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Bode, Wilhelm
Florentiner Bildhauer der Renaissance — Berlin, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.42066#0324
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Florentiner Bildhauer der Renaissance
so deutlich gegeben sind, als ob der Fuss nackt sei* Dadurch
wird es wahrscheinlich, dass der Künstler hier eine antike Gestalt
hat darstellen wollen; aber über diese unbestimmte Vermutung
können wir nicht hinausgehen» Kaum in einer anderen Figur,
vomBellerophon abgesehen, sind die charak-
teristischen Merkmale Bertoldos so klar
ausgesprochen und kommen dabei zu einer
so günstigen Gesamtwirkung wie gerade
hier. Die Anatomie ist überall nach dem
uns bekannten Schema Bertoldos accen-
tuiert, aber um den schönen weichen
Körper zur Geltung zu bringen, hat sich
der Künstler nicht zu seiner gewöhnlichen
Schärfe und Uebertreibung verleiten lassen.
Der Kopf hat in der Form und in allen
Details ganz seinen regelmässigen Typus,
ist aber edler und individueller, dazu be-
lebt durch einen ungewöhnlich innigen,
überzeugenden Ausdruck. In ähnlicher
Weise zeigt die Haltung die dem Künstler
eigene Drehung im Leib, so dass Unter-
körper und Oberkörper nach verschiedenen
Richtungen stehen; hier ist dies aber in
einer besonders charakteristischen, den Aus-
druck und das Motiv der Figur ver-
stärkenden und zugleich sehr gefälligen
Weise geschehen.
Die Bronze ist stark und sehr sorg-
fältig überarbeitet; der Guss ist, wie bei allen vorgenannten Figuren,
Vollguss; die Ciselierung lässt da, wo sie noch nicht ganz durch-
geführt ist, darauf schliessen, dass der Guss ein roher, sehr un-
genügender war. Können wir danach in Verbindung mit auf-
fallenden Flüchtigkeiten bei anderen Güssen Bertoldoscher Bronzen
schon annehmen, dass beinahe die Hauptarbeit des Künstlers erst
mit dem Ciselieren begann, so haben wir dafür einen über-


\29. Bertoldo.
Schutzflehender, Bronze-
Statuette im Berliner
Museum.

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