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Boll, Franz
Sphaera: neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.19748#0491
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XV. Mittelalterliche Astronomie und neuere Forschung.

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1. Einer der ältesten und gröfsten arabischen Astronomen war
Abu Macsar (die lateinischen Übersetzer sagen Albumasar), aus Balch
in Chorasan gebürtig, der im Jahre 880 n. Chr., angeblich mehr als
hundert Jahre alt, gestorben ist.1) Er hat unter Anclerm ein gröfseres
Werk über die Astrologie in 8 Büchern verfafst, das von den latei-
nischen Übersetzern, im Gegensatz zu einem kürzeren Auszug daraus,
als Introductorium maius bezeichnet wurde. Wir besitzen es in zwei
arabischen Hss im Original; aufserdem hat man im Mittelalter zwei
lateinische Übersetzungen veranstaltet, von denen die eine 1489 u. ö.
gedruckt wurde. Von dem uns hier angehenden Kapitel wie von
vielen andern besitzen wir auch eine ma. griechische Übersetzung,
die uns der cod. Angeiicaims 29 erhalten hat. Nähere Angaben über
diese Thatsachen der Überlieferung findet der Leser in der 6. Beilage
dieses Buches, die den arabischen Text von Abu Macsars 'Einleitung
in die Astrologie', Buch VI 1, mit deutscher Übersetzung von Karl
DyrofF, enthält.

In der Einleitung dieses Kapitels erklärt Abu Ma'sar die Absicht,
die er im Folgenden durchführen wolle: er gedenke die Paranatellonta
zu jedem Dekan aller zwölf Zeichen mitzuteilen, jedesmal nach drei
Sphären: erstlich derjenigen Sphäre, die den Persern, Chaldäem und
Ägyptern gemeinsam ist; zweitens der Sphäre der Inder; und drittens
der Sphäre des Arat und Ptolemaios, also der Griechen. Was er
über die Wichtigkeit dieses Teiles der Astrologie sagt, interessiert
uns wenig; etwas mehr, dafs er es überhaupt nötig fand, seine Be-
schäftigung damit zu motivieren, was darauf hinweist, dafs in der
arabischen Astrologie die ganze Lehre wenig bedeutet haben wird.
Als Quellen für die Anwendung der Paranatellonta in der Astrologie
nennt Abu Macsar Hermes, Ptolemaios, Dorotheos, Tinkalos, d. h.
unsern Teukros, endlich einen 'Antiphos', hinter dem entweder Auto-
lykos oder aber Antiochos stecken mufs.2)

Von jenen drei Sphären ist die griechische mit wenig Worten
abgethan. Sie giebt die Paranatellonta nach den 48 Konstellationen
des Ptolemaios, jedoch berechnet oder beobachtet für die Zeit und

1) Vgl. über ihn im Allgemeinen Steinschneider, Die Hebräischen Über-
setzungen des Mittelalters, p. 566—572; Brockelmann, Gesch. der arab. Litteratur
I 221 f.; Suter, Die Mathematiker und Astronomen der Araber p. 28 f.

2) Der Traumdeuter Antiphon, an den mich Kroll erinnert (vgl. Porphyrii
de philos. ex orac. 59, 1, Ps.-Kallisthenes I 11 u. s. w.), war den Arabern kaum
bekannt (er fehlt in Steinschneiders 'Arabischen Ubersetzungen aus dem Grie-
chischen'). Die Verschiedenheit von rAntiphos' und Autolykos oder Antiochos
ist in der arabischen Schrift gering.
 
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