Fig. 1. Steinzeugarbeiten von Auguste Delaherche in Paris.
Aus: Bilderschatz für Kunstgewerbe.
Einleitung.
pine Studie über moderne Keramik im
' Rahmen dieser Veröffentlichung stellt
sich nicht zur Aufgabe, die gesamte
Produktion unserer Zeit auf keramischem
Gebiete zu behandeln, sie will nur die-
jenigen Zweige hervorheben, welche künst-
lerische Ziele verfolgen. Alles rein Tech-
nische, alles was zur Fabrikware und
Massenfabrikation, zur industriellen Aus-
beutung gangbarer Muster gehört, scheidet
aus. Aber auch innerhalb der eigentlichen
Kunstkeramik bedarf der Stoff seiner
festen Umgrenzung: es soll nur von Leis-
tungen selbständigen künstlerischen
Gepräges und moderner Richtung die
Rede sein. Diese Umgrenzung hat ihre
Berechtigung. Das Moderne, wie es hier
verstanden wird, bedeutet nicht mehr bloss
einen vorübergehenden Wandel des Ge-
schmacks, sondern hängt eng zusammen
mit einer neuen Richtung im Kunstleben
unserer Zeit überhaupt. Tritt uns doch
seit dem letzten Jahrzehnt des vergangenen
Jahrhunderts auf allen Gebieten kunst-
gewerblicher Thätigkeit eine Bewegung
entgegen, die nicht wie bisher nach über-
kommenen Vorbildern arbeiten, im Kostüm
vergangener Zeiten einherwandeln will,
sondern bestrebt ist, frei nach dem jedes-
Borrmann, Moderne Keramik.
maligen Zwecke, in Anpassung an das
moderne Leben zu schaffen und ihre
Formenwelt zu gestalten. So jung diese
Bewegung ist, so hat sie doch bereits zu
einem Umschwung geführt, und es lohnt
wohl der Mühe, durch einen geschicht-
lichen Rückblick auf ihre Entwickelung
und deren Vorboten sich Rechenschaft zu
geben von dem, was erstrebt und was
erreicht ist. Wie überall wird auch hier-
bei die Kenntnis des Entwickelungsganges
zum schnelleren Verständnis des Neuen
führen.
Zur rechten Zeit stellte sich an des
Jahrhunderts Wende die grosse Centenar-
ausstellung in Paris ein, um die Ergeb-
nisse eines Jahrzehnts kunstgewerblicher
Arbeit gleichsam Revue passieren zu
lassen. Niemand wird behaupten, dass
sie diesen Zweck auf allen Gebieten er-
reicht habe, — auf keramischem Gebiete
jedoch war die Ausstellung reich be-
schickt. Es kam hinzu, dass in Paris,
wie für alle Kunstzweige, so auch für
die Keramik, eine retrospektive Ausstel-
lung veranstaltet wurde, welche — wenig-
stens für Frankreich — die hauptsäch-
lichsten Leistungen auch der weiteren
Vergangenheit vorzuführen bestimmt war.
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