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Borchardt, Ludwig; Deutsche Orient-Gesellschaft [Hrsg.]
Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir: 1902 - 1904 (Band 1): Das Grabdenkmal des Königs Ne-User-Re' — Leipzig, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.36919#0023
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Abschnitt II: Torbau im Tale.

I I
an den Säulen nördlich vom Mittelweg eingehauenen Titeln und Namen des Königs sind
die Epitheta „geliebt von der Göttin des Nordlandes", denen an den südlichen Säulen „geliebt
von der Göttin des Südlandes" beigefügt.
So beginnt hier schon am Eingang die bei allen ägyptischen Tempeln durchgeführte Teilung
in Nord- und Südhälfte — nebenbei sei hier bemerkt, daß die Längsachse des Torbaus eine
merkliche Abweichung gegen den wahren Nord zeigt, während Totentempel und Pyramide
richtig orientiert sind. Sinn hätte eine solche Trennung, die bei allen Tempeln, wie sie auch
liegen mögen, die Regel ist, nur bei den wirklich nach dem Nord orientierten Bauten,
aber auch da hat sie etwas kindliches, wenn man in ihr nur
eine Teilung in Nord- und Südhälfte sehen will. Wir möchten
ihr daher lieber einen staatsrechtlichen Grund unterlegen. Als
die beiden ägyptischen Reiche noch nicht geeint waren, baute
man in Oberägypten Tempel im Namen des Königs dieser
späteren Reichshälfte und entsprechend in Unterägypten. Nach
der Einigung, die nach den Königstiteln und dem zwiefachen
Vorkommen der hohen Beamtentitel zu urteilen, ursprünglich
nur etwas wie eine Personalunion gewesen sein mag, baute
man die Tempel im Namen des gemeinsamen Königs und
Trachte dies so zum Ausdruck, daß man ihn in der einen
Tempelhälfte als König des Nordlandes, in der andern als
König des Südlandes darstellte ü Ebenso wurden die Landes-
teile beider Reichshälften gesondert in den Tempelreliefs per-
sonifiziert und die Schutzgötter der beiden Reiche treten auch
nur in ihren respektiven Tempelhälften auf.
So war es also auch in unserem Tempel und schon in
der Empfangshalle kommt dieses Prinzip in der Säulendekoration
zum Ausdruck. Ob es auch an den Wänden der Halle, etwa
in Reliefs oder Weihinschriften auftrat, können wir heute nicht
mehr sagen, da nur eine Schicht der Hallenwand und die auch
Abb. 5: Geschlossenes Doldenkapitell
nur an der Südseite erhalten ist. einer sechsstengcligen Papyrusbündel-
Von der EmpfangshaHe aus schreiten wir durch eme (ouginM im Dresdener Mus.um.)
Tür geradeaus in einen wie diese reich ausgestatteten Ouerraum.
Sein Boden ist wieder schwarzer Basalt, seine Wände sind in den unteren Teilen Granit,
in den oberen vielleicht mit Reliefs gezierter Kalkstein. In der dem Eintretenden gegen-
überliegenden Wand öffnen sich drei Nischen, eine größere in der Mitte, zu beiden Seiten
kleinere. Jede ist mit einer zweiflügeligen Holztür verschlossen, die wir uns wohl reich mit
Metallbeschlägen und Schnitzereien^ verziert denken dürfen. In den Nischen standen wohl
ehedem Statuen des Königs^, vielleicht war er hier dargestellt, wie er einen feindlichen
Herrscher erschlug.
1) So auch im Re'heiligtum I, S. 16.
2) Obenstehendes Beispiel stammt aus dem Säulenhof, nicht aus der Vorhalle des Torbaus; s. auch die architekto-
nischen Aufnahmen unten.
ß) Vgi. eine Holztür mit Reliefs aus dem a R. im Museum zu Kairo und die Nachbildungen von Türen im Grabe
des Ty bei Saqqara. 4) Vgl. die drei Statuennischen mit Türen im Grabe desSchepses-ptah in Revue arch. 1894, S. 27 ff.
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