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Bock, Henning
Der decorated style: Untersuchungen zur englischen Kathedralarchitektur der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, N.F. 6: Heidelberg: Carl Winter, Universitätsverlag, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.57087#0120
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Aufriß

von Siena (Mitte 13. Jahrhundert) hingewiesen als ein vergleichbares Beispiel.
Möglicherweise könnte auch die Kenntnis des ersten Planes für den Florentiner
Dom von Arnolfo di Cambio (beg. 1294) nach England gedrungen sein. Nach
der Rekonstruktion von Paatz72 war darin von Anfang an eine Trikonchen-
anlage mit einer achteckigen Kreuzung und Kuppel vorgesehen. Das Vierungs-
oktogon hatte — auffälligerweise genau wie in Ely — die volle Breite des drei-
schiffigen Langhauses, ein Motiv, das nur in Florenz und Ely vorkommt. Nun
bestanden damals zwischen Florenz und London enge Beziehungen. Die großen
Bankiersfamilien der Bardi und Peruzzi hatten ihre Niederlassungen in London
und finanzierten zum großen Teil die Unternehmungen des englischen Königs-
hauses73. Auf diesem Wege wäre eine Vermittlung solcher Ideen durchaus denk-
bar. Dieses für England so ungewöhnliche Oktogon wird jedoch durch solche
Hinweise nicht hinreichend erklärt. Man muß es letztlich als Idee eines einzelnen
Meisters verstehen, nämlich des Sakristans Alan of Walsingham74. — Auf
folgende Weise gliedert sich der Aufriß des Oktogons. Die Achteckform ent-
stand, indem man die alten Vierungspfeiler ausließ, so daß abwechselnd eine
längere Seite für die Mittelschiffe von Langhaus und Querschiff und eine kürzere
für die Seitenschiffe sich ergaben. Die Bogenhöhe der Hauptseiten war durch die
Höhe der Mittelschiffe festgelegt. An den Diagonalseiten ergab sich dadurch ein
dreiteiliger Aufriß. Die Höhe der Arkaden war hier durch die normannischen
Seitenschiffe gegeben. Darüber deuten je drei Nischen mit (erneuerten) Figuren
eine Triforienzone an. Ein hohes Fenster nimmt den Rest der Höhe bis zum
Gewölbe ein. Das Maßwerk in den Fenstern an der Außenseite der Gewände

Fig. 24. Ely, Eckdienst im Oktogon


72 Paatz, Wesen und Werden der Trecentoarchitektur in der Toskana, 1937, p. 81 ff.
Herrn Prof. Paatz verdanke ich den Hinweis auf die besonderen Ähnlichkeiten
zwischen dem Oktogon in Ely und dem Florentiner Dom.
73 Vgl. Wescher, Die Großkaufleute der Renaissance, Frankfurt o. J., p. 32ff.: 1280
hatten die Bardi und Peruzzi sich in England niedergelassen und führten seit 1313
den Titel “King’s Merchants”. Edward II. erhielt z. B. 1317 £ 15 000 Vorschuß,
Edward III. 1331 £ 10 000. 1342 hatten sie Außenstände in Höhe von 1 365 000 fl.
74 Vgl. B/E, a. a. O.; Webb, 1951, p. 13.
 
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