Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]: C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) (Dresden , Leipzig, 1838)

III.

Antiquarische Aehrenlese.

r.

Die Seepost durch Flaschen und Töpfe.

S-^ie Delphine, sagen die allen MythogTaphen, waren darum die
„heilige Heerde Neptun's", weil sie als hocbbetranle tacliesuptea
der holden Anipliilrile die T üfelehen überbraelitcn, welchen der
Monarch des Meeres dieWünsclie und Seufzer eines zärtlich schmach-
tenden Herzens an seine spröde Schäferin anvertraut halle. Der
Cjtheriscbe Schauspieldichter l'liiloxenns benutzte diese Sage jn
seiner Galatee, einem Drama, worin der Tyrann Dionysius, der
Aellere, unter der Person des Polyphemus die lächerlichste Figur
spielte, die je ein gereizter Dichter einen Magnaten mit einer di-
cken Speckhaut und lächerlichen Ansprüchen auf Dichterruhm spie-
len zu lassen für gut fatid. Der liebeskranke Polvpliem machte
dort die Delphine gleichfalls zu seinen Vertrauten und gab ihnen
Liebesbriefchen an die grausame Galatee, zn überbringen *).

Ich weifs nicht, ob gerade das, was ich jetzt anführen werde,
jener Fabel zum Grunde liegt. Aber gewifs ist es, dafs sich ein
Weg •denken läfst, auf welchem mau ohne Brieftauben oder
Briefdelphine eine schriftliche Nachricht mitten durch die strö-
menden Meeresiluthen in einer bestimmten Richtung an eine ferne
Küste gelangen lassen kann. Der menschenfreundliche Bern ar-
din de St. Pierre bat ihn schon vor mehreren Jahren in sci-

So mnfs es erklärt werden, wenn die Scholien zu Theokrit Xf, J.
berichten, Philoxenus habe gedichtet, Polypliem mache die Del-
phine zu seinen Liebesboten. Der Maler des Herculanischen Ge-
mäldes Pitture I. tav. X. konnte diefs nicht anders als durch ei-
nen Amorino, der, das Täfelchen emporhaltend, auf dem Detpliin
reitet, ausdrücken.