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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0239
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169

sein. Der alte Sclioliast des Yit^iL ycisieiierj ausdrücklich, tlufs
zwar die Meisten dem Polyphon nur ei» Auge zuschrieben , dafs
ihm aber auch Andere zwei, Andere gar drei Augen andichteten *).
Und gerade diese Vorstellnngsart mit drei Augen finden wir nun auch
noch auf den alten Kunstwerken, wo zuweilen Polyphem als
schmachtender Liebhaber der Nymphe Galatea vorgestellt wird. Ein
Relief in der Villa Albaui bei Winekelmann **) giebt ihm aufser
den zwei natürlichen Augen noch ein drittes, über der Nasenwur-
zel auf der Stirn, und mit eben so vielen Augen erscheint er auch
auf einem sehr gerühmten Ilerkiilaiiischen Gemälde ***). So hätte
also die ursprüngliche Sage von den Cyelopcn wirklich drei Augen
gehabt und erst später wäre durch die Liebe zum Wunderbaren,
vielleicht auch durch den Namen Cyclopen f) selbst die YYunder-
geschichte von den einäugigen Menschen in Umlauf gekommen.
Und so hätten wir hier wirklich eine Spur jener allgemeinen Sitte,
sich zu bemalen, in der ältesten Fabelgescliiclife aufgefunden. In-
dessen lassen sich wohl auch noch ganz andere Erklärungen hier-
von haben. Nur müssen sie wahrscheinlicher ausfallen als die
Mutlmiafsuug des Abbe Banier. Er läfst die Cyclopen ein kleines
metallenes Schildchen an, der Stirn tragen. Diefs durchbohrt er den
Augen gegenüber mit einem Loche, und diefs Loch — ist das

*) Serv. ad Virgil. Aen. III, 636. Multi Polyphemum dieunt habuisse

nimm oculum, alii duo, alii tres; sed totum fabulosum est.
**) Monumenti antichi T. XXXVI. p. 43.

***) Pitture T. I. tav. X. Natürlich mufste diese altere Vorstellnngs-
art des Cyclopen den alten Künstlern auch schon darum sehr
willkommen sein, weil sich ein drittes Auge an der Stirn nocli
immer eher bildlich darstellen liefs als eine einzige grofse Scheibe
über der Nasenwurzel ohne Aügenöffmingen auf beiden Seiten.
Aucl) Philostvatus giebt uns in der Auslegung seiner vorgeblichen
Neapolitanischen Bildergalerie einen Polyphem zum Befsten. Icon;
IT, 18, p, 840. Aber da ist er ganz der scheußliche1, einäugige
Unhold, wie uns ihn EüripideS in seinem Cyclopen burlesk genug
vorstellt. Ein neuer Beweis, wenn es nach Caylus s sinnreichen
Bemerkungen (llistoire de l'academie des inscriptions et helles
lettres. T. XXIX, p. 154) eines neuen bedürfte, dafs dieses ganze
Werk Nichts als ein Gewebe sophistischer Kunst und Art sei. Der
■ wahre Künstler hätte dem Polyphem gewifs auch hier drei Augen
gegeben.

f) Hierauf scheint auch die Stelle beim Hesiodus in der Theogonio
V. 144- zu führen. Die Römer verstümmelten das Wort in ihrer
Aussprache in Codes. Man sehe den Varro de Ei, L. p. 94 edit.
Bipont. und; Valckenaer's gelehrte Anmerkung zum Ammonhis. S.
198.,
 
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