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Braun, Edmund Wilhelm
Ein Trierer Sacramentar vom Ende des X. Jahrhunderts: (Universitätsbibl. Freiburg i. B. MS. 360a) — Heidelberg, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.71629#0014
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Residuen früherer Techniken und Stilarten hinzu. Die durch lokale
und historische Verhältnisse bedingte Combination aller dieser Einflüsse
bestimmen den Stileharakter. „Es wird die Probe auf die Richtigkeit
der Stilkriterien sein, dass die von der Kunstgeschichte „geschaffenen"
Schulen mit den von der Textkritik der Handschriften gefundenen Gruppen
in strengem Zusammenhänge stehen, und so wie der Kunsthistoriker mit
Hülfe der Textkritik den führenden Faden fester spinnen konnte, so
wird er andererseits wieder manche Vermutung der Textkritik fester
begründen, ihr die geschichtliche Unterlage bieten können."
Voege hat in der oben erwähnten Schrift und in seiner Abhand-
lung über die Mindener Schule1) auf denselben Wegen fortschreitend,
nur unter stärkerer Betonung der Technik als schulbildenden Faktors,
für das Gebiet der ottonischen Kunst ein glänzendes Resultat erzielt, das
die Sicherheit und Richtigkeit der neuen Methode auf das Beste bewährt.
Nur fehlen leider für die ottonische Zeit noch die Schrift- und Textschulen,
so dass die von Janitschek für die karolingischen Schulen geführte Ver-
gleichung von Bild, Schrift und Text wegfällt. Voege gab übrigens viele
interessante und neue Beiträge zur ottonischen Schrift- und Textkritik.
Wie ich bereits oben angedeutet habe, ist eine zusammfassende
Geschichte der mittelalterlichen Buchmalerei vorerst noch ein Postulat
und wird es auch noch voraussichtlich für einige Zeit bleiben. Die
Untersuchungen sind noch viel zu sehr im Flusse, um ein abschliessendes
Resultat auch nur annähernd genügend zu ermöglichen. Wie hypothetisch
die Wissenschaft noch verfahren muss, beweist auf das Deutlichste der
Umstand, dass der Abschnitt über karolingische Buchmalerei in Janit-
scheks „Geschichte der deutschen Malerei" von seinen sehr kurze Zeit
später erschienenen Untersuchungen über dieselbe Materie in der Publi-
kation der Adahandschrift vollständig überholt worden ist. Man kommt
immer mehr zur Überzeugung, dass die breiteste geschichtliche und
kulturgeschichtliche Grundlage den Studien über mittelalterliche Kunst
zu Grunde gelegt werden muss. Eine genaue Kenntnis der historischen,
litterarischen, ethnologischen und ethischen Zeitverhältnisse, etwa im
Sinne Taines, kurz sämtlicher kultureller Faktoren und Organe2), ein

9 Repertorium f. Kunstwissenschaft. XVI. 1893. S. 198 ff.

2) Ich erinnere hier an die feinsinnige Arbeit von Lamprecht: Das
deutsche Geistesleben unter den Ottonen. Quiddes Zeitschrift 1892. I. (auch
in der Deutschen Geschichte Bd. II.) Vgl. ferner die Arbeiten von Prof.
Dr. Grosse in Freiburg. „Ethnologie und Ästhetik", Vierteljahrsschrift für
wiss. Philosophie 1891. IV. und „Die Anfänge der Kunst". Freiburg 1894,
Endlich Ficker, D. Mitralis d. Sicardus. S. 2.
 
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