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BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
Nr. 7.
zu dessen Sohn, dem Künstler, und mit
diesem nach Livland ist nun der Weg
bald gefunden. Dann ruhen die Bildchen
lange in der Familie; 1907 kommen
sie bei der Ausstellung in Riga zum
Vorschein. Danach waren sie vor-'
übergehend bei Herrn Dr. A. Buchholz
in Berlin. Von dort kamen sie zu
Figdor.
Füger malte (nach Raab) kleine
Bildnisse schon in seinem elften Jahre,
ohne Anleitung. Dann kam eine aka-
demische Ausbildung unter Guibal da-
zwischen. In Halle wollte Füger darauf
Jura studieren. Sein älterer Bruder
Gottlieb Christian war dort Theolog.*)
Aber Heinrich Friedrich neigte immer
mehr zu den bildenden Künsten, als
zur Gelehrsamkeit, obwohl er beim
Astronomen Joh. Andreas v. Segner in
Optik und Perspektive unterrichtet
wurde. Als erste Arbeit, die künstlerisch
ernst zu nehmen war, wird ein Minia-
turporträt des Georg Melchior Rederer
genannt. Am 28. Februar 1768 wurde sie
gemalt.**) Um dieselbe Zeit, noch 1768
und 1769, sind die Bildnisse Segners
und seiner Frau entstanden, deren
Wanderungen oben mitgeteilt worden
sind.
Wir betrachten sie nun selbst im
Original und in der nur wenig ver-
kleinerten Abbildung, um zu bemerken,
daß hier noch alles deckend gemalt und
überaus peinlich sorgfältig behandelt
ist im Gegensatz zur leichten, duftigen,
durchsichtigen Weise der Miniaturen
vom reifen Füger. Das Blau des Schlaf'
rockes, in den Herr Professor Segner
*) Beide sind dargestellt auf einer Miniatur
im Besitz des Herrn Professors Dr. Emil
Kauffmann in Tübingen. Durch Laban ver-
öffentlicht ; Abbildung bei Leisching: Die
Bildnisminiatur, S. 69.
**) 1879 noch im Besitz des jüngeren
Füger und ausgestellt im Wiener Künstler-
haus. Seither zur Frau Fürstin Wilhelmine
Auersperg - Kinsky gelangt. Abb. bei Lei-
sching, S. 68.
sich gehüllt hat, ist schwer und fast
ungebrochen. Ungemein ins Einzelne
durchgebildet das Gesicht, die Hände,
der braune Pelzbesatz des Rockes, die
graue Pelzmütze und was sonst noch
an Einzelheiten zu bemerken ist; nicht
zuletzt der Zirkel in Segners Hand. —
Voller technischer Feinheiten, jedoch
alles in ehrlichster Treue wiedergegeben;
auch das Bildchen mit der Frau Pro-
fessor am pultförmigen Klöppelpolster.
Die Spitzenhaube mit Dou-scher Ge-
wissenhaftigkeit durchgebildet. Auf dem
rundlichen blau bezogenen Nadelpölster-
chen, das vorne angebracht ist, möchte
man mit der Lupe die Nadeln zählen.
Der grüne Pelzmantel in weichen breiten
Falten. Und all dieses künstlerische
Geschick bei einem ungefähr Siebzehn-
jährigen. Denn Füger ist 1751 am 8. De-
zember zu Heilbronn geboren. Die Da-
tierung der Segner-Miniaturen ergibt sich
aus Folgendem, das nun auch zur Be-
schreibung beigefügt sei:
Auf den Kehrseiten der Elfenbein-
miniaturen, die noch in der alten Papier-
einfassung stecken, finden sich alte In-
schriften, beide vermutlich von Seg-
ners, möglicherweise von Fügers Hand
und höchstwahrscheinlich jedesmal bald
nach der Überreichung des Opus hin-
geschrieben; sonst wäre es nicht recht
verständlich, warum die eine Inschrift
lateinisch, die andere französisch abge-
faßt ist. Die Miniatur mit der Halbfigur
Segners trägt folgenden alten Vermerk:
„Johannes Andreas
de Segner
depictus
ab
Henr. Frid. Füger
Heilbronnensi
1768“.
Das Gegenstück mit Frau Professor
Segner ist folgendermaßen gekenn-
zeichnet:
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
Nr. 7.
zu dessen Sohn, dem Künstler, und mit
diesem nach Livland ist nun der Weg
bald gefunden. Dann ruhen die Bildchen
lange in der Familie; 1907 kommen
sie bei der Ausstellung in Riga zum
Vorschein. Danach waren sie vor-'
übergehend bei Herrn Dr. A. Buchholz
in Berlin. Von dort kamen sie zu
Figdor.
Füger malte (nach Raab) kleine
Bildnisse schon in seinem elften Jahre,
ohne Anleitung. Dann kam eine aka-
demische Ausbildung unter Guibal da-
zwischen. In Halle wollte Füger darauf
Jura studieren. Sein älterer Bruder
Gottlieb Christian war dort Theolog.*)
Aber Heinrich Friedrich neigte immer
mehr zu den bildenden Künsten, als
zur Gelehrsamkeit, obwohl er beim
Astronomen Joh. Andreas v. Segner in
Optik und Perspektive unterrichtet
wurde. Als erste Arbeit, die künstlerisch
ernst zu nehmen war, wird ein Minia-
turporträt des Georg Melchior Rederer
genannt. Am 28. Februar 1768 wurde sie
gemalt.**) Um dieselbe Zeit, noch 1768
und 1769, sind die Bildnisse Segners
und seiner Frau entstanden, deren
Wanderungen oben mitgeteilt worden
sind.
Wir betrachten sie nun selbst im
Original und in der nur wenig ver-
kleinerten Abbildung, um zu bemerken,
daß hier noch alles deckend gemalt und
überaus peinlich sorgfältig behandelt
ist im Gegensatz zur leichten, duftigen,
durchsichtigen Weise der Miniaturen
vom reifen Füger. Das Blau des Schlaf'
rockes, in den Herr Professor Segner
*) Beide sind dargestellt auf einer Miniatur
im Besitz des Herrn Professors Dr. Emil
Kauffmann in Tübingen. Durch Laban ver-
öffentlicht ; Abbildung bei Leisching: Die
Bildnisminiatur, S. 69.
**) 1879 noch im Besitz des jüngeren
Füger und ausgestellt im Wiener Künstler-
haus. Seither zur Frau Fürstin Wilhelmine
Auersperg - Kinsky gelangt. Abb. bei Lei-
sching, S. 68.
sich gehüllt hat, ist schwer und fast
ungebrochen. Ungemein ins Einzelne
durchgebildet das Gesicht, die Hände,
der braune Pelzbesatz des Rockes, die
graue Pelzmütze und was sonst noch
an Einzelheiten zu bemerken ist; nicht
zuletzt der Zirkel in Segners Hand. —
Voller technischer Feinheiten, jedoch
alles in ehrlichster Treue wiedergegeben;
auch das Bildchen mit der Frau Pro-
fessor am pultförmigen Klöppelpolster.
Die Spitzenhaube mit Dou-scher Ge-
wissenhaftigkeit durchgebildet. Auf dem
rundlichen blau bezogenen Nadelpölster-
chen, das vorne angebracht ist, möchte
man mit der Lupe die Nadeln zählen.
Der grüne Pelzmantel in weichen breiten
Falten. Und all dieses künstlerische
Geschick bei einem ungefähr Siebzehn-
jährigen. Denn Füger ist 1751 am 8. De-
zember zu Heilbronn geboren. Die Da-
tierung der Segner-Miniaturen ergibt sich
aus Folgendem, das nun auch zur Be-
schreibung beigefügt sei:
Auf den Kehrseiten der Elfenbein-
miniaturen, die noch in der alten Papier-
einfassung stecken, finden sich alte In-
schriften, beide vermutlich von Seg-
ners, möglicherweise von Fügers Hand
und höchstwahrscheinlich jedesmal bald
nach der Überreichung des Opus hin-
geschrieben; sonst wäre es nicht recht
verständlich, warum die eine Inschrift
lateinisch, die andere französisch abge-
faßt ist. Die Miniatur mit der Halbfigur
Segners trägt folgenden alten Vermerk:
„Johannes Andreas
de Segner
depictus
ab
Henr. Frid. Füger
Heilbronnensi
1768“.
Das Gegenstück mit Frau Professor
Segner ist folgendermaßen gekenn-
zeichnet: