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Bulletin du Musée National de Varsovie — 42.2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.18950#0210

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fórderte eine intensive Christianisierung, auch durch den Kirchenbau. Sein
Name, den er von einem Heiligen, der einen heidnischen Herrscher besiegt
hatte, ubernahm, widerspiegelt sein Programm. Deshalb gehen die Namen
spateren von nubischen Bischofen232 wahrscheinlich auf den Konig und nicht auf
den Heiligen zuruck, obwohl beides sinnvoll erschienen hatte. Die doppelte
Bedeutung zeugt von der semantischen Dichte christlicher Ikonizitat.

3. Die Untersuchung hat gezeigt, dal? einerseits die Grenze zwischen einem
Heiligen und einem Herrscher, der in der vorchristlichen Tradition vergottlicht
worden war und der im Christentum ais Mittler zwischen Gott und Mensch
fungierte, sehr unscharf ist, andererseits die christliche Konzeption dahin ging,
die Phanomenen so zu verdichten und zu verbinden, daE ein vielschichtiges
Netz entstand, in dem dann die Móglichkeit gegeben war, den Herrscher mit
einem Heiligen gleichzusetzen. Der Herrscher wurde durch Ubernahme des
Namens des Heiligen (nomen is omen) - eventuell ais Thronnamen - mit ihm
identifiziert. Man folgte der Idee der Personifikation, indem er sich z.B. mit dem
heiligen Merkurios gleichsetzte. Entsprechend handelte er: Er bekampfte und
vernichtete das Heidnische und Barbarische in Gestalt des eher literarisch ais
ikonisch iiberlieferten Julian Apostata. Konig Merkurios wurde so zum Retter
und Bewahrer der Christenheit, er verkorperte den Geist des Martyrers
Merkurios, der den gottlichen Auftrag erfiillt hatte. Der nubische Konig
Merkurios sollte - auch im theologischen Sinne - den Heiligen reprasentieren.

Das sakrale Konigtum, das man heute durch das Prisma sakularer und
ideologischer Herrschaftskonzepte zu beurteilen und seines Charismas zu
entkleiden sucht, ist eine historische Tatsache. Sie hatte iiber lange Zeit ihren
Sitz im Leben, ohne den es weder verstanden, noch ikonologisch behandelt
werden kann. Es besteht deshalb m.E. keinen Zweifel daran, daE man in der
Gestalt des siegreichen Reiters auf der Wand der Kathedrale zu Faras/Pachoras
dem Abbild des geheiligten Konigs Merkurios begegnet, den man in Nubien an
vielen Orten entdeckt hat. Die Darstellung des fur die damaligen Menschen de
facto aus dem Jenseits wiedererschienenen Heiligen in Gestalt des Konigs sollte
ikonisch die Botschaft vermitteln, daE der Kampf mit den Feinden des
Christentums, mit dem Bósen schlechthin, in einer Zeit der Bedrohung des
Christentums, der das Wandbild entstammt, nicht aufgegeben werden durfte.
Gleichzeitig sollte durch die Lebendigkeit des Bildes eine magisch-apotropaische
Funktion wirken und der geheiligte Merkurios zum Beschiitzer der Kathedrale
werden. Man kann noch weiter gehen und im Bild des kampfenden Reiters die
ewige Botschaft erkennen, daE Heil nur erlangt werden kann, wenn man den
wachsamen Kampf mit den bosen Machten, die im irdischen Leben stets
gegenwartig sind, nie vergiEt. Die Erscheinung des heiligen Konigs Merkurios
wurde zugleich zum Furbitterbild fur alle, die seine Lebensidee zu verwirklichen
suchten.

232 S.C. Munro-Hay, Ethiopia and Alexandria, Bd. I, Bibliotheca nubica et aethiopica 5,
Warszawa-Wiesbaden 1997, S. 27, 30, 35. Bd. II ist 2005 in der Bibliotheca nubica et cethiopica 9,
eschienen.

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