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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0078
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Nun schon Sie, Priester des neuesten Geschmacks, einmal
hier- die. vier Damcnhiite in Nr. XXI. des Maislücks des Wiener
Modenjonrnals. Würde der bekannte Siel)ensehliifer Epinienides,
wenn er eben jetzt wieder unter uns träte, — denn mit Ahasverns,
dem ewigen Juden, der alle Zeiten und alle Geschlechter sah,
habe ich nichts zu thun, —'■ über solcbe häfslichc Unform nicht in
das lauteste Gelächter ausbrechen, oder wohl gar seine berüchtig-
ten Exorcismen und Zauberformeln gegen solches Ungelhüin herzn-
beten anfangen'?
Das Lächerlichste, ja Unbegreiflichste bei allen diesen un-
förmlichen Uniformen ist, dafs sie durch die lief bis zur Schulter
auf beiden Seiten herabhängenden Sehinndecken oder Blenden Allen,
die zur Seite sieben oder gehen, dezi Blick auf die reizenden Iliit-
trägeriimen und ihre Gesichtszüge völlig versperren und so auf
die sonderbarste Weise von der Welt recht im Sinne der IIa h u e-
inan n'sehen Methode homöopathisch wirken, indem, was Erober-
ung und dadurch Heizweh und Arigenweh aller Art bewirken soll,
gerade alle Erobenuigsanschläge vernichtet und der so behüteten
Schonen die Bufse, nicht gesehen zu werden, wenigstens zur
Hälfte auflegt. Da müssen wir doch dem Modehut, den die Wci-
marischc Dame auf der zwölften Kupfertafel des dortigen Journals
trägt, die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dafs man dabei den
ganzen Contour des niedlichen Kopfes sehen kann, indem mir das
Hinterhaupt und die Stirn davon etwas überschattet wird. Aber
das ist auch ein aus antiker Form hervorgegangener Hauptschmuck;
denn man fasse ihn nur recht in's Auge und vergleiche damit ir-
gend einen antiken Minervcnkopf, als z. B, den herrlichen aus
der Villa Albani, wie er eben meisterhaft lithographirt im bcl'sten
jetzt vorhandenen antiquarischen Bildcrbucbe vor uns liegt*),
und sehe, wie das in die Höhe gezogene Visir des Helmes her-
abgeklappt werden kann! So ist also dieses Modehütchcii, schon
durch seine kleine und bescheidene Dimension sehr empfehlhar,
in gerader Linie ein Urenkelchen des Minervenhelms, wie ihn der
Vater aller Ideale, der glatzköpfige Phidias, einst seiner Burggöttin
auf's Haupt setzte, und in so fern auch wahrhaft geschmackvoll.
Nur den gewaltigen Baudlliigelu, womit er nach jetziger Mode
unter dem Kinne zusammengeknüpft ist, möchte man eine Kriegs-
erklärung inachen. Begreifen denn die schönen Hutunterhinderin-
ucn nicht, dafs die erste Erfinderin dieses unzierlichen UcbeiIltisses
am lieblichen Schwanenhälse eine gewisse unförmliche Schwell-
ung, die vordem die Könige von England (als King's evil),
*) Bilder des griechischen Alterthums v, Prof. Horner in Zürich
IV —VI. Heft (1824 in 4.) Taf. XXVI., ein alten Liebhaberinnen
des Schönen zu empfehlendes Buch zur beschaulichen Altcrthuins-
kunde. i
X
Nun schon Sie, Priester des neuesten Geschmacks, einmal
hier- die. vier Damcnhiite in Nr. XXI. des Maislücks des Wiener
Modenjonrnals. Würde der bekannte Siel)ensehliifer Epinienides,
wenn er eben jetzt wieder unter uns träte, — denn mit Ahasverns,
dem ewigen Juden, der alle Zeiten und alle Geschlechter sah,
habe ich nichts zu thun, —'■ über solcbe häfslichc Unform nicht in
das lauteste Gelächter ausbrechen, oder wohl gar seine berüchtig-
ten Exorcismen und Zauberformeln gegen solches Ungelhüin herzn-
beten anfangen'?
Das Lächerlichste, ja Unbegreiflichste bei allen diesen un-
förmlichen Uniformen ist, dafs sie durch die lief bis zur Schulter
auf beiden Seiten herabhängenden Sehinndecken oder Blenden Allen,
die zur Seite sieben oder gehen, dezi Blick auf die reizenden Iliit-
trägeriimen und ihre Gesichtszüge völlig versperren und so auf
die sonderbarste Weise von der Welt recht im Sinne der IIa h u e-
inan n'sehen Methode homöopathisch wirken, indem, was Erober-
ung und dadurch Heizweh und Arigenweh aller Art bewirken soll,
gerade alle Erobenuigsanschläge vernichtet und der so behüteten
Schonen die Bufse, nicht gesehen zu werden, wenigstens zur
Hälfte auflegt. Da müssen wir doch dem Modehut, den die Wci-
marischc Dame auf der zwölften Kupfertafel des dortigen Journals
trägt, die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dafs man dabei den
ganzen Contour des niedlichen Kopfes sehen kann, indem mir das
Hinterhaupt und die Stirn davon etwas überschattet wird. Aber
das ist auch ein aus antiker Form hervorgegangener Hauptschmuck;
denn man fasse ihn nur recht in's Auge und vergleiche damit ir-
gend einen antiken Minervcnkopf, als z. B, den herrlichen aus
der Villa Albani, wie er eben meisterhaft lithographirt im bcl'sten
jetzt vorhandenen antiquarischen Bildcrbucbe vor uns liegt*),
und sehe, wie das in die Höhe gezogene Visir des Helmes her-
abgeklappt werden kann! So ist also dieses Modehütchcii, schon
durch seine kleine und bescheidene Dimension sehr empfehlhar,
in gerader Linie ein Urenkelchen des Minervenhelms, wie ihn der
Vater aller Ideale, der glatzköpfige Phidias, einst seiner Burggöttin
auf's Haupt setzte, und in so fern auch wahrhaft geschmackvoll.
Nur den gewaltigen Baudlliigelu, womit er nach jetziger Mode
unter dem Kinne zusammengeknüpft ist, möchte man eine Kriegs-
erklärung inachen. Begreifen denn die schönen Hutunterhinderin-
ucn nicht, dafs die erste Erfinderin dieses unzierlichen UcbeiIltisses
am lieblichen Schwanenhälse eine gewisse unförmliche Schwell-
ung, die vordem die Könige von England (als King's evil),
*) Bilder des griechischen Alterthums v, Prof. Horner in Zürich
IV —VI. Heft (1824 in 4.) Taf. XXVI., ein alten Liebhaberinnen
des Schönen zu empfehlendes Buch zur beschaulichen Altcrthuins-
kunde. i
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