Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bulletin du Musée National de Varsovie — 33.1992

DOI issue:
Nr. 1-2
DOI article:
Ryszkiewicz, Andrzej: Joseph Stieler in Polen
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18941#0038
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kunstlers hat angenommen, daB das Arrangement dem Rubensschen Gemalde Toilette der
Venus entlehnt wurde, das Stieler in Wien sehen konnte, ais er im Jahre 1832 diese Stadt
besuchte und das Portrat der Zofia Kisseleff malte. Doch die Komposition hatte der Kunstler
schon ein Jahr fruher entworfen.

Die zwei folgenden Portrats, beide zu gleicher Zeit im Jahre 1845 entstanden und im
Verkaufsverzeichnis des Kunstlers vermerkt, sind mit der Familie der Grafen Zamoyski verbun-
den. Eines davon zeigt den allgemein angesehen Stanisław Kostka Zamoyski (1775—1856),
Majoratsherrn von Zamość und Senatsprasidenten im Kónigreich Polen. Nach dem Novem-
beraufstand von 1831 war er nach Wien emigriert; obwohl er spater nach Polen zuruckkehrte,
blieb er mit Wien verbunden, wo ihn auch der Tod ereilte. Sein Bildnis ist das bekannteste
polnische Portrat Stielers, mehrmals in der Literatur erwahnt36, kurz nach dem Aufstand durch
eine Wiener Lithographie verbreitet37 und nun in einem grolien óffentlichen Museum zu-
ganglich. Diese Beliebtheit verdankt das Warschauer Bild eher der Person des beruhmten
Portratierten, denn ais Gemalde stellt es eine nicht besonders anspruchsvolle Buste dar ohne
Hande, ohne jegliches Requisit, vor einem neutralen Hintergrund. Mit Ól auf Leinwand gemalt
(Abb. 8), mifit es 72,5 x 58,5 cm und ist auf der Ruckseite in einer drolligen fran-
zósischdeutschen Sprache bezeichnet: Le comte ordinat Stan/s/asZamoiskigemalt v. Jos. Stieler
1845. Wie sich Aleksander Lesser38 erinnerte, gemalt wurde dieses Bild in seiner Gegenwart, also
in Munchen. DaB es erhalten geblieben ist, ist einem gliicklichen Zufall zu verdanken: Die
gesamte groBe Sammlung der Familienportrats der Zamoyskis, darunter auch die Bildnisse des
Stanisław (u.a. von Josef Grassi), seiner Ehefrau und Kinder (u.a. von Franęois Gerard) wurde
im Blauen Palais in Warschau aufbewahrt und verbrannte wahrend des Krieges 1 939. Dieses war
jedoch schon fruher in das Eigentum von Zdzisław Zamoyski ubergegangen, eines der zehn
Kinder von Stanisław und Zofia geborene Czartoryska. Zdzisławs Frau, Józefa geborene
Walicka, hatte ihm eine schóne Residenz in Mała Wieś bei Grójec unweit von Warschau
eingebracht. Dort hing das Portrat und von dort gelangte es im Jahre 1945 im Rahmen der
Sicherstellung verlassener Guter in den Besitz des Nationalmuseum Warschau, wo es sich bis
jetzt befindet (lnv. —Nr. 129724).

Hier muB sich auch das im Verkaufsverzeichnis vermerkte Bild Maria Grafin Samoyska a/s
Kind 7S45befinden. Esstellte die Enkelin des Majoratsherrn Stanisław und Tochter des Zdzisław
Maria (1841—1922) ais vierjahriges Kind dar, die 1863 Furst Jan Tadeusz Lubomirski Mała
Wieś in die Ehe gebracht hat. Dieses Gemalde konnte jedoch nicht aufgefunden werden39.

Zum SchluB seien noch zwei Gemalde genannt, die nur teilweise mit Polen verbunden sind.
Die Monographistin hat ein ganzes, sehr interessantes Kapitel der Schónheitengalerie Kónig
Ludwigs I. von Bayern, dereń Ursprung und Bedeutung wie auch dereń Beziehungen zu
analogen Galerien gewidmet. Auf ihre Ausfuhrungen einzugehen, uberschreitet den Rahmen
dieses Aufsatzes. Hingewiesen sei jedoch auf zwei jener Portrats. Bereits auf der ersten vom
Kónig aufgestellten Listę stand das Bildnis von Isabella Grafin von Tauffkirchen-Engelberg,
gemalt 1828 im Alter von 20 Jahren40. Am 20. April 1830 heiratete sie in Rudki Graf

36. U. v. Hase, op. cit., Nr. 222, hier Bibliographie; siehe auch: Malarstwo europejskie. Katalog zbiorów, Warszawa, 1967,
Nationalmuseum, Bd. 2, S. 129, Nr. 1246.

37. Bez.: Le Cte Stanislas Ordinat Zamoyski, Stieler px., (Joseph) Kriehuber lith. 1845 gedr. bei J. Hófelich. Exemplar u.a. in der
Nationalbibliothek Warschau.

38. Im Brief an E. Rastawiecki, vgl. Anm. 13.

39. Vgl. A. Ryszkiewicz, „Podzwonne obrazom z Pałacu Błękitnego", in: Curia Maior. Festschrift fur Andrzej Ciechanowiecki,
Warszawa, 1990, S. 174—180.

40. In der Monographie Nr. 280. In der deutschen Literatur werden ais ihre Lebensdaten die Jahre 1808—1855 angegeben,
wahrend polnische Genealogen hier die Jahre 1807—1850 nennen.

36
 
Annotationen