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Boetticher, Ernst
... Sendschreiben über Troja (Teil 5): Hissarlik, wie es ist: auf Grund der Untersuchungen vom 1. bis 6. Dezember 1889 und im Frühjahr und Sommer 1890 ; (nebst Protokoll der Zeugen) — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.5497#0108
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porösen Gefässc am meisten gefunden werden. Ihre Fundorte sind meistens Gräber,
Nekropolen und Orte, an denen Kultbräuche stattgehabt haben. Orte dagegen,
die mit Sicherheit (ohne Widerspruch) als Niederlassungen erkannt wurden, sind
bekanntlich, sobald sie dauernd wüst blieben, an Kulturresten sehr arm. Wir
brauchen nur nach Babylonien, Assyrien oder Aegypten zu schauen. Was sehen
wir? Schutthügel mit Palästen oder Nekropolen, aber von den Wohnungen der
Städter und ihrem Geräth nicht die Spur, Geräth selbst da nicht, wo (wie in
Aegypten von einer Stadt des 4. Amenophis) der Grundriss der Häuser im Sande
erkennbar ist. Wir brauchen ja nur daran zu denken, dass von Troja schon im
Alterthum nicht mehr die Spur zu finden war. Da es nun meistens Kultstätten
sind, an denen die porösen Thongefässe gefunden werden, so haben wir auch die
Antwort auf unsere beiden ersten Fragen: Als Votivgaben, sei es für Todte,
sei.es für Götter, genügte das primitivste Geräth. Symbolik war ja
Alles, — laudanda est voluntas, — Jeder nach seinem Vermögen! — Darin liegt
das ganze Geheimniss! Wir brauchen nur auf. die Opfer in christlichen Kirchen
zu schauen — Symbolik in Wachs, oder auf die Opfer und Todtenmitgaben der
heute in Südostasien lebenden Völker — Symbolik in Thon und anderem werth-
losen Material, Opfer und Mitgaben wie vor Jahrtausenden im Morgen- und
Abendland. Die porösen Thongefässe waren, wenn auch undicht, den Göttern
recht und für die Todten gut genug, auch genügten sie, um darin Trankopfer und
Todtenspeisen auf das Grab zu tragen, was am 9. und 30. Tage nach der Be-
stattung, an jedem Jahrestage, sowie bei besonderen Veranlassungen wiederholt
wurde. Daher auch die grosse Menge von Scherben und Speiseresten auf Gräbern.

So ist also der Opferdienst, namentlich der Todten- und Ahnenkult
die Ursache, warum die alten Völker neben dichten Gefässen auch jene, wie
unsere Versuche dargethan haben, im Ganzen unbrauchbaren angefertigt haben.
Dafür gab es eine eigene Tempel- und Nekropolenindustrie.
 
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