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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 3.1907

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Heft 1
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Aus der steiermärkischen Landesgalerie zu Graz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27900#0042
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16

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. i.

Der Autor des Bildes in Graz ist der
jüngere Domenico Pellegrini, ein vene'
zianischer Maler aus der Zeit um 1800,
der auch in London und mutmaßlich
auch in Paris tätig war. Daher das Auf'
treten des Bildes in einer englischen
Sammlung. Auf einen Zusammenhang
mit Frankreich deuten Pellegrinis Kom'
Positionen mit Vorgängen aus der fr am
zösischen Revolution. Diese Komposi'
tionen sind von N. Schiavonetti ge'
stochen. Domenico Pellegrini der jüngere
hat seine Sammlung der Accademia di
San Luca zu Rom vermacht. Dort findet
sich noch seine Hebe mit dem Adler
aus dem Jahre 1803 (Körper fast ganz
nackt. Nur um den rechten Ober'
Schenkel ist eine Art Schleier gelegt).
Frische, pastose Malerei. Sattblauer
Himmel, sattroter Mantel, hellweißes
Linnen. Bezeichnet und datiert: „Dco
Pellegrini“, darunter „1803“ (kurze Er'
wähnung in der „Guida per visitare la
Galeria e le Sale della . . Accademia . .
di San Luca“ 1882, S. 7 und 17 und in
Barbier de Montault „Musees de Rome“
S. 336). Den Zusammenhang mit der
Heimat Venedig betont uns ein Bild'
nis des Prokurators von San Marco
Alvise Pisani, das 1793 gemalt und da'
nach von Bartolozzi gestochen ist. Die
Nachträge zu Füßlis Lexikon (S. 1050)
nennen Pellegrini (ohne Vornamen)
einen Venezianer, „der sich um 1802
schon seit zehn Jahren zu London be'
fand“. Eine Hochzeit zuCana von diesem
Pellegrini sei von Schiavonetti gestochen.

Ich mußte auf diesen Pellegrini etwas
näher eingehen, da sich die gewöhnlichen
Handbücher über ihn gründlich aus'
schweigen. Von der venezianischen Ge'
Schichtsschreibung wird er vollständig
übersehen. Und doch ist er ein Talent
von Rang gewesen.

Eine dankenswerte Ergänzung der
eigentlichen Galerie findet sich in der
Abteilung für kirchliche Kunst.
Dort werden mehrere Werke der Malerei

vorgefunden, die höchst beachtenswert
sind und namentlich die Kenntnisse vom
Alpenstil in steirischen Landen zu er'
weitern geeignet sind. Die Altarwerke
und Votivtafeln in dieser Abteilung des
Museums stammen aus steiermärkischen
Kirchen und sind fast sicher im Lande
selbst entstanden. Eines dieser Gemälde
wird auf der ersten Seite dieses Heftes
abgebildet. Es ist die Stiftungstafel
für Ulrich Reicheneker, aus Pürgg
stammend, die für die Gemäldekunde
eine gewisse Bedeutung hat. Denn dieses
Epitaph gehört dem frühen 15. Jahr'
hundert an und ist eines der seltenen
Beispiele von reichlicher Versilberung
auf Tafelgemälden. Silbern ist die Schrift.
Überdies kommt an den Wappen und
Rüstungen vieles Silber vor. Die In'
schrift in gotischer Mönchsschrift be'
ginnt oben links und lautet folgender'
maßen: „anno iinnüni milrfima rrrr°
ürriina aliiit iilririj firidjrtiflirr frria trrtia
polt fpftmn margflrfttjf Ijir fqniltiis“.

Nach dieser Inschrift läßt sich in Ver'
bindung mit dem Stil der ganzen Votiv'
tafel annehmen, daß sie noch 1410 oder
kurz danach entstanden ist. Die Dar'
Stellung läßt sich dem Wesen nach ver'
stehen. Vor dem Christkinde, das von
Maria gehalten wird, kniet Ulrich
Reicheneker, für dessen Grab die Tafel
hergestellt wurde. Zwei Schutzheilige
stehen dabei; etwas links von der Mitte
ist vielleicht Sankt Ulrich gemeint, wie
ungewöhnlich auch eine Ulrichdarstellung
mit Buch und Radiermesser sein mag
(man würde eher einen Evangelisten
oder Kirchenvater annehmen, wenn nicht
der kniende Ritter Ulrich benannt wäre).
Graus deutet den Heiligen des Messers
wegen als Sankt Bartolomäus. Ich denke
an einen schreibenden Heiligen, da
Ulrich Reicheneker Landschreiber war.
Rechts steht ein heiliger Ritter mit
Schwert und Fähnchen. Der heilige
Georg mag gemeint sein. Die Fahne
ist nach Graus die der Georgsritter in
 
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