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Bötticher, Carl
Die Tektonik der Hellenen (Band 2): Der Tempel in seiner räumlichen Anordnung und Ausstattung — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.4581#0278
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S. 65. Argoisohe Hera zu Phalerion. Poseidon-Helikonios zu Helike, Milot etc. 625

glaubwürdigen Äusserung des Dionysios (Antiq. 1, 21) und des Ovid (Eleg.
3, i.s) war Phalerion mit seinem Heratempel eine Argeische Coloniestiftung.
Beide Schriftsteller heben die getreue Übertrap-uno; aller Cultuso-ebräuche
der Hera bei Argos auf diese Stiftung hervor: sie kennen die Opferpompe,
deren Weg zum Tempel von Teppichen überschattet wird, mit den Kane-
phoren an der Spize und dem Bilde der Hera welches hinter den Prieste-
rinnen folgt, als genau dem argeischen Heiligthume entlehnt.

Die Aphidrysis eines Heiligthumes war von der Bewilligung seiner Ver-
walter und des States abhängig; doch konnten sie nur Stammgenossen erlangen,
den Genossen eines fremden oder feindliehen Stammes blieb sie aus den
schon früher angegebenen religiösen und politischen Gründen, für immer
versagt. Ein bekanntes geschichtliches Ereigniss mag beweisend hierfür ein-
treten. Als die Aigialeischen Ionier von dem ihnen feind gewordenen Bruder-
stamm der Achäer aus ihrem Size vertrieben, mit Athenern unter Neleus und
den anderen Kodriden nach Karien gezogen sind, stiften sie zwischen Milet
und Mykale ein Panionisches Bundesheiligthum, nach dem Urbilde (xa-a
[xi[A7(3iv) ihres von Ion zu Helike in Aigialeia gegründeten Heiligthumes des
väterlichen Poseidon-Helikonios (Schol. Hom. Iliad. T, 404). Als die Ionier
lange Zeiten später dieses Bundesheiligthum von hier in die Nähe von Ephesos
verlegen wollten erlaubte ihnen dies der Delphische Gott nur unter der
Bedingung, hierzu erst das Aphidryma jenes Urbildes in Helike zu erlangen.
Die zeitigen Besizer, die Achäischen Helikeer kannten jedoch eine alte Weis-
sagung, die grosse Gefahr verkündete wenn Ionier -auf dem Altare des Heilig-
thumes wieder opfern würden. Als nun die Abgesandten der Ionier in Helike
mit der Bitte um die Aphidrysis erschienen, auch schon mit Zurichtung des
Stieropfers für den Gott begannen, verweigerten die Achäer ihnen die Aphi-
drysis, warfen nicht allein das Opfer wieder vom Altare, um dasselbe ungültig
zu machen, sondern erschlugen sogar die opfernden Männer im unverlezlichen
Heiligthume selbst. Da jedoch Poseidon erzürnt über diese Frevelthat Helike,
im folgenden Winter (Ol. 101, 4) durch ein Erdbeben heimsuchte, bei welchem
die Stadt vom Meere verschlungen ward, liess der Achäische Bund den
Ioniern die Erlaubniss der Aphidrysis zugehen (Strab. 8, 7, § 2, pag. 384,
Casaub. Paus. 7, 24, 4, Diodor. 15, 49). Ein Tempelhaus kann dieses Heilig-
thum zu Helike nicht gewesen sein, da die Schriftzeugnisse nur von einem
Hieron oder einem Temenos mit Altare sprechen. Auch zu Teos kennt
Pausanias (8, 24, 4) nur ein Temenos mit einem sehenswürdigen Altar des
Poseidon-Helikonios: und der Altar desselben Gottes bei Milet unfern der
Quelle Biblis, wird jener hochalte zuerst gestiftete Altar sein, welcher seiner
unlösbaren Consecration wegen auf der Stätte verbleiben musste.

Fälle in welchen übermächtige Gewalt die Gemeinden des eigenen Sta-
tes zur Aphidrysis ihrer Heiligthümer nöthigte, bei beharrlicher Weigerung
aber den Cultus mit Entführung seiner heiligen Bilder auf der Stätte ver-
nichtete und dessen Genossenschaft aus dem Vaterlaude trieb, sind bei
 
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