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Bötticher, Carl
Die Tektonik der Hellenen (Band 2): Der Tempel in seiner räumlichen Anordnung und Ausstattung — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.4581#0076
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§. 39. Cultusbilder aus Holz. Attribute. 423

3. Andere Ueberlieferungen schweigen von Lanzen oder Scepterstäben
und nennen statt dessen andere Gebilde die ältesten Agalmata. Wie die
Päonen einen hohen Pfahl mit einem Diskos (Sonnenscheibe) auf der Spitze
als Agalma des Helios verehrten [1], so wird an dem hölzernen Gestelle zu
Sparta welches für das älteste Cultuszeichen der Dioskuren galt — zwei
parallele Hölzer mit zwei Querhölzern verbunden [2] und Dokana genannt —
das Sternenpaar als astrologische Signatur beider Zwillinge kaum gefehlt
haben: wenn auch Plutarch dies nicht vermerkt, lässt es sich wenigstens
aus den beiden goldenen Sternen schliessen welche einst Lysander für seinen
Flottensieg, als Wahrzeichen beider Tyndariden nach Delphi weihete [3].
Ebenso mögte an jeder von den 7 Planetensäulen zu Sparta [4], das Abzeichen
des betreffenden Planeten vorhanden gewesen sein. Zu solchen astrologischen
Bildzeichen ist noch die sogenannte Kops zu rechnen, unter welcher die
Böoter das heilige Apollinische Neunjahr versinnlichten. Aus einem leich-
ten tragbaren Stamme von Olivenholz bestehend, der mit einer Sonnen-
kugel und dem gekrümmten Halbmonde — den Symbolen des Helios-Apollon
und der Artemis-Selene — sammt den Zodiacalzeichen und übrigen Sternbil-
dern nebst Binden und Lorberzweigen ausgestattet war, spielte ihre Führung
in feierlicher Procession nach dem Ismenion zu Theben, die Hauptrolle bei
jenem Feste [5].

Eine besondere Art hölzerner Agalmata, die jedoch nur bei ihrer Ana-
thesis mit einem Weiheopfer gestiftet werden ohne weiterhin noch Cultus-
ehren zu empfangen, sind die Tropaia. Ein schöner Baum zunächst des
Schlachtfeldes, oder der frisch gefällte Stamm eines solchen, mit den aus-
erlesensten der erbeuteten Waffen bekleidet und mit Dedication versehen,
dann durch ein Opfer consecrirt, wird zum Agalma der Gottheit von wel-
cher man den Sieg gegeben glaubte, zumeist des Zeus - Tropaios [6]: die-
ses blieb dann als geheiligtes Mal unangetastet auf seiner Stätte, bis Wetter
und Klima dasselbe zerstörten. Das Gleiche ist von den Tropaia für Athena,
Poseidon und für andere Götter zu sagen [7].

[1]. Maximas Tyr. 8, 8. — [2]. Plutarch De fratern. amore im Eingange. Aber das Dios-
kurenpaar welches zuerst ganz, späterhin getrennt mit den Königen in das Feld zog, hat gewiss aus
mensehgestaltigen Holzbildern bestanden. — [3]. Plutarch. de Pytb. orac. 8, und Lyeandr. 12, 18.
Cic. Divinat. 34. — [4]. Paus. 3, 20, 9. - [5]. Baumcultus S. 387 Hg. — [6J Zljvo« ßp£ra« oder
ei'oioXov toü Aiot, Eurip. Phoen. 1250. Schol. Vitr. 2, 8, 15 nefas est tropaea dedicata removeri.
Ueber Tropaia und Warlenbäume vgl. Baumcultus 6, §. 6. — [7]. Tropaia für Poseidon bei Man-
'inea, Paus. 8, 10, 4: für Poseidon-Tropaios bei Ptolemais, Athen. 8. p- 333 c.

4. Mit dem bis hierher Gegebenen (§. 35. 3ß) stimmt der Ausspruch des
Clemens von Alexandria, dass man vor Bildung kunstgerechter Agalmata
Säulen aus Stein, oder sehr in die Augen fallende Hölzer gestiftet und wie
Abbilder (dcpiopu^ccta) der Gottheiten verehrt habe [1]. Unter den Beispielen
welche derselbe hierfür anzieht, lässt sich indess nur das älteste Bild des
Apollon-Agyieus zu Delphi, in Form einer steinernen Spitzsäule rechtfertigen;
 
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