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Boisserée, Sulpiz
Denkmale der Baukunst vom 7. bis zum 13. Jahrhundert am Nieder-Rhein — München, 1833

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https://doi.org/10.11588/diglit.1178#0010
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heil. Constantia zwölf auf Doppelsäulen ruhende Bogenstelhmgeii, und jene des heil. Michael acht dergleichen
auf einzelnen Saiden ruhend. In der Kirche der heil. Constantia findet sich noch Gebälk nls einzelne
Auflage ziviseilen dem Kapital und dem Bogen; in den beiden anderen Gebäuden jedoch stellen die Bogen
unmittelbar auf den Kapitalen, in jenem Denkmal zu Rom sind die Kapitale von römischer Ordnung, sorgfältig
und kunstreich ausgefiihrtj in dem zu Bonn waren es fast ganz einfache unten abgerundete Würfel) oben
mit einer Platte, ähnlich jenen in St. Marien auf dem Kapitol in Köln; in der kleinen Kirche zu'Fulda
aber fand ich die Kapitale, in sofern ihre Verzierung noch zu erkennen war, grösstentlieils der römischen
Ordnung, wiewold auf eine sehr rolle Weise, nachgebildet In der Tauricapellc zu Bonn war oberhalb dem
gewölbten Gang eine Emporkirche, aus welcher mau durch kleine Bugen, die zu zwei und zwei mit einem
Sänlchen in der Mitte über den Saulenstelliingen an geh rächt waren, in den mildern Baum hinabsah. Die
Stiege zu der Emporkirche befand sich am Eingang der Halbkuppel, in welcher ostwärts der Altai' stand.

Aus diesen wenigen Bemerkungen über die innere Bauart der Taufkapelle zu Bonn und aus einer
aufmerksamen Betrachtung ihres Acussern wird man sich überzeugen, dass dieselbe nicht der Zeit des
Hcidenthmns angehört, wie einige haben vcrmuihen wollen, welche über die einzelnen Theile des Gebäudes
und deren Ausführung hinweg sehend, sich durch die runde Gestalt desselben haben irre leiten lassen.
Diese Gestalt war aber in der ersten Hälfte des Mittelalters keineswegs so seilen bei Kirchengebäuden; sie
wurde vorzüglich bei Taufkapellen angewendet, nie sie denn dem in der Mitte derselben aufgestellten
Taufbrmmen und der dabei zu verrichtenden Handlung am besten entsprach. Es war nämlich in jenen
früheren Jahrhunderten fast allgemeine Sitte, in der Nahe der Hauptltirche ein eigenes ganz für sich
abgesondertes Gebäude zu errichten, in welchem alle Täuflinge des Orts getauft werden imisstcn; so stand
auch die Kapelle zu Bonn in der Nähe des Münsters. Tu Italien sieht man noch jetzt mehrere dergleichen
Gebäude; so die Taufkapelle des Constantra bei St. Johann im Lateran zu Born, jene zu Bavenna,
Pisa, Parma, Florenz und andere;11 dahingegen ist: mir nicht bekannt, dass in Dculschlaiul noch eine solche
Kapelle bestände. Bis zum Jahr 1S0S hatte sich noch eine zu "Worms in der Nähe der Domkirche erhallen.
Nach den Trümmern zu nrtlieilcn, die ich damals an Ort und Stelle sali, imiss das Gebäude eine acht- oder
zvuilfockige Gestalt gehabt haben, und ganz von Quadern sehr stattlich gebaut gewesen seyn. Diese Kapelle
scheint, ihren runden Bogen so nie den reichen Verzierungen der Kapitale und Gesimse nach, dem ll,cn
oiler ]'2lea Jahrhundert angehört zu haben. Sie war, wie die meisten Taufkapellen, dem heil. Johann dem
Täufer geweiht; dass die Kapelle in Bonn den Namen des heil. Martin trug, kann nicht befremden, da
dieser eifrige Lehrer des Christenthums am Rhein, wie in Frankreich vom 5(cu Jahrhundert an als ein

Apostel verehrt wurde.

Ausser jenen ganz freistehenden runden oder vieleckigen Taufkapellen gab es noch andere, welche

mehr oder weniger mit dem Gebäude der Kirche zusammenhingen. Der Art waren die Kapellen bei

St. Georg und St. Gereon in Köln, wovon ich in der Folge reden werde.

Der Taufbrunnen der St. Martins-Kapelle war vor der Zerstörung des Gebäudes noch vorhanden;

er stand aber nicht mehr an seiner ursprünglichen Slelle in der Mitte, sondern auf der Seite, in der Halle,

welche den Säulenkreis umgab. Es war ein runder Brunnen von massiger Grösse, am obern Ramie mit

kleinen runden Bogen verziert, ähnlich jenem der Kirche zu Schwarz-Rheindorf, welchen ich auf der 23lc"

Tafel habe abbilden lassen.

Der innere Durchmesser der Kapelle mag etwa CO Fuss, die Höhe der Kuppel ungefähr ebenso

viel, und der Durchmesser des Säulcnkreises 30 bis 32 Fuss betragen haben. Das Aeussere scheint im

Ganzen bis zur Üachspiize nicht über 72 Fuss hoch gewesen zu seyn.

, AvdLitecl. pl. 63. p. 117; und hubclle, Piirülli-k- dos Stillos i'ondos. Paris 1S31 gr. Fol. pl.
 
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