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Boetticher, Ernst
... Sendschreiben über Troja (Teil 5): Hissarlik, wie es ist: auf Grund der Untersuchungen vom 1. bis 6. Dezember 1889 und im Frühjahr und Sommer 1890 ; (nebst Protokoll der Zeugen) — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.5497#0107
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selbe binnen a/4 Jahr ausgelaufen bezw- bei heissem Wetter spurlos verdampft.
Dagegen hätte auch weder Vergipsen noch Verpichen des Innern geholfen, denn
Gips ist selbst porös, Pech aber wird vom Weine aufgelöst. Weinfässer verpicht
man nicht. Wir sehen also, dass auch dieses Gefäss höchstens zur Bewahrung
von Bohnen oder Linsen gut war.

Wie ungemein die Verdampfung durch die auch bei kleinen Gefässen ver-
hältnissmässig grosse Fläche, welche die äussere Gefässwand darbietet, befördert
wird, ergiobt sich aus der Vergleichung der Irihaltsverringerung bei heisser und
trockener Witterung mit der bei Regenwetter. Wie unsere Tabelle 1 zeigt, hatten
die Gefässe No. 289, 991 und 886 bei heissem und trockenem Wetter binnen
24 Stunden 10 cm bezw. 10 cm bezw- 5 cm Inhalt verloren, eine Niveau-Erniedrigung,
die bei Regenwetter erst nach 4 bezw- 11 bezw. 7 Tagen erreicht war. Daraus
crgiebt sich, dass solche Gefässe, ihrer Form nach nur für Flüssigkeiten bestimmt,
im Sommer oder in heissen Ländern noch weniger brauchbar sind. (Uebcr
Schimmelbildung bei heissem Wetter konnte nichts ermittelt werden, da die Hitze
im Sommer 1888 nie länger als ein bis zwei Tage anhielt.)

Das Krgebniss unserer Versuche ist in drei Worten ausgedrückt:

1) Die antiken und vorgeschichtlichen porösen Thon gefässe
wären als Vorraths- und Versandtbehälter absolut un-
brauchbar gewesen, soweit Flüssigkeiten in Betracht kommen.

2) Für den Tagesgebrauch wären dieselben nur schr eingeschränkt
brauchbar gewesen, unter Einschränkungen, die sich nicht nur aus
dem Inhaltsverlust und der Besudelung des Aufstellungsortes, sondern
noch mehr daraus ergeben, dass die vollgesogenen Gefässwände (man
denke sich solche Ess-, Koch-, Oel- und andere Geschirre!) gar nicht
mehr zu reinigen und bei achttägigem Gebrauche verschimmelt gewesen
wären. Alle porösen Gefässe für Wasserkühlgofässo (Alkarazza) zu
halten, verbietet sich von selbst.

3) Nur ein sehr kleiner Theil der porösen Gefässe (mit Ausschluss
aller flaschen- uud krugförmigen) könnte als Behälter für trockene und
feste Körper verwendet worden sein. Dem steht aber für Klimate, die
nicht etwa ägyptische Trockenheit aufweisen, der Umstand einschränkend
entgegen, dass Behälter, die Flüssigkeit auf ihrer ganzen Oberfläche
hinauslassen, auch Feuchtigkeit von Aussen anziehen, was zur Ver-
derbniss ihres Inhaltes geführt hätte- Getreide, Linsen, Bohnen würden
auf die Dauer keimen, Früchte faulen. Die Bauern von- Voigtareuth,
die den oben erwähnten Pithos .(sowie einen zweiten) in Besitz hatten,
haben nur Zwiebeln darin aufbewahrt.

Die hier gekennzeichnete Sachlage nöthigt zu den Fragen, warum denn
überhaupt die Kulturvölker des Alterthums, die doch völlig dichte Gefässe an-
zufertigen verstanden, auch undichte und zwar in solcher Menge gefertigt haben,
und warum wir fast nur noch diese, jene aber viel seltener finden. Die Beant-
wortung dieser beiden Fragen ist untrennbar von einer dritten, nämlich wo die
 
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