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Witkowski, Georg; C. G. Boerner, Auktions-Institut, Kunst- und Buchantiquariat
Katalog (Nr. 5): Almanache und Taschenbücher — Leipzig: C. G. Boerner, 1908

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Kalender und Almanache. Von Georg Witkowski
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https://doi.org/10.11588/diglit.54935#0008
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IV

die Antwort leicht zu geben: in den Kalendern, Almanachen und
Taschenbüchern. Diese bis dahin nur dem praktischen Bedürfnis
dienenden, kaum der Literatur in höherem Sinne zugehörigen Produkte
des Buchhandels hat die Liebhaberei in der zweiten Hälfte des 18.
und der ersten des 19. Jahrhunderts zu vornehm-heiteren Kunstwerken
veredelt, ihnen mit dem Aufgebot aller Techniken, die dem Schmucke
des Buches dienen, im Äusseren und Inneren den Charakter des
Luxusgegenstandes (immer aber ohne falschen äusseren Prunk) auf-
geprägt. Die besten deutschen Graphiker der Zeit haben hier das
dankbarste Feld für ihr Schaffen gefunden, an ihrer Spitze Daniel
Chodowiecki, der seine von der Miniaturmalerei ausgehende subtile
Kleinkunst im Dienste der Almanachausstattung zur Vollendung führte,
neben ihm Meil und Ramberg, in weiterem Abstande, aber immer
noch auf stattlicher Höhe des Könnens, die Geyser, Jury, Meno Haas,
Pentzel, Bolt, Schwerdgeburth.
Der eigenartige Stil dieser Almanachkunst war von vornherein
durch die Formate festgelegt, die nur eine winzige Fläche für das Bild
darboten. In der eigentlichen Blütezeit hat die Höhe kaum jemals
die Breite einer Hand überschreiten dürfen, meist war das Sedezformat
die äusserste Grenze. Und die Künstler setzten ihren Ruhm darein,
diesen Raum mit einer figurenreichen, dramatisch bewegten oder
gedankenvoll symbolischen Komposition ohne Zwang zu füllen. So
entstanden Miniaturen, die stilistisch den grossen Leistungen der Maler
der livres d’heures verwandt sind, auch dadurch, dass liebevolle, ge-
wissenhafte Beobachtung der Wirklichkeit die winzigen Bildchen zu
wertvollen kulturgeschichtlichen Denkmälern gestaltete.
Der erste deutsche Almanach, der auf diese Weise einen künst-
lerischen Schmuck edler Art empfing, war der Berliner genealogische
Kalender auf das Jahr 1770, geziert mit der berühmten Reihe der
Kupfer Chodowieckis zu „Minna von Barnhelm“. Wie die folgenden
Jahrgänge dieses Unternehmens, schmückte der Meister auch verwandte,
den alten Inhalt des Hof- und Staatskalenders darbietende Jahrbücher:
 
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