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Boetticher, Ernst
... Sendschreiben über Troja (Teil 5): Hissarlik, wie es ist: auf Grund der Untersuchungen vom 1. bis 6. Dezember 1889 und im Frühjahr und Sommer 1890 ; (nebst Protokoll der Zeugen) — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.5497#0119
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an dort stattgehabter Leichenverbrennung und Beisetzung der Asche nebst Mit-
gaben aus.

3) Dass Hissarlik wirklich eine Nekropole gewesen, wird sogar
von ehemaligen Gegnern fu. A. auch von der Berliner Philologischen Wochen-
schrift (vgl. X., 4. 1890.)] anerkannt. Es tritt aber dabei die Neigung hervor,
nur die oberen Schichten des Hügels für eine Nekropole, die unteren aber für eine
befestigte „und dreimal (!) durch Brandkatastrophen vernichtete" Ansiedlung zu
halten (vgl. S. 27 u. 92). Diese Unterscheidung, die auf ungenügender Kenntniss
oder Nichtberücksichtigung der Funde bezw. ihrer Lage beruht, ist unhaltbar.

4.) Ein weiterer Fortschritt ist das durch meine Versuche (vgl. An-
hang IV) herbeigeführte Eingeständniss Virchow's, dass die „Grossen Krüge" (Pithoi)
nicht Flüssigkeitsbehälter gewesen sein können — (vgl. S. 91). Ihre sepulkrale
Verwendung ist in Babylonien (u. nördlich am Syr Darja), in Syrien, Nordafrika
und Spanien nachgewiesen und in Hissarlik von maassgebenden Personen als sehr
wahrscheinlich anerkannt. Ausserdem scheint man gelegentlich Vorräthe für
Todtenopfer (Todtenspeise) in ihnen aufbewahrt zu haben.

5) Die Beweiskraft der Ausgrabungen in Surghul und El Hib-
bah (Babylonien), wo R. Koldewey i. J. 1887 zufällig eine Feuernekropole, wie
ich sie in den Hauptzügen in Hissarlik nachgewiesen, aufgedeckt und als solche
anerkannt hat (vgl. Anhang V), wird noch immer ignorirt, weil man nicht dagegen
ankommen kann.

6) Die im Frühjahr und im Sommer 1. J. erneuerten Ausgrabungen im
Hügel Hissarlik haben, wie S. 92 gezeigt ist, den Gegnern nur Niederlagen
gebracht. Die Erneuerung der Ausgrabungen versucht übrigens die Entscheid-
ung der Frage auf falscher Grundlage, denn die Gegner wollen, indem sie durch
erneuerte Lokaluntersuchung den Befund von heute in den Vordergrund schieben,
von der Prüfung der früheren Funde nichts wissen. Sie können deren Zeugniss
nicht widerlegen und ignoriren desshalb auch meinen auf ägyptische, babylonisch-
assyrische und etruskische Seitenstüeke gestützten Nachweis, dass „Sehl iemann's
Funde von Hissarlik eine Hinterlassenschaft des Todten und
Ahnenkultes" sind (vgl. über diese dem Congres International d'Anthropologie
et cVArcheologie prehistorique zu Paris (Aoüt 1889) auf Ersuchen vorgelegte und
von dem offiziellen Berichterstatter Mr. S. Reinach begutachtete Schrift den Proees-
Verbal des Congresses).

Der gesammte Gang der Dinge lässt erfreulicherweise gro sse Fort schritte
erkennen, zeigt aber auch die Nothwendigkeit, dass Männer, die nicht dem Ringe
Virchow-Schliemann angehören, endlich ebenfalls ein Wort, und zwar ein recht
deutliches mitreden. — Solche bitte ich, meinen Bericht zu prüfen und womöglich
persönlich Hissarlik zu besichtigen. Was die Gegner bisher vorgebracht haben, mag
Uneingeweihte beirrt haben, rührt aber nicht im Entferntesten an meinen Beweis-
gründen. *

Hissarlik bleibt eine Feuernekropole.

Berlin im Sommer 1890.

, "wrnnkstF. 33/34. Ernst Boetticher

Kgl. Pr. Artillerie-Hauptmann a. D.
 
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