Einleitung
Der Doppelname der hier zu behandelnden Miniatorenschule ließ sich nicht vermeiden; denn man
sucht vergeblich nach stilistischen oder paläographischen Unterschieden zwischen Uandschriften
aus Prüfening und solchen aus Regensburg. Vielmehr zeigen die Hauptwerke der Miniaturenmalerei des
XII. Jahrhunderts an beiden Orten dieselben Formen. Nur ganz zu Hnfang der Prüfeninger Produktion
steht ein Codex mit andersartiger, speziell prüfeningischer Äusstattung (Clm. 13032), jedoch geht diese
Ärt später dann ganz verloren. Äußerdem finden wir in Prüfening um die Mitte des Jahrhunderts eine
kleine Gruppe von Handschriften, welche von der üblichen Regensburg-PrüfeningerÄrt etwas abweicht,
ohne sie aber ganz zu verleugnen. Schließlich sind zwei Ärten von Initialen (s. Teil II), welche neben
der auch in Regensburg üblichen Initial-Ornamentik auftreten, als speziell prüfeningisch zu erwähnen.
Diese Besonderheiten der Prüfeninger Produktion verschwinden aber gegenüber der Menge von
Bildern und Initialen, die völlig mit Regensburger Erzeugnissen übereinstimmen. Hier in Regensburg selbst
aber handelt es sich wiederum nicht nur um St. Emmeram, das allerdings das Hauptkontingent an Hand-
schriften stellt, auch die zu gleicher Zeit in anderen Regensburger Klöstern entstandenenHandschriften,
ja selbst die Regensburger Wandmalerei zeigen dieselben Eigentümlichkeiten. Und wie in der Monu-
mentalmalerei, so greift auch in der Buchmalerei dieser Stil auf die Klöster der weiteren Umgebung
Regensburgs über. Ob Regensburg oder Prüfening derÄusgangspunkt dieser Ärt war, läßt sich schwer
entscheiden. Jedenfalls wird sie in dem Regensburger Kreis über ein Jahrhundert lang mit unerhörter
Einseitigkeit kultiviert — kein einziges sicher regensburgisches Erzeugnis anderer Ärt hat sich erhalten.
Die ineinandergreifende Behandlung der Regensburger und Prüfeninger Bestände, die also nötig
wird, ist gewiß vom bibliotheksgeschichtlichen Standpunkt aus nicht wünschenswert, gewährt aber
die einzige Möglichkeit, ein richtiges Bild von Ärt, Tätigkeit und Entwickelung dieser Kunstschule zu
gewinnen.
Ehe wir uns der Betrachtung der Denkmäler zuwenden, muß einiges über dieGeschichteder
Bibliotheken von Prüfening und St. Emmeram vorausgeschickt werden.
Über die alten Handschriftenbestände der Prüfeninger Bibliothek geben drei ma. Kataloge Äuf-
schluß (Theodor Gottlieb, Über ma. Bibliotheken, Nr. 159—161).
Der erste ist in den Monumenta BoicaXIII, S. 134ff. veröffentlicht. Quelle ist der alte Codex tradi-
tionum monasterii Prüfeningensis, jetzt Hs. Prüf. 2 des Münchener Hauptstaatsarchivs. Hier steht dieser
Katalog in einem Zuge und vom ersten Schreiber eingetragen auf fol. 9'—ll'. Zur Datierung kann man
die von derselben Hand und in l.Änlage gemachten Traditionseinträge heranziehen, deren späteste
(fol. 8' und fol. 32') von 1140 sind. 1) Viel später kann die erste Änlage des Codex, also auch der
Bibliothekskatalog nicht gemacht sein, weil für die folgenden Jahre eine ganze Änzahl vonTraditionen
zu verzeichnen war, die der sehr genaue und gut orientierte Schreiber gewiß nicht unerwähnt gelassen
hätte.
Der 2. bekannteste und in Clm. 13002 überlieferte Katalog stammt vom Jahr 1165 (herausgegeben
von Gustav Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui No. 95). Er ist, wie eine Nachprüfung an Hand der
erhaltenen Codices ergibt, recht genau, nur kleinere Stücke innerhalb der einzelnen Bände läßt er aus.
Der 3. Katalog, von 1347, findet sich in Clm. 14397 und ist bei Pez, Thesaurus I, p.XLI und XLII
unvollständig abgedruckt (vgl. hierzu Serapeum II, 266). Er kommt der späten Entstehung wegen für die
vorliegendeÄrbeit wenigerinBetracht, währenddiebeiden erstgenannten alsterminiante für dieDatierung
der uns interessierenden Handschriften von großer Bedeutung sind. Eine systematische Vergleichung
der erhaltenen Handschriften mit diesen beiden Katalogen, deren Resultat ich in Gestalt einer Konkordanz
in Änhang 1 wiedergebe, zeigt, wie wenig auf uns gekommen ist.
Von den erhaltenen Beständen kam das wenigste direkt aus dem Kloster, d. h. bei der Säkulari-
sation nach München. Die Mehrzahl der Handschriften war schon zur Zeit der Kirchenreformation in
die Stadtbibliothek von Regensburg gelangt und wurde dann von hier nach München abgegeben. Äuf
eine hohe Blüte des Klosters unter den Äbten Johannes IV. (f 1520), Georg II. (f 1525) un d Michael (f 1529)
*) Selbst wenn die Einträge von 1143, 1146 und 1152 (iol. 34 und 35'), weiche in den Einzelformen der Schrift Ähn-
lichkeiten mit Hand 1 zeigen, wirklich von dieser stammen, was aber zu bezweifeln ist, so könnten sie doch unmöglich in
einem Zuge mit der l.Änlage gemacht sein. Dazu ist der GesamtcharakterderSchrilt und dieFarbe derTinte zu verschieden
von den ersten Einträgen.
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Der Doppelname der hier zu behandelnden Miniatorenschule ließ sich nicht vermeiden; denn man
sucht vergeblich nach stilistischen oder paläographischen Unterschieden zwischen Uandschriften
aus Prüfening und solchen aus Regensburg. Vielmehr zeigen die Hauptwerke der Miniaturenmalerei des
XII. Jahrhunderts an beiden Orten dieselben Formen. Nur ganz zu Hnfang der Prüfeninger Produktion
steht ein Codex mit andersartiger, speziell prüfeningischer Äusstattung (Clm. 13032), jedoch geht diese
Ärt später dann ganz verloren. Äußerdem finden wir in Prüfening um die Mitte des Jahrhunderts eine
kleine Gruppe von Handschriften, welche von der üblichen Regensburg-PrüfeningerÄrt etwas abweicht,
ohne sie aber ganz zu verleugnen. Schließlich sind zwei Ärten von Initialen (s. Teil II), welche neben
der auch in Regensburg üblichen Initial-Ornamentik auftreten, als speziell prüfeningisch zu erwähnen.
Diese Besonderheiten der Prüfeninger Produktion verschwinden aber gegenüber der Menge von
Bildern und Initialen, die völlig mit Regensburger Erzeugnissen übereinstimmen. Hier in Regensburg selbst
aber handelt es sich wiederum nicht nur um St. Emmeram, das allerdings das Hauptkontingent an Hand-
schriften stellt, auch die zu gleicher Zeit in anderen Regensburger Klöstern entstandenenHandschriften,
ja selbst die Regensburger Wandmalerei zeigen dieselben Eigentümlichkeiten. Und wie in der Monu-
mentalmalerei, so greift auch in der Buchmalerei dieser Stil auf die Klöster der weiteren Umgebung
Regensburgs über. Ob Regensburg oder Prüfening derÄusgangspunkt dieser Ärt war, läßt sich schwer
entscheiden. Jedenfalls wird sie in dem Regensburger Kreis über ein Jahrhundert lang mit unerhörter
Einseitigkeit kultiviert — kein einziges sicher regensburgisches Erzeugnis anderer Ärt hat sich erhalten.
Die ineinandergreifende Behandlung der Regensburger und Prüfeninger Bestände, die also nötig
wird, ist gewiß vom bibliotheksgeschichtlichen Standpunkt aus nicht wünschenswert, gewährt aber
die einzige Möglichkeit, ein richtiges Bild von Ärt, Tätigkeit und Entwickelung dieser Kunstschule zu
gewinnen.
Ehe wir uns der Betrachtung der Denkmäler zuwenden, muß einiges über dieGeschichteder
Bibliotheken von Prüfening und St. Emmeram vorausgeschickt werden.
Über die alten Handschriftenbestände der Prüfeninger Bibliothek geben drei ma. Kataloge Äuf-
schluß (Theodor Gottlieb, Über ma. Bibliotheken, Nr. 159—161).
Der erste ist in den Monumenta BoicaXIII, S. 134ff. veröffentlicht. Quelle ist der alte Codex tradi-
tionum monasterii Prüfeningensis, jetzt Hs. Prüf. 2 des Münchener Hauptstaatsarchivs. Hier steht dieser
Katalog in einem Zuge und vom ersten Schreiber eingetragen auf fol. 9'—ll'. Zur Datierung kann man
die von derselben Hand und in l.Änlage gemachten Traditionseinträge heranziehen, deren späteste
(fol. 8' und fol. 32') von 1140 sind. 1) Viel später kann die erste Änlage des Codex, also auch der
Bibliothekskatalog nicht gemacht sein, weil für die folgenden Jahre eine ganze Änzahl vonTraditionen
zu verzeichnen war, die der sehr genaue und gut orientierte Schreiber gewiß nicht unerwähnt gelassen
hätte.
Der 2. bekannteste und in Clm. 13002 überlieferte Katalog stammt vom Jahr 1165 (herausgegeben
von Gustav Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui No. 95). Er ist, wie eine Nachprüfung an Hand der
erhaltenen Codices ergibt, recht genau, nur kleinere Stücke innerhalb der einzelnen Bände läßt er aus.
Der 3. Katalog, von 1347, findet sich in Clm. 14397 und ist bei Pez, Thesaurus I, p.XLI und XLII
unvollständig abgedruckt (vgl. hierzu Serapeum II, 266). Er kommt der späten Entstehung wegen für die
vorliegendeÄrbeit wenigerinBetracht, währenddiebeiden erstgenannten alsterminiante für dieDatierung
der uns interessierenden Handschriften von großer Bedeutung sind. Eine systematische Vergleichung
der erhaltenen Handschriften mit diesen beiden Katalogen, deren Resultat ich in Gestalt einer Konkordanz
in Änhang 1 wiedergebe, zeigt, wie wenig auf uns gekommen ist.
Von den erhaltenen Beständen kam das wenigste direkt aus dem Kloster, d. h. bei der Säkulari-
sation nach München. Die Mehrzahl der Handschriften war schon zur Zeit der Kirchenreformation in
die Stadtbibliothek von Regensburg gelangt und wurde dann von hier nach München abgegeben. Äuf
eine hohe Blüte des Klosters unter den Äbten Johannes IV. (f 1520), Georg II. (f 1525) un d Michael (f 1529)
*) Selbst wenn die Einträge von 1143, 1146 und 1152 (iol. 34 und 35'), weiche in den Einzelformen der Schrift Ähn-
lichkeiten mit Hand 1 zeigen, wirklich von dieser stammen, was aber zu bezweifeln ist, so könnten sie doch unmöglich in
einem Zuge mit der l.Änlage gemacht sein. Dazu ist der GesamtcharakterderSchrilt und dieFarbe derTinte zu verschieden
von den ersten Einträgen.
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