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Bulletin du Musée National de Varsovie — 42.2001

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Scholz, Piotr O.: Wer war Merkurios, der "Bezwinger des Bösen" in der Wandmalerei aus Faras/pachoras?: Ikonizität des Drachentöters im Niltal$nElektronische Ressource
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https://doi.org/10.11588/diglit.18950#0200

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Ohne auf die Breite der Problematik der Reiterheiligen einzugehen, muF es in
diesem Rahmen geniigen, sich dem hl. Merkurios und seiner Rezeption in
Nubien zuzuwenden.

1.2.1. Der hl. Merkurios gewann in Nubien, aber auch in Athiopien
besondere Bedeutung. In Landem des alexandrinischen Patriarchats tritt er auch
in islamischer Zeit ais Beschiitzer der Christen und ais Initiator des Kirchenbaus
auf, den die Kalifen unter seinem Einflulś sogar gestatteten.158Trotzdem erreichte
er niemals die Popularitat des hl. Georg, der traditionell bis heute in der
athiopischen sakralen Malerei zu finden ist.159 Die nubischen Quellen, die aber
angesichts der weitergehenden Forschungen noch nicht vollstandig sind, lassen
annehmen, dab dieser Reiterheilige in Nubien einen besonderen Stellenwert
hatte und fast zu einem Patron dieses Landes wurde. Legendare schriftliche
Berichte iiber ihn sind in Qasr Ibrim gefunden worden,160 ikonische in fast allen
auf uns iibergekommenen Denkmalern der nubischen monumentalen Malerei.
So begegnet uns Merkurios in den Bildnissen in Abd el-Qadir,161 Abdallah
Nirąi,162 Alt-Dongola163 - um die wichtigste Fundorte zu nennen. Ob es sich
dabei immer zugleich um einen Heiligen handelt, scheint nicht eindeutig zu sein,
obwohl eine pauschalisierende Tendenz besteht, alle diese Darstellungen ais
solche des hl. Merkurios zu bezeichnen. Elisabeth Lucchesi-Palli hat sich
seinerzeit der Darstellung aus Pachoras/Faras zugewandt, ohne jedoch die
Grenzen einer ikonographischen Betrachtung zu uberschreiten.'64 Sowohl die
ikonologische, ais auch die hermeneutisch-semiotische Perspektive lief? sie bei
ihrer Betrachtung aufśer Acht.

Es zeigt sich, daF das Bild des Merkurios in Faras zwar mit seiner
Namenbeischrift versehen ist; es finden sich aber keine Hinweise dafiir, dal?
es sich bei ihm um einen Heiligen (Hagios) handelt. Kleidung und Attribute
(s. u. 2.1.2), bes. die Krone, lassen auch andere Identifikationen zu. Dafiir
sprechen andere nubische Beispiele, die zwar ais Reiter zu identifizieren,
dariiber hinaus aber kaum eindeutig zu bestimmen sind.165 Sowohl von Bissing166

christianisieren (E. Peterson, Friihkirche. ]udentum und Gnosis, Darmstadt 1982, S. 64-87) bzw.
auszutauschen, dafiir spricht ihre abendlandische Rezeption.

I5S Reineri, op. cit., S. 109-118, bes. 114ff.

159 J.R. Hakemulder, „Der heilige Giyorgis (Georg) - ein Hauptthema der athiopischen Kirchen-
malerei”, HERMENEIA, 5, 1989, S. 89-101.

160 Frend, „Fragments of an Acta Martyrium from Q'asr Ibrim”, op. cit., S. 66-70.

161 F.W Freiherr von Bissing, „Die Kirche von Abd el Gadir bei Wadi Halfa und ihre Wand-
malereien”, MDA1 (Kairo) 7, 1937, S. 128-183 u. Taf. 23-35.

162 P. van Moorsel u. a., The central church of Abdallah Nirąi, Leiden 1975, S. 54-131.

162 Vgl. Taf. LV in: Dongola-Studien mit Beispielen von Reiterheiligen in den Wandmalereien in Alt-
-Dongola.

164 Lucchesi-Palli, op. cit., S. 163.

162 Bei der Bestimmung der Reiterheiligen ist zu beobachten, dafi man im Zweifelsfall geneigt ist,
endweder in jedem reitenden Ubeltóter den hl. Georg (J. Strzygowski, „Der koptische Reiter-
heilige...”, op. cit.) oder in Nubien den hl. Merkurios zu sehen.

166 Von Bissing, op. cit., S. 143, 146f.

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