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Borchardt, Ludwig
Die aegyptische Pflanzensäule: ein Kapitel zur Geschichte des Pflanzenornaments — Berlin, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.43137#0017
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an der bekannten Gruppe der „Fischträger“ aus Tanis (Abb. 5)1), endlich aus dem
n. R. in den Fayencen aus Gurob und Tell-Amarna (Abb. 6 u. 7).
An diesen Beispielen sehen wir, dass die Aegypter die typische Form der
Nymphaea Lotus ganz richtig aufgefasst haben. Die Blätter haben die ihnen zu-
kommende Form, nur sind sie stets ganzrandig2) dargestellt, ohne die Zähnung. Der
Grund hierfür mag die Kleinheit der Zähnung ge-
wesen sein.

Abbildung 5.


Von der Gruppe der ,, Fischträger “ aus
Tanis;
m. R.; nach dem Gipsabgüsse im Berliner
Museum.

Abbildung 6.


Fayence-Becher aus Gurob;
n. R. Dynastie 18;
nach Petrie, Jllahun,
Taf. XVII, 8.

Abbildung 7.


Fayence-Kachel aus Tell-Amarna;
n. R. Dynastie 18; Zeit Ameno-
phis’ IV. 1/2 nat. Grösse. Original in
London, University College.

Die Knospen sind in Form und Einzelheiten richtig, die Blume äusserst
charakteristisch, sogar die Längsstreifen sind fast immer wiedergegeben. Fassen wir
die Merkmale der Nymphaea Lotus zusammen, welche der ägyptische Künstler als
bezeichnend für diese Pflanze erkannt hat und bei keiner besseren Darstellung fehlen
lässt, so sind es die folgenden:

Bei der Knospe elliptische Form und Längsstreifen, bei der Blume fast halb-
kreisförmige Umrisslinie, oben abgerundete, bis zum oberen Rande der Blume reichende
Kelchblätter mit Längsstreifen und ebensolche, reg'elmässig dazwischen angeordnete

Blüthenblätter. Der Typus ist also mit anderen Pflanzen gar-
nicht zu verwechseln3), und wir werden nunmehr ohne Schwierig-
keiten die Säulen herauserkennen, die auf Nymphaea Lotus
zurückgehen. Es sind hier Säulen mit Knospen- und Büthen-
kapitellen zu unterscheiden; um jedoch eine gewisse Gleich-
*) Die Datierung dieser Gruppe ist neuerdings fraglich geworden.
2) Professor wSchweinfurth teilte mir mit, er habe eine Darstellung mit
nicht ganzrandigen Blättern gesehen.
3) Als Beispiel, was alles für Lotus gelten musste, mag hier das be-
kannte ägyptische Friesornament (Abb. 8) aufgeführt werden. Goodyear (S. 181)
erklärt dasselbe für Lotos, und auch Riegl (S. 96) scheint zu dieser Ansicht zu
neigen. Das fragliche Ornament, das schon im alten Reiche im Grabe des Neter-
woser zu Sakkara (Mariette Mastabas, S. 119) nachzuweisen ist, stellt, wie PlETSCli-

Abbildung 8.


II 11 II

mann mir überzeugend nachgewiesen hat, eine aufrechte, an der Wand befestigte
Franse eines Wandteppichs dar, die geknotet und ausserdem noch einmal zusammen-
gefasst ist. Form und Farbe des Ornaments (z. B. Berscheh Grab 1., s. Newberry,
el Bersche II, 5) die Stelle der Anbringung, sowie die ägyptische Sitte, die Wände
mit Teppichen zu behängen, sind genügende Beweise für diese neue Deutung.

Friesornament aus dem Grabe
des Hapi;
m. R. Original im Berliner Mu-
seum No. 1118/9. (Ausführliches
Verzeichniss S. 64/5.
 
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