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E.

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Der olympische Fuss.

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Rillen, deren Profil aus dem Querschnitte der Platten in unserer Figur
ersichtlich ist. Der Bahn zu flacher geneigt, nach der Rückseite steiler
ansteigend, boten sie der Ferse des nackten Fusses einen festen Wider-
halt für den Stoss bei dem Ablaufe. Sie markirten ferner für sämmtliche
in Reihe gestellte Läufer die vor dem Laufsignal einzunehmende gleich-
massige Ruhestellung der beiden Füsse. —

Aus dem Maasse zwischen beiden Ablaufschranken von Pfosten zu
Pfosten ergiebt sich die Länge des olympischen Stadion und somit als
ihr sechshundertster Theil diejenige des olympischen Fusses. Diese Maasse
festzustellen ist seit langer Zeit das Bestreben der Metrologen gewesen,
ohne dass es zu sicheren oder auch nur einigermaassen übereinstimmenden
Resultaten gekommen wäre. Durch die genauen Maassvergleichungen,
welche Herr Dr. Dörpfeld am olympischen Zeustempel vornehmen konnte,
war nun das Maass von diesem gründlichen Forscher durch Rechnung
festgestellt worden, es konnte kein Zweifel mehr über die wirkliche Grösse
des olympischen Fusses bestehen. Nichtsdestoweniger erregte der im
letzten Jahre der Ausgrabungen gemachte Fund der Stadionschranken
lebhafte Freude und nicht geringe Erregung im olympischen Feldlager.
Denn nun Hess sich die Länge des Stadions durch wirkliche, directe
Messung ermitteln, und diese Messung entschied zugleich über die Rich-
tigkeit des durch Rechnung gefundenen Resultats. Das letzte hatte für
den olympischen Fuss die Länge von 0,3206 Meter ergeben. Die Länge
der Entfernung zwischen den Mitten der Ablaufschranken betrug nach
einer (freilich nur mit dem Messbande) mehrfach wiederholten Messung
192,27 Meter. Dieses Maass durch 600 dividirt giebt für den olympischen
Fuss die Länge von 0,3205 Meter, welche von der durch Rechnung ge-
fundenen um nur ein Zehntel Millimeter abweicht.

Der attische Fuss beträgt 0,308, der römische 0,296 Meter, der
olympische ist mithin weitaus der grösste. Dementsprechend konnte die
Fabel entstehen, Herakles, der gewaltige Heros, habe das olympische
Stadion mit seinem mächtigen Fusse abgeschritten und nur 600 Fuss
gezählt. Sterbliche Menschen blieben hinter solchem Vermögen weit
zurück. Nur von einem ging die Sage, dass er einen ebenso riesenhaften
Fuss besessen habe, dem ersten Sieger im Pankration, als dieses in der
33. Olympiade eingeführt ward. Dieser Olympionike, Lygdamis, ein Syra-
kusier durchmass ebenfalls das Stadion, wenn er sechshundertmal einen
Fuss vor den andern setzte.

Dass wir nunmehr den olympischen Fuss kennen, hat zunächst einen
erheblichen Werth für die Geschichte der Architektur; wir werden durch
 
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