschützerin der Musik
insbesondere gemeint, da die gewöhnlichen